Vorerst kein Umstieg auf Unix V.4

Chorus Systemes und SCO vermarkten Microkernel-Unix

23.10.1992

MÜNCHEN (CW) - Die Santa Cruz Operation Inc. (SCO), Spezialist für PC-Unix, sucht neue Märkte. So will das Unternehmen mit Hilfe des Microkernel-Betriebssystems Chorus/Mix von der französischen Chorus-Systemes in den Markt für Echtzeit-Systeme einsteigen. Grundlage für gemeinsame Produkte von Chorus und SCO ist vorerst die inzwischen veraltete Unix-Version 3.2.

Bei der Zusammenarbeit zwischen Chorus und SCO handelt es sich sowohl um ein Entwicklungs- als auch um ein Marketing-Abkommen. Ziel ist es, die Unix-Systeme von SCO und das ebenfalls Unix-basierte echtzeitfähige Microkernel-Betriebssystem Chorus/Mix zu einem Produkt zu verschmelzen. Ein System für Software-Entwickler soll noch in diesem Jahr freigegeben werden.

Der Vertrag sieht vor, daß beide Partner alle Lizenz- und Vermarktungsrechte an gemeinsamen Produkten erhalten. Allerdings wurde vereinbart, daß die Beteiligten bei Vertriebsaktivitäten eng kooperieren.

Auf diese Weise ist es für SCO möglich, den Kundenstamm auf französische Chorus-Großkunden wie Alcatel auszuweiten. Chorus wiederum hofft, von den weltweiten SCO-Vertriebskanälen profitieren zu können.

Auf die Frage, warum sich SCO nicht für die V.4-Implementation von Chorus/Mix, sondern für die ältere 3.2-Variante entschieden habe, antwortet Chorus-Chef Hubert Zimmermann: "Es existieren inzwischen so viele Verbesserungen an SCO-Unix, daß die Überführung der rund 6000 dafür geschriebenen Anwendungen nicht ohne weiteres möglich ist."

Die von Zimmermann angeführten Probleme bei der Portierung von Anwendungen auf das jetzt aktuelle Unix V.4 verblüffen insofern, als Unix V.4 von den Unix System Laboratories (USL) unter anderem entwickelt wurde, um unterschiedliche Varianten des Betriebssystems, darunter auch Unix V.3.2, zu einem Standard-Unix zusammenzufassen. Allerdings weist der Chorus-Chef darauf hin, daß SCO derzeit mit intensiv USL verhandelt.

Stephen Spill, Business Development Manager bei SCO Europe, bestätigt die Verhandlungen mit USL will aber weder leugnen noch bestätigen, daß es dabei um Unix V.4 geht. Statt dessen verweist er darauf, daß die Kunden nicht nach dem neuesten, sondern nach dem bewährtesten Betriebssystem verlangten.

Aus diesem Grund seien die Probleme bei der Umstellung optimierten SCO-Produkte auf die aktuelle Unix-Version, deren Möglichkeit er durchaus einräumt, nur von peripherer Bedeutung.