Chipunabhaengige Hardware in Aussicht gestellt Tandem will seine Rechner im kommerziellen Sektor etablieren

18.11.1994

CUPERTINO (ciw) - Tandem Computers will seine ausfallsicheren Parallelrechner als Server in kommerziellen DV-Umgebungen positionieren. Stand das vergangene Geschaeftsjahr im Zeichen der unternehmensweiten Restrukturierung, so sind fuer 1995 neue Rechnerarchitekturen und weitere systemnahe Softwareprodukte auf Unix-Basis geplant.

Das neue Schlagwort, unter dem der Hersteller alle Aktivitaeten zusammenfasst, lautet: "massiv- parallel". Nur Parallelserver seien fuer den Aufbau von IT-Infrastrukturen geeignet, die die dramatisch steigende Zahl von Transaktionen bewaeltigen koennten. Immer mehr intelligente Endgeraete und der Boom bei Online-Services machten eine groessere Transaktionskapazitaet unvermeidlich.

Jim Treybig, Gruender und Chief Executive Officer von Tandem, hegt keinerlei Zweifel: "In Zukunft werden alle Server parallel sein." Anstelle heutiger Monolithen bei Dienstleistern, Telecom-Carriern, grossen Handelshaeusern oder Banken und Versicherungen werden seiner Meinung nach "hochskalierbare, ausfallsichere Parallelrechner" die Transaktionen handhaben. Schliesslich muesse der Zugriff auf neue elektronische Dienstleistungen und den gesamten Bereich des Electronic Commerce ohne Flaschenhals bewaeltigt werden. Gleiches gelte fuer die Abrechnung erbrachter Leistungen.

Tandems Zukunftsgeschaeft: Sichere Parallelserver

Auf diesen Sektor will sich das Unternehmen konzentrieren. Den Consumer und den reinen Infrastrukturbereich, in dem es um die Informationsuebertragung geht, moechte Tandem anderen Playern ueberlassen.

Der Hersteller sieht sich fuer die Zukunft deshalb gut geruestet, weil seine "Himalaya"-Rechnersysteme durch die Parallelarchitektur skalierbar, fehlertolerant und offen seien. Gegenueber symmetrischen Multiprozessor-Systemen mit gemeinsamen Speicher- und I/O-Bausteinen habe die auf MIPS-Prozessoren basierende Tandem-Architektur den Vorteil, dass sie nicht nur auf viele CPUs setze, sondern auch jedem der Rechenzwerge einen dezidierten Speicher und I/O-Baustein zuordne.

Dem Ziel, alle CPUs eines Rechners untereinander und diese mit allen angeschlossenen Platten und Kommunikations-Controllern zu verbinden, hofft Tandem durch die Entwicklung des sogenannten "Trusted Network" (Tnet) naeher zu kommen. Es soll noch im laufenden Geschaeftsjahr angekuendigt werden.

Ausserdem kuendigte Treybig fuer das naechste Jahr die "Common Hardware Platform" an. "Tnet ist ein Teil der neuen Plattform, die chipunabhaengig und I/O-zentriert sein wird", erklaerte Treybig. Von der Menge der I/O-Prozeduren haenge es ab, wie viele Prozessoren in einem Rechnersystem installiert werden muessten. "Auf dieser Hardware werden Sie nicht nur Nonstop-Kernel (das Tandem- Betriebssystem, Anm. d. Red.) oder Unix, sondern auch Windows NT fahren koennen", verspricht der Unternehmenschef.

Auf die Frage, welche Prozessoren die neue Plattform unterstuetzen werde, erklaerte Treybig: "Ich wuerde sagen, wir sind am staerksten am Power-PC-Chip interessiert." Allerdings seien andere CPUs keineswegs ausgeschlossen. Chefentwickler Kurt Friedrich ergaenzt: "Eigentlich geht es uns nicht um bestimmte Chips, sondern um die Ausweitung des Geschaeftes. Wir haben Kunden wie zum Beispiel Motorola, die sich sehr fuer den Power-PC-Chip stark machen. Wir wollen die Vorzuege der Tandem-Architektur auf zusaetzlichen Chips verfuegbar machen, nicht den einen durch einen anderen ersetzen."

Die Common Hardware Platform sei die Basis fuer das Wachstum des Herstellers. Treybig haelt es fuer moeglich, innerhalb der naechsten zehn Jahre einen Umsatz von bis zu zehn Milliarden Dollar generieren zu koennen.

Im vergangenen Jahr seien die Kosten zwar erfolgreich reduziert worden, berichtete der Tandem-Boss, aber "wir muessen unser Wachstum beschleunigen. Kostenreduktion allein bringt keinen Erfolg. Um im Computergeschaeft erfolgreich sein zu koennen, brauchen Sie Umsatzsteigerungen." Der Finanzplan fuer das laufende Geschaeftsjahr 1995 (Ende: 30. September) geht von einem Plus von neun Prozent aus, das in den kommenden Jahren noch gesteigert werden soll.

Allerdings wird Analysten zufolge der Anteil der Parallelsysteme am weltweiten Hardwaremarkt nicht dramatisch zunehmen. Peter Kastner von der Aberdeen Group setzt ihre Tranche von 250 bis 300 Milliarden Dollar mit zur Zeit drei bis fuenf Prozent gleich. Knapp 70 Prozent des Marktes werden von Uniprozessor-Maschinen (inklusive Desktops) beherrscht. Den Rest teilen sich symmetrische Multiprozessor-Architekturen und lose gekoppelte Uniprozessor- Geraete (Cluster). Allerdings reiche die Expansion in diesem Marktsegment aus, um Tandem ordentliches Wachstum zu bescheren.