US-Halbleiterindustrie erwartet Aufschwung

Chip-Hersteller: "Wieder Musik im Geschäft"

08.07.1983

NEW YORK (V-WD) - Endgültig an den Aufschwung scheint nun die US-Halbleiterindustrie u glauben. Es sei wieder Musik im Geschäft, betonen die Unternehmen im Silicon Valley. Die Nachfrage nach Produkten, die in Chips eingebaut werden, habe zugenommen. Zudem denken die Hersteller, wenn auch nur "halblaut", über Preiserhöhungen für ihre Produktion nach und sprechen auch wieder über Lieferfristen.

"Der Markt hat sich in den vergangenen Monaten enorm bewegt, die eingehenden Aufträge werden größer", beobachtete Intel-President Andrew S. Grove. Auch der Verband des US-Halbleiterhersteller (Semiconductor Industry Association) rechnet damit, daß die Herteller in den USA und Europa in diesem Jahr eine Absatzsteigerung um 13 Prozent auf 10,6 Milliarden Dollar realisieren können.

Bei vielen Unternehmen, die Halbleiter herstellen und verkaufen, liegen die eingehenden Aufträge um bis zu 50 Prozent über den ausgelieferten Mengen, erklärte der Statistiker des Verbandes Michael Kubiak. So erwartet die Adcanced Micro Devices Inc. beispielsweise eine "deutliche Verbesserung" und revidierte ihre Umsatzprognose für heuer von einer 30prozentigen auf eine 40prozentige Wachstumsrate nach oben.

Die Hersteller haben nun eine fast dreijährige Durststrecke und, wie ein Sprecher meinte, auch die Frustration hinter sich. Diese vor allem auch deshalb, weil sich im Frühjahr ein Scheinaufschwung einstellte, der sich dann doch nur als Lagerauffüllung im Zwischenhandel erwies. Gerade Intel hatte damals in der Absicht, möglichst früh dabei zu sein, seine Kapazitäten hochgefahren. Das hatte das Unternehmen zu Kurzarbeit und Lohnkürzungen gezwungen, die erst in letzter Zeit wieder Schritt für Schritt aufgehoben wurden.

Für Beobachter stellt der überzeugendste Beweis für einen Aufschwung die Tatsache dar, daß die verlustgeplagten National Semiconductor Corp. in dieser Woche erstmals seit zwei Jahren eine Quartalsgewinn ausweisen konnten. Das Unternehmen erwirtschaftete im vierten Geschäftsquartal einen Gewinn von 7,7 Millionen Dollar, darunter befindet sich jedoch noch ein außerordentlicher Ertrag von 2,8 Millionen Dollar. Der Umsatz stellte sich auf 321 Millionen Dollar gegenüber 284 Millionen Dollar im entsprechenden Vorjahresquartal. Für das gesamte am 31. Mai zu Ende gegangene Geschäftsjahr mußte jedoch der Chip-Produzent noch einen Verlust ausweisen: Er belief sich auf 14,2 Millionen Dollar. Im Jahr zuvor waren es noch 3,5 Millionen Dollar weniger. Die Einnahmen stiegen dabei um zehn Prozent auf 1,21 Milliarden Dollar.

Ein Wassertropfen auf den Wein der Euphorie stellt für die Unternehmen allerdings das Verhalten der großen Mainframe-Hersteller dar. Diese hätten sich bisher noch mit den Bestellungen deutlich zurückgehalten, was manchen Managern im Silicon Valley Sorgen zu bereiten scheint. Doch glauben auch viele, daß sich das Geschäft mit Personal Computern und Rechnern für die Textverarbeitung und Bürokommunikation belebend auf die Chiphersteller auswirken wird. So erwartet beispielsweise NatSemi für das laufende Geschäftsjahr im Halbleiterbereich eine weitere Verbesserung, während die Chip-Spezialisten für 1984 bereits eine sehr gute Entwicklung glauben vorhersagen zu können.