Chinesen sagen niemals nie

10.06.2005
Von 
Jürgen Mauerer ist Journalist und betreibt ein Redaktionsbüro in München.

„Die Fähigkeit, Ambiguität auszuhalten, sprich mit Unklarheiten in der Kommunikation klarzukommen und nicht genau zu wissen, was der Gesprächspartner eigentlich meint, ist ein wesentliches Element interkultureller Kompetenz“, betont Cornelius Görres, Cross-Cultural-Trainer bei der Management Akademie München International und Inhaber von Culture Options - interkulturelle Beratung. Weitere Komponenten sind für ihn Empathie sowie die Fähigkeit, sich in internationalen Teams auf Kommunikationspartner mit unterschiedlichem kulturellen Hintergrund einzustellen. „Es geht also auch um soziale Kompetenzen wie Einfühlungsvermögen, Toleranz, Offenheit oder Neugierde. Nur werden diese Fähigkeiten im interkulturellen Umfeld ungleich wichtiger, da es viel schwieriger ist, sie anzuwenden und auszuüben“, so Görres.

Etwas grundsätzlicher definiert Brigitte Geldermann, Leiterin des Projektbereichs Weiterbildung beim Forschungsinstitut Berufliche Bildung, den Begriff: „Interkulturelle Kompetenz ist die Fähigkeit, im Umgang mit Menschen anderer Kulturen effektiv kommunizieren und handeln zu können.“ Um ihre Mitarbeiter optimal auf einen Auslandseinsatz vorzubereiten, setzen Unterneh-men wie SAP, Siemens oder Lufthansa Systems auf interkulturelles Training. Auch Guido Stephan nahm vor drei Jahren an einem speziellen China-Seminar teil, für das Siemens einen externen Dienstleister engagierte: „Ich bekam Informationen zur Landeskunde, zu Wertvorstellungen und über kulturelle Unterschiede im Alltags- und Geschäftsleben.“

Bei Lufthansa Systems heißt die Devise: „Je weiter der Kulturkreis vom Heimatkulturkreis entfernt ist, desto umfangreicher ist die Vorbereitung, zum Beispiel, wenn wir einen Mitarbeiter nach Indonesien entsenden“, betont Barbara Kircherber-Lennartz, Leiterin Human Resources bei Lufthansa Systems. „Neben mehreren Entsendungsgesprächen, zwei Besichtigungsreisen samt Familie zum Kennenlernen der örtlichen Gegebenheiten, Auswahl der Wohnung und Umzugsservice bieten wir unseren Mitarbeitern auch ein zweitägiges Intercultural-Awareness-Seminar.“

Andere Mentalitäten verstehen

Wie der Name schon sagt, geht es bei diesen Trainings vor allem um das Bewusstsein der eigenen kulturellen Prägung und das Wissen, welche anderen kulturellen Vorstellungen und Prägungen es gibt. „Entscheidend ist, dass die Teilnehmer zunächst ihre eigene Kultur reflektieren, also woher sie kommen und warum sie bestimmte Dinge tun oder unterlassen. Dann müssen sie verstehen, dass hinter bestimmten Verhaltensweisen meist eine tiefer gehende Wertvorstellung steckt“, beschreibt Berater Görres das primäre Ziel seiner interkulturellen Seminare.

Diese Erkenntnis, die meist durch Rollenspiele erzielt wird, bei denen unterschiedliche Verhaltensweisen und Werte aufeinanderprallen, ist die Voraussetzung, um die eigenen Wünsche und Vorstellungen kritisch zu hinterfragen. „Die Teilnehmer sehen, dass auch andere Maßstäbe gelten als jene, die sie für richtig halten. Zudem geht es darum, ihnen die Augen zu öffnen für Fallen, in die sie bei der Kommunikation tappen können“, so Geldermann vom Forschungsinstitut Berufliche Bildung. Daher stehen auch die verschiedenen Tischsitten, Begrüßungsrituale, Kommunikationsstile und Mentalitäten auf dem Lehrplan.