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Chinesen fliegen auf die Wikipedia

15.11.2006
Die Popularität der chinesischen Ausgabe der freien Online-Enzyklopädie Wikipedia ist explodiert, nachdem die kommunistische Regierung vor fünf Tagen einen jahrelangen Bann der Site aufgehoben hatte.

Internet-Nutzer in China hatten am 10. November erstmals von der Öffnung der chinesischen Wikipedia berichtet. Seitdem haben sich jeden Tag mehr als 1200 neue Autoren registriert; vor der Blockade waren es nur 300 bis 400 gewesen. Die Anzahl täglich eingestellter neuer Beiträge ist laut „Wall Street Journal“ gegenüber der Vorwoche ebenfalls schon um 75 Prozent angestiegen; insgesamt sind es nach Angaben der Betreibergesellschaft Wikimedia Foundation schon mehr als 100.000.

Die chinesische Regierung blockiert routinemäßig ausländische Websites, deren Inhalte sie für gefährlich hält. Offizielle reden allerdings nur ungern und selten über die Internet-Zensur und räumen auch keine Sperren bestimmter Sites ein.

Die englische und chinesische Wikipedia waren seit 2005 dauerhaft blockiert (zuvor nur gelegentlich). Dagegen hatten sich unter anderem chinesische Intellektuelle mit der Begründung ausgesprochen, dies verhindere die Möglichkeit, Wikipedia-Beiträge um eine chinesische Perspektive zu ergänzen. Die Blockade der englischen Wikipedia wurde dann bereits im vergangenen Monat ohne Angabe von Gründen aufgehoben.

Mit der Öffnung auch der chinesischen Sprachversion werden die nutzergenerierten Inhalte einem deutlich größeren Teil der Internet-Bevölkerung zugänglich, die mittlerweile mehr als 120.000 Chinesen umfasst.

Ob der freie Zugang allerdings erhalten bleibt, ist noch nicht absehbar. „Es ist noch zu früh, die Champagner-Korken knallen zu lassen“, gibt der Wikimedia-Systemadministrator Tim Starling zu bedenken. (tc)