Loten Sie stets die Stimmung aus

Change-Projekte - mögliche Brandherde frühzeitig erkennen

03.02.2010
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Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Stefan Bald beschreibt am Beispiel eines Projektberichtes, was Unternehmen tun sollten, bevor sie tief greifende Veränderungen durchführen.

Bei größeren Change-Projekten - speziell solchen, die mit einem Personalabbau verbunden sind - können die Emotionen schnell überkochen. Deshalb ist es wichtig, regelmäßig die Stimmung im Unternehmen auszuloten, um mögliche Brandherde früh zu erkennen. Wie dies geht, beschreibt dieser Projektbericht.

Viele Gründe für das Scheitern von Projekten

"Mich hat keiner gefragt!" - "Für meine Meinung interessierte sich ja niemand!" - "Ich erhielt nicht die nötige Unterstützung." Solche Aussagen hört man von Mitarbeitern oft, wenn man analysiert, warum bei einem Projekt die Ziele nicht erreicht wurden. Dann zeigt sich meist: Schon früh spürten viele Mitglieder der Organisation: "Hier läuft etwas schief. Wenn wir nicht aufpassen, fahren wir das Projekt gegen die Wand."

Fotolia, Milesphoto
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Foto: Fotolia, MilesPhoto

Doch Konsequenzen wurden hieraus nicht gezogen - aus vielerlei Gründen. Zum Beispiel, weil sich niemand zuständig fühlte. Oder weil niemand sein Magendrücken artikulierte. Oder weil Mitarbeiter befürchteten: Wenn ich vorpresche und meine Meinung sage, stehe ich am Pranger. Oder weil ein Instrument fehlte, das Abweichungen vom rechten Weg frühzeitig signalisierte. Also bekamen die Verantwortlichen in den Bereichen sowie im Steuerungsteam des Projekts die Fehlentwicklungen nicht rechtzeitig mit. Folglich konnten sie auch nicht gegensteuern. Also wurstelten alle Beteiligten weiter so vor sich hin, als sei alles im Lot. Bis das Scheitern so offensichtlich wurde, dass es nicht mehr verschleiert werden konnte.

"Das kann auch bei der Neustrukturierung unseres Werks geschehen, wenn wir nicht aufpassen." Zu dieser Erkenntnis kam Anfang 2008 ein weltweit agierender Konzern, der in einem seiner deutschen Produktionswerke die Prozesse neu strukturieren wollte, um die Profitabilität zu steigern. Denn der Unternehmensführung war bewusst: Das Projekt birgt einen erheblichen Sprengstoff, weil

- mit der Restrukturierung ein Personalabbau von fast 20 Prozent einher geht und

- sich aufgrund der Neustrukturierung die Arbeitsbeziehungen und -inhalte der Mitarbeiter stark verändern werden.