Kunden im Personal-Computer-Kauf noch nicht geübt:

Chancen für den Fachhandel

26.09.1980

Mit nie gekannter Schnelligkeit hat sich innerhalb von wenigen Jahren ein Markt entwickelt, der von seinem absehbaren Volumen her selbst die optimistischsten Prognosen zu überrollen scheint - die "persönlichen Computer" sind in aller Munde.

Diese Geräte - als Einkarten-Computer ursprünglich nur für Bastler und Hobby-Elektroniker gedacht - entwickelten durch die fortschreitende Technologie immer mehr Intelligenz und wurden so nicht nur für den rein kommerziellen Einsatz interessant sondern auch für weitere Zielgruppen wie Schulen, Institute und freie Berufe. Diese Entwicklung führte zwangsläufig zu einem Umdenkprozeß in der Branche, denn wer sich künftig als Anwender einen eigenen "persönlichen" Computer zu einem Anschaffungspreis zwischen 3000 und 8000 Mark leisten kann, der ist auch als Software-Abnehmer interessant.

Die Hardware-Anbieter haben schnell geschaltet: Apple, Commodore, Olympia und Tandy sind mit ihren Geräten auf dem Markt - zu ihnen gesellte sich Anfang des Jahres als neueste Entwicklung das Alphatronic-Konzept von Triumph/Adler/dds. Geräte gibt es also genug, und der Vertrieb wird in unterschiedlicher Bandbreite praktiziert - vom Hersteller bis zum Computer-Shop.

Schwellenangst überwinden

Die aktuelle und wohl entwicklungsbedingte Problematik liegt allerdings nach wie vor im Software-Angebot und dessen Vertrieb sowie in weitergehenden begleitenden Dienstleistungen. Denn grundsätzlich ist nicht zu übersehen, daß es sich bei den potentiellen Anwendern von persönlichen Computern in der Regel um Zielgruppen handelt, die sich von den herkömmlichen EDV-Anwendern grundlegend unterscheiden. Sie haben weder die Zeit noch das Interesse, sich zu Computer-Spezialisten machen zu lassen, wie sie einem bei jedem größeren Anwender begegnen. Sie sind aber andererseits - auch aus Mentalitätsgründen - nicht bereit, auf jedwede Beratung zu verzichten. Und diese Einstellung muß bedacht werden - nicht nur beim Vertrieb der reinen Software-Programme, sondern vor allem bei der Beratung der Anwender. Denn der potentielle Kunde ist im Computer-Kauf (noch) nicht geübt. Er hat "Schwellenangst" und ist entsprechend skeptisch. Immerhin geht es bei einem Gerät mit Software um Investitionen von 6000 bis 10 000 Mark, die man sich sehr wohl überlegt.

Er denkt überwiegend in seinen eigenen Problemfeldern, die er bisher alleine nicht oder nur schwer lösen konnte. Er kommt mit diesen individuellen Problemen und Fragen zu seinem Fachhändler und erwartet eine ebenso individuelle Beratung.

Beratung notwendig

Diese Beratung wird aber wegen der absoluten Marge in der Regel nicht möglich sein. Sie ist auch nicht notwendig und deshalb nur in begrenztem Umfang vorgesehen, was den Fachhandel zunächst skeptisch macht. Der Handel ist (noch) nicht davon überzeugt, daß das neue Geschäft so ohne weiteres läuft. Gerade bei der Besonderheit der Zielgruppen sei eine Beratung notwendig, jedoch nur schwer finanzierbar - heißt es.

Grundsätzlich ist der Fachhandel aber davon überzeugt, daß das Geschäft mit Kleincomputern eine sehr dynamische Entwicklung haben wird. Man ist aber (noch) nicht bereit, mit den herkömmlichen Mitteln das neue Geschäft aufzubauen, um gegebenenfalls (für andere) Lehrgeld zu zahlen.

Heiner Kanning ist Leiter Vertrieb GfA Exdata und der Mikrotrend GmbH Nürnberg, die die Alphatronic-Modelle vermarktet.