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Consumer Electronics Show

CES 2008: Messe im Zeichen der Mobilität

04.01.2008
Von Handelsblatt 
Im Convention Center von Las Vegas dröhnen ab Montag die Formel-1-Motoren des BMW-Sauber-Teams. Doch nicht nur der "Boxengassen"-Stand, den der Rennstall gemeinsam mit Intel betreibt, dürfte die Besucher der Consumer Electronics Show faszinieren. Die Trendmesse der Elektronikindustrie wird diesmal vom Thema Mobilität dominiert.

LAS VEGAS. Noch haben die Handwerker im Convention Center von Las Vegas alle Hände voll zu tun. Schlagschrauber rattern, Kreissägen fressen sich kreischend durch Spanplatten. Aber schon am Montag wird der Baulärm abgelöst werden durch kreischende Formel-1-Motoren. Dann werden sich die Besuchermassen der Consumer Electronics Show (CES) durch den Nachbau der Boxengasse des BMW-Sauber-Teams mit 90 Meter "Rennstrecke" drängen. Der Gemeinschaftstand mit Intel wird der Zuschauermagnet der Nabelschau und Trendmesse der Elektronikindustrie sein, zu der vom 7. bis 10. Januar rund 140.000 Besucher erwartet werden. Diesmal steht die Messe ganz im Zeichen der Mobilität, mit der Medien und Internet - zu Fuß mit iPhone und Co. oder mit dem Web-PC mit iPod-Anschluss im Auto - die Menschen künftig ständig begleiten.

Spätestens seit 2007 ist klar, dass Microsoft groß ins Automobilgeschäft einsteigen wird. Zur damaligen traditionellen CES-Eröffnungsrede ließ Microsoft-Gründer Bill Gates die in Detroit versammelte US-Automobilpresse per Satellit zuschalten. Es folgten 2007 Ausrüster-Abschlüsse mit Ford USA und in Europa mit Fiat. Dieses Jahr wird Gates zum letzten Male die Eröffnungsrede der Show halten und der Markt wartet gespannt darauf, ob er weitere strategische Weichenstellungen im Bereich Autoelektronik vorgeben wird.

Detroit jedenfalls will darauf nicht warten und schlägt zurück. Während Gates geht, wird mit GM-Chef Rick Wagoner kommende Woche erstmals der CEO eines Automobilherstellers eine Keynote auf der CES zur Konvergenz von Fahrzeug-Elektronik, Navigation und Multimedia halten. Und General Motors hat erstmals einen eigenen Stand.

Der Markt für In-Car-Entertainment boomt gewaltig. Angesichts steigender Spritpreise investiert der amerikanische Autokäufer lieber in Bass-Volumen statt in Hubraum. Über 12,3 Milliarden Dollar Umsatz mit Auto-Entertainment erwartet der US-Branchenverband Consumers Electronics Association für 2008. Das wäre eine Verdoppelung seit 2003 und knapp 1,4 Milliarden Dollar mehr als im Subprime-Krisenjahr 2007.

Hat die bunt flimmernde Navigations- und Medienzentrale längst das Autoradio abgelöst, folgt jetzt der Schritt zum In-Car-Entertainmentsystem mit PC und Internetzugang. Die Funktechnik Bluetooth findet dabei zunehmend den Weg aus dem Mobiltelefon in das Armaturenbrett und verbindet die Mobilfunkwelt mit dem Auto. Themen 2008 werden verbesserte Sprachsteuerungen oder Location Based Services (ortabhängige Dienstleistungen) für Fahrzeuge sein.

"Es ist ein enormer Wachstumsmarkt", sagt Microsoft-Produktmanager Velle Kolde, "alleine die Industrialisierung Chinas und Indiens wird einen riesigen Schub auslösen." Und in den Industrieländern sind integrierte Mobiltelefone, Musikplayer oder mobile Webterminals im Auto schon Statussymbole. BMW experimentiert mit der Übertragung von Google-Maps-Daten an die Fahrzeugnavigation. Microsoft stattet den Trend-Knubbel Fiat 500 mit High Tech aus. Intel-Deutschlandchef Hannes Schwaderer: "Die richtige Einbindung von Unterhaltung, Internet und neuen Dienste könnte in Zukunft ausschlaggebend für eine Kaufentscheidung sein."

Aber auch bei der Medienverteilung im Haus tut sich was. Laut John McFarlane, CEO der kalifornischen High-Tech-Schmide Sonos, wird hier 2008 der Durchbruch geschafft. "Der Verkauf von Musik über das Internet ohne Kopierschutz war das wichtigste Ergeignis 2007", sagt er. Zunächst startete Emi Music über Apples iTunes, mittlerweile hat Amazon die Führung übernommen und bietet neben Emi-Musik auch Titel von Universal und seit Ende Dezember auch Warner online ungeschützt an.

Diese offene Kampfansage der Musikkonzerne an das mächtige iTunes von Apple könnte sich zum Segen für die Hardwareindustrie entwickeln. Denn diese Offenheit vereinfacht die Technik dramatisch. Jetzt können nicht nur Neulinge im Hi-Fi-Markt wie Sonos oder Logitech nach vorne preschen. Auch schon fast gegen den iPod-Erfinder Apple ausgezählte alte Marken wie Bose oder Yamaha sind wieder im Spiel. Sie werden auf der CES Hi-Fi-Systeme vorführen, die nicht nur Musik auf der Festplatte im Haus verteilen, sondern zum Teil auch direkt an Web-Radiodienste wie Pandora oder Abonnement-Dienste wie Rhapsody (RealOne) oder Napster angebunden sind. Die Hi-Fi-Branche bekommt so 2008 eine zweite Chance - durch das Internet. Alleine am Thanksgiving-Tag hätten Kunden über 500.000 Songs über nur einen der Sonos-Abodienste gespielt, so MacFarlane.

Laut Intel wird 2008 eine neue Geräteklasse von tragbaren Computern eine zweite Chance erhalten: Ultra-Mobile-PCs. Die erste Generation war durch einen hohen Energieverbrauch und damit kurzen Laufzeiten sowie durch eine geringe Leistung in Verruf geraten. Sie verbrauchten bis zu 15 Watt für Prozessor und Chipset unter Vollast und waren für Multimedia trotzdem zu langsam. Ab Mitte 2008 soll die neue Plattform "Silverthorne" verfügbar sein, die den Energieverbrauch auf drei Watt senken wird. 2009 sollen er dann auf 400 Milliwatt fallen. "Lange Standby- und Arbeitszeiten sowie aggressive Preise" werden den Markt beleben, glaubt Intel-Sprecher Hans-Jürgen Werner. "Hier profitieren alle vom iPhone", so ein Branchenanalyst. "Die Zeit der verkrüppelten Mobil-Webbrowser ist vorbei."

Was die Branche 2008 auch wieder beschäftigen wird, ist der ewige Kampf der beiden High-Definition Videoformate Blu-Ray- und HD-DVD. Mit der verspäteten Einführung der schon für 2007 erwarteten Dualplayer, die beide Formate abspielen können, erwarten Marktbeobachter in diesem Jahr eine deutliche Belebung des Marktes.

In der TV-Technik dreht sich 2008 alles um eine bessere Bildqualität und Stromeffizienz. Besonders die Hersteller von Plasma-TV-Geräten wollen deutlich Strom sparen. Als Neuigkeiten werden neben OLED-Fernsehern erste Prototypen von Laser-TV (Mitsubishi) erwartet. Das Gemeinschaftsprojekt "SED"-TV von Canon und Toshiba hingegen gilt als weitgehend beerdigt. Neben technischen Problemen sollen Patentstreitigkeiten der beiden Partner das Projekt permanent behindert haben.

Aber natürlich darf auch der schon traditionelle Wettbewerb nicht fehlen, wer den größten Fernseher der ganzen Show hat. Wie in den Vorjahren will es Panasonic der versammelten Konkurrenz wieder mal zeigen und angeblich den mit 150 Zoll größten Flachfernseher der Welt präsentieren. Im Vorjahr hatten die Japaner mit einem 103-Zoll großen Plasma-TV die Konkurrenz von Samsung und LG mit "nur" 102-Zoll deklassiert. Sharp hat mit einem 108-Zoll großen LCD-Gerät gekontert.

Der neue Panasonic-Prototyp könnte mit einer Bidschirmhöhe von zwei Metern einen Menschen in Originalgröße abbilden. Bill Gates zum Beispiel, wenn Mister Windows nach 24 Jahren CES-Eröffnungen zum letzten Mal unter anhaltendem Beifall von der Bühne des Venetian Palazzo Ballroom abtreten wird.