KOLUMNE

CeBIT: Spiegel des DV-Marktes

19.02.1993

Wenn wir die heilige Kuh ´Hannover Messe´ schon nicht mehr kritisieren duerfen, so wollen wir uns doch wenigstens selbst loben." Im April 1988, als diese Kolumnenzeilen geschrieben wurden, hatte sich gerade das Konzept der Veranstalter, die C- Techniken sowohl auf der CeBIT als auch im Rahmen der Industrie- Messe stattfinden zu lassen, als Flop erwiesen. Die CW sah das CIM-Debakel kommen - deshalb der Selbstlob-Hinweis. Heute ist die Lage weniger verworren - Kritik an der CeBIT wird von einigen Ex- Ausstellern offen ausgesprochen. Es gibt triftige Gruende, die jetzige CeBIT, die keine DV-Fachmesse mehr ist, nicht laenger als heilige Kuh zu behandeln. Zur Erinnerung: 1988 glaubte sich der Kolumnist noch fuer seinen CeBIT-Sirenengesang entschuldigen zu muessen.

Auszug: "Die CeBIT ist ein Spiegel des Marktes. So macht man heute keine Messe. Was sich etwa in Halle 1 abspielt: Masturbation der grossen Hersteller, Marketing de Luxe, Messekonzepte von vorgestern fuer Kunden (siehe Kids) von uebermorgen. Es ist nicht anzunehmen, dass die Messe-Macher und die CeBIT-nahen Verbaende (VDMA, ZVEI) von Zweifeln angefressen sind, wie das wohl weitergehen wird" (CW vom 25. Maerz 1988).

Sprung ins Hier und Heute: Die Frage ist ohne Vorbehalt gestellt - die Aussteller muessen jetzt die Bedingungen nennen, unter denen sie bereit sind, eine solche Messepolitik noch mitzumachen. Und die CeBIT-Verantwortlichen muessen entsprechend handeln. Populaer bei den grossen Ausstellern ist der Vorschlag, mit der CeBIT auf einen Zweijahresturnus zu gehen. Wie bequem - nur steht dem eben nicht allein politische Raeson (Messe in Hannover, Messe fuer den Stadtsaeckel) entgegen: Die Innovationszyklen in der DV waeren keine, wenn sie sich nach dem CeBIT-Kalender richten wuerden.

Die Vermutung liegt nahe, dass die Aussteller selbst kein Konzept haben. Allerdings kann man von einer Messegesellschaft, die unter anderem auch "Huhn & Schwein" veranstaltet, groessere DV- Marktkenntnisse nicht erwarten. Die Hannoveraner waeren gut beraten - was sie offensichtlich nicht sind -, Ueberlegungen hintanzustellen, die nur der Auslastung gelten. So gesehen war es natuerlich erst recht ein Fehler, die CeBIT aus der Industrie-Messe herauszuloesen.

Doch die Haette-Nachbetrachtung bringt nichts. Die CeBIT braucht Attraktivitaet, die aus Internationalitaet und Fachbezogenheit resultiert, zu der aber auch eine Zukunftsperspektive, eine Vision gehoert. In einem Gemischtwarenladen ist das nicht zu haben. Von solcher Art sind auch regionale Bueromessen. "DV-Partner in Osteuropa" koennte das Motto lauten. Das 93er CeBIT-Forum "Business in

Eastern Europe" ist ein erster, ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.