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CeBIT: SAP-Chef Kagermann: "Es muss flutschen in der Wertschöpfungskette"

10.03.2005

HANNOVER (COMPUTERWOCHE) - IT wird wieder wichtiger, postulierte SAP-Vorstandssprecher Henning Kagermann zu Beginn der diesjährigen CeBIT. Anwenderunternehmen müssten sich angesichts der anhaltenden Konsolidierungswelle einem härter werdenden Wettbewerb stellen. Unter diesem Druck könnten sich die Firmen heutzutage nur noch durch innovative Prozesse von ihren Konkurrenten differenzieren. Künftig stehe nicht mehr im Vordergrund, womit die Unternehmen Geschäfte machten, sondern wie.

Angesichts dieses Paradigmenwechsels geht der SAP-Lenker mit der eigenen Branche hart ins Gericht: "Wir haben viel zu lange Nabelschau betrieben und nur mit IT-Begriffen um uns geworfen." Das interessiere heute aber niemanden mehr.

Wenn es allerdings darum geht, die neue Softwarearchitektur der SAP zu erklären, kommt auch Kagermann nicht um neue IT-Begriffe herum. Die Softwerker aus dem Badischen bauen derzeit auf der Basis der Integrationsplattform "Netweaver" ihre bestehende Client-Server-basierende Softwarewelt in eine "Enterprise Services Architecture" (ESA) um. Künftig soll die Infrastrukturschicht mit verschiedenen Basiskomponenten aus der Applikationsebene zu einer "Business Process Platform" angereichert werden. Auf dieser Entwicklungs- und Ablaufplattform könnten künftig kleine Softwaremodule aufsetzen, die individuell an die Prozesse der Anwender angepasst sind.

Kagermann zufolge sind Service-orientierte Architekturen der nächste logische Schritt in der Softwareentwicklung. Der Best-of-Breed-Ansatz in Sachen Enterprise Application Integration (EAI) habe sich als zu komplex, zu teuer und damit falsch erwiesen. Allerdings ist der Weg in eine standardisierte Web-Services-Welt noch weit. Auch SAP muss im Rahmen von XI, der Integrationskomponente innerhalb von Netweaver, noch auf Punkt-zu-Punkt-Schnittstellen bauen.

Es werde neben der SAP nur wenige Softwareanbieter geben, die diese Service-orientierten Plattformen entwickeln und bauen können, prognostizierte Kagermann. So ziele beispielsweise Microsoft in die gleiche Richtung. Dagegen sei zweifelhaft, ob Oracle mit seinem "Project Fusion" auch einen Service-orientierten Ansatz verfolge, stichelte Kagermann in Richtung des Wettbewerbers. Bei IBM sei die Ausgangsposition eine andere, da Big Blue kein eigenes Applikationsgeschäft betreibe.

Bis 2007 will SAP seine ESA-Roadmap abgeschlossen haben. Meilensteine des laufenden Jahres sei der Launch von Mysap ERP, der einen Monat früher als geplant erfolgt war, sowie die Anpassung der "Business Suite" an Netweaver. 2006 sollen bereits alle Partner auf Basis der Business Process Platform entwickeln können. Im darauf folgenden Jahr würden dann alle SAP-Produkte auf der neuen Plattform verfügbar sein.

Die Kunden in die neue SAP-Welt mitzunehmen, sei nicht immer ganz leicht, räumt Michael Kleinemeier, President für den Bereich Zentraleuropa bei SAP, ein. Um ihrer Klientel den Weg zu ebnen, will die SAP ein evolutionäres Konzept verfolgen. So soll es beispielsweise ein "ESA Adoption Program" geben. Wie dieses genau aussehen soll, darüber liegen noch keine Informationen vor. Außerdem würden neben der neuen Welt auch die bestehenden Produkte parallel weitergepflegt. Die Kunden könnten dann selbst entscheiden, wann sie umsteigen möchten, verspricht Kagermann. Seiner Einschätzung nach wird sich der Weg in drei Etappen vollziehen: Von kleinen drei bis sechs Monate dauernden Pilotprojekten über größere Vorhaben, die bis zu einem Jahr in Anspruch nehmen können und tief greifendere Veränderungen erfordern, bis zu dem Punkt, an dem der Kunde sagen müsse: "Ich bekenne mich zu der neuen Architektur." (ba)