HANNOVER/FRANKFURT - Mit mehr Optimismus als im vergangenen Jahr packen die CeBIT-Aussteller 1983 ihre Koffer für Hannover. Die gesamtwirtschaftlichen Indikatoren des Aufschwungs stehen zwar noch auf etwas tönernen Füßen, doch erhofft sich die Branche der Büro- und Informationstechnik durch die größte Messe der Welt endlich den Schub in Sachen Bürokommunikation.
Zu den Konjunkturschwalben zählen vor allem die zunehmend zu beobachtende Kreditaufnahme aufgrund der sinkenden Zinsen, die verstärkte Nachfrage in den ersten beiden Monaten dieses Jahres sowie die Ruhe an der Preisfront. ZVEI-Hauptgeschäftsführer Rudolf Scheid rechnet - bei sinkenden Preisen - wieder mit einer Zuwachsrate von 20 Prozent nominal bei Produkten der DV- und Bürobranche, möglich sei sogar eine weiter ansteigende Rate.
Ähnliche Prognosen stellt auch Joachim Gurnik vom Fachverband Büro- und Informationstechnik im VDMA: "Euphorie ist zwar mit Sicherheit fehl am Platze, aber die positiven Anzeichen rechtfertigen eine optimistische Grundstimmung und die Erwartung, daß sich die Investitionstätigkeit beleben wird. "
Dies gelte insbesondere für die inländische Nachfrage im mittelständischen Bereich, in dem die Akzeptanzschwelle beim Einsatz neuer Techniken besonders hoch sei. Entsprechend zurückhaltend hätten daher auch die Kunden reagiert. Mittlerweile werde aber auch in den kleinen und mittleren Betrieben erkannt, daß kein Weg an neuen Geräten und Systemen vorbeiführe, wenn man gegenüber der in- und ausländischen Konkurrenz nicht den Anschluß verlieren wolle.
Als Stimulans für diese Erkenntnis hat offensichtlich die zunehmende Verbreitung der Mikrocomputer gewirkt, deren Siegeszug mit der Hannover-Messe erst so richtig einsetzen soll. Schwerpunkte des CeBIT-Angebotes sind denn auch Mikro- und Personal Computer sowie CAD/CAM. Mehr als 1200 Aussteller teilen sich in diesem Jahr die 166 000 Quadratmeter Fläche.
Allgemein erwarten die DV- und Informationstechnik-Anbieter für 1983 ein sachkundigeres und mehr dialogorientiertes Publikum. Scheid vom ZVEI faßt die Meinung der Branche so zusammen: "Die babylonische Sprachverwirrung zwischen Anbietern und Anwendern scheint überwunden zu sein. Daneben setze sich wohl zunehmend die Erkenntnis durch, daß die umfassende Direktkommunikation, die eine solche Messe biete, besonders wichtig sei.
Der so gelobte "König Kunde" und Anwender sieht sich jedoch nicht nur von den Herstellern heftig umworben: Eine Fülle von Veranstaltungen, Seminaren, Foren, Fachtagungen und Kongressen konkurrieren um die Gunst der Besucher, allen voran die Messe AG selbst mit zehn Fachkongressen. Mit diesem ausgedehnten Rahmenprogramm - so ein Sprecher der Messeleitung - wolle man noch stärker als bisher anwendungsorientierte und branchenübergreifende Information bieten und die Bedeutung der neuen Technologien unterstreichen.
Zu den herausragenden Ereignissen sollen dabei das CeBIT-Forum '83 und die Microtronic-Ausstellung werden. Im Forum selbst finden unter dem Motto "Nur moderne Arbeitsplätze sind sichere Arbeitsplätze" täglich wechselnde Diskussionsveranstaltungen statt. Daneben sind repräsentative Arbeitsplätze aufgebaut.
Ein Parcours, bei dem an sechs verschiedenen Arbeitsplätzen unterschiedliche Aufgaben zu lösen sind, soll das Publikum motivieren, sich aktiv Informationen zu holen. Als Preise winken pro Tag eine elektronische Schreibmaschine und mehrere Taschenrechner. Am zweiten Tag der Messe will sich auch Bundesforschungsminister Heinz Riesenhuber in die Arena begeben. An der Microtronic beteiligen sich 270 Ausstellerfirmen. Vorgestellt werden nicht nur Bauteile der Elektronik, sondern auch die Mikroelektronik in der Anwendung und Produktumsetzung.
Ihren Ruf als Neuheitentermin für die gesamte Branche der Büro- und Informationstechnik und als Gradmesser für den technischen Trend mit dem neusten Angebot des In- und Auslandes dürften die CeBIT-Hallen auch in diesem Jahr wieder gerecht werden. Zu erwarten sind neben CAD/CAM-Systemen sowie Personal- und Mikrocomputern vor allem umfangreiche Btx-Anwendungen, wenngleich hier die Euphorie wegen des verschobenen bundesweiten Starts im September sicherlich leiseren Tönen Platz machen wird.