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CeBIT: Der Einsatz hat sich gelohnt

23.03.2001

HANNOVER (COMPUTERWOCHE) - Trotz Flaute am Neuen Markt und Firmenpleiten ist der Traum einer anderen Wirtschaft noch nicht ausgeträumt. In der COMPUTERWOCHE-Diskussionsrunde "Nie wieder New Economy?" war die Stimmung verhalten optimistisch.

Einst jedermanns Liebling, jetzt am Boden zerstört: So präsentieren sich zumindest viele börsennotierte Firmen der New Economy. Allerdings sind zerknirschte Firmengründer die Ausnahme. "Ich hatte einen Traum und bekam die Chance, ein Unternehmen zu gründen", so Chantal Salzberg keineswegs frustriert, "das hätte ich vorher nie für möglich gehalten." Inzwischen sucht die 28-jährige Gründerin eines Hochzeitsportals (Alafolie) einen neuen Job, denn sie, ihre Mitgründer und Investoren konnten sich nicht auf eine gemeinsame Unternehmensstrategie einigen. Nach drei Jahren Arbeiten ohne Ende soll die nächste Anstellung etwas geregelter sein.

Philipp Schäfer, noch Geschäftsführer von Razorfish in Hamburg, geht es ähnlich. Auch er muss sich nach neuen Berufsperspektiven umsehen, und auch bei ihm waren die Pläne für die Unternehmensausrichtung nicht mit denen des Hauptanteilseigners in den USA zu vereinbaren. Seine Gründerkollegen haben das Unternehmen schon vor ihm verlassen. Ein neues Startup möchte der Ex-Razorfish-Geschäftsführer allerdings so schnell nicht mehr eröffnen.

Welche Jobs für die ehemaligen Firmengründer und Unternehmer überhaupt interessant sein könnten, ist nicht ganz einfach zu beantworten. "Ich hatte kürzlich ein Vorstellungsgespräch für einen Job als Marketing-Leiterin, aber das kann ich mir nicht vorstellen", so Salzberg selbstbewusst. "Leute mit so viel Erfahrung als Firmengründer sind Gold wert", lobt Klaus Grefe, Personalberater bei Judith Grefe Consulting GmbH. Entscheidend für die berufliche Zukunft ist aber, wie die ehemaligen Chefs mit ihrer neuen Rolle als Mitarbeiter zurechtkommen.

Alexander Samwer, der mit seinen Brüdern zu den Stars der Startup-Szene zählte und mit dem Verkauf von Alando an Ebay gut verdiente, verließ das fusionierte Unternehmen aus ähnlichen Gründen wie Schäfer und Salzberg. Allerdings war ihm und seinen Brüdern die Lust an neuen Unternehmensgründungen noch nicht ganz vergangen. Inzwischen sind die Samwer-Brüder mit der Jamba AG erneut unter die Entrepreneure gegangen.

Die Ursachen für das Scheitern von so manchem Startup lassen sich nicht immer mit einfachen Formeln erklären. "Führungskompetenz hängt nicht vom Alter ab", so Klaus Grefe, für den das jugendliche Alter einiger Chefs nicht als Problemerklärung ausreicht. "Allerdings gehört auf jeden Fall Berufserfahrung zur Personalarbeit dazu", ergänzt Grefe. Bruno Rücker, neuer Vorstandsvorsitzender der Openshop AG, wechselte nach über 20 Jahren bei CSC Ploenzke zur New Economy. Die Krisenstimmung am Neuen Markt hat ihn nicht abgeschreckt. "Startups kann man nicht mit den gleichen Maßstäben messen wie Traditionsunternehmen", so Rücker.

Geht es nach Wolfgang Müller von der IG Metall, sollten die jungen Unternehmen aber dringend darüber nachdenken. Der Gewerkschaftler verdächtigt viele Unternehmen der Startup-Szene, dass sie ihre Mitarbeiter mit falschen Versprechungen und heute wertlosen Aktienoptionen geködert haben. Dafür mussten die Leute endlose Arbeitszeiten in Kauf nehmen.

Allerdings sind die Gründer entschieden anderer Meinung. "Alle, die sich für die Arbeit bei einem Startup entschieden, wussten, worauf sie sich einlassen." Trotz unterschiedlicher Unternehmensgründungen ähneln sich die Erfahrungen sehr stark: Die Träume von gestern sind zwar geplatzt, aber die Gründer sind sich einig: "Wir bereuen nichts, es war eine wunderbare Chance."