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CeBIT: Das Internet wird menschlich

21.02.2006
Das Internet ist längst kein Hort für Einzelgänger mehr. "Gemeinsam" lautet die Devise.

Während die einen bei Wikipedia an einer Enzyklopädie schreiben, schließen sich andere in Netzwerken zusammen, verwalten ihre Links bei Diensten wie del.icio.us oder Furl öffentlich, damit auch andere etwas davon haben, und geben auch sonst viel von sich preis. Möglich machen das Anwendungen, die die Kommunikation untereinander erleichtern, so genannte Social Software. "Die Humanisierung des Netzes" nannte die Wochenzeitung "Die Zeit" dieses Phänomen, mit dem Unternehmen in Zukunft auch Geld verdienen möchten.

Menschen im Internet zusammenführen will zum Beispiel die Plattform Open Business Club (OpenBC). Firmengründer Lars Hinrichs hatte den Wunsch, die Kontakte seiner Kontakte einzusehen und entwickelte daraus eine Geschäftsidee. Heraus kam ein Netzwerk mit inzwischen einer Million Mitgliedern. "Mitglieder sind Geschäftsleute aus aller Welt", sagt Hinrichs. Diese nutzten OpenBC zum einen, um bestehende Kontakte zu managen, andererseits aber auch um neue Leute zu finden.

Je nach Einstellungen können andere Teilnehmer sehen, wer zu den Kontakten eines anderen gehört. Dabei können aber nur die Personen als Kontakte geführt werden, die ebenfalls OpenBC-Mitglied sind. Die Frage "Wer kennt wen und über wie viel Ecken?" wird bei OpenBC beantwortet. Gleichzeitig präsentieren sich die Mitglieder mit ihrem Profil, in der Hoffnung neue Kontakte oder sogar Kunden zu gewinnen.

Geld verdient Hinrichs mit den so genannten Premium-Mitgliedern, die für einen monatlichen Beitrag unter anderem erweiterte Recherchemöglichkeiten erhalten. Dabei sei die Treue der Nutzer groß: "70 Prozent waren in den letzten 30 Tagen eingeloggt", sagt Hinrichs.

Wer nicht nur wissen will, wen sein Kontakt noch so kennt, sondern auch noch, wo dieser sich gerade aufhält, dem hilft Plazes. Felix Petersen und Stefan Kellner hatten den Dienst Ende 2004 als Freizeitprojekt entwickelt, seit Anfang des Jahres gibt es die Plazes AG. Anhand des Netzwerks, in dem der Plazes-Nutzer gerade eingeloggt ist, erkennt die Software den Aufenthaltsort. "Die meistgestellte Frage am Handy lautet doch 'Wo bist Du gerade?'", meint Petersen. Plazes beantworte diese Frage. Zudem ermöglicht der Dienst, Leute in der Umgebung zu finden. Er zeigt an, wenn Freunde in der Nähe sind, aber auch wer sonst noch so in der Stadt ist.

"Plazes erfährt so, wo die Nutzer gerade sind und wo sie vorher waren", sagt Petersen. Die Entscheidung, welche Daten Plazes bekomme, liege aber dennoch beim Anwender. Der kann Plazes aber sogar erlauben, ein Bewegungsprofil von sich anzufertigen. In naher Zukunft kann das Unternehmen dann Umsätze dadurch generieren, in dem es andere für den Plazes-Nutzer interessante Plätze vorschlägt: "Menschen, die in Ihrem Hotel wohnten, bevorzugen auch folgende Hotels" könnte es dann irgendwann nach dem Anmelden im Hotelzimmer heißen oder wer sich kurz nach der Landung im Flughafen einloggt, bekommt vielleicht die neuesten Angebote der Autovermietungen zu sehen. "Orte, an denen Leute online gehen, haben eine soziale Relevanz", meint Petersen.

Was bei Datenschützern alle Alarmglocken schrillen lassen dürfte, scheint die 20.000 Nutzer, die Plazes bislang hat, nicht zu schocken. Die gleiche Anzahl von Plätzen wurde bislang in die Datenbank eingetragen. Diese Aufgabe übernehmen die Nutzer. Loggt sich ein Plazes-Mitglied über ein bislang unbekanntes Netzwerk ein, wird er nach Zusatzinformationen zu seinem Standort befragt. So bauen die Nutzer die Datenbank nach und nach aus - gemeinsam natürlich. Im Frühjahr soll es zudem eine Handy-Software geben, die die Zellinformationen des Handynetzes übermittelt. (dpa/tc)