CeBIT '88: Nicht alle hatten Grund zur Freude

10.06.1988

Eine Jubelmeldung nach der anderen ließen die DV-Aussteller nach der diesjährigen CeBIT vom Stapel. Diese Begeisterung konnte jedoch nicht jeder Besucher teilen. Für DV-Leiter Josef Fromme aus Hamm war die Reise nach Hannover ein "absoluter Reinfall". Mit der Geschäftsleitung zur CeBIT gekommen, um auf spezielle Einladung eines Vertreters des Herstellers einen Laserdrucker für die Etikettierung zu begutachten, wurde er "fast gesteinigt", als er die mitgebrachten Etiketten drucken lassen wollte. Dabei war ihm zuvor dieser Laserdrucker als für diese Anwendung bestens geeignet angepriesen worden. Ausgezahlt hat sich der CeBIT-Besuch indes für die DV-Abteilung der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) für den Oberbergischen Kreis. Nach einem Vergleich mit anderen Anbietern entschieden sich die Gummersbacher für einen neuen Dreijahresvertrag mit ihrem Peripherie-Lieferanten.

Wolfgang Böhl, DV-Leiter, C. Josef Lamy GmbH, Heidelberg

Wie in jedem Jahr habe ich auch diesmal der CeBIT wieder einen eintägigen Besuch abgestattet. Dabei verschaffte ich mir einerseits einen Überblick, was es Neues am Markt gibt, zum anderen informierte ich mich schwerpunktmäßig über Laserdrucker, mobile Datenerfassungsgeräte und auch über ein neues Telekommunikationssystem. Ich selbst war mit meinem Besuch zufrieden. Darüber hinaus hatte ich den Eindruck, daß die diesjährige CeBIT eine Supermesse war. Die Stände waren doch sehr überfüllt, und die Aussteller machten einen zufriedenen Eindruck.

Für mich sind die Besuche der drei großen DV-Messen Bestandteil meiner Arbeit. Deshalb halte ich mir generell für jede Messe einen Tag frei, um mich dort umfassend zu informieren, was sich am DV-Markt tut. Als Anwender ist man zwar auf eine Hard- beziehungsweise Software-Richtung festgelegt, aber meiner Meinung nach ist DV nicht nur ein Hersteller oder eine Systemreihe. Man muß auch darüber informiert sein, was die Mitbewerber anbieten können, um eventuelle Alternativen beziehungsweise neue DV-Trends zu erkennen. Eine CeBIT bietet mir die Möglichkeit, mich für die Zukunft zu orientieren. Dies sollte sich kein DV-Experte entgehen lassen. Denn wer Marktgeschehen und -entwicklung eine Zeitlang ignoriert, hat irgendwann den Anschluß verpaßt.

In das Programm der drei großen Fachmessen gehören meiner Ansicht nach auch komplexe Themen wie CIM und ISDN. Zwar sind in der Regel nur Teillösungen ausgestellt oder aber theoretische Vorträge zu hören, doch auch bei diesen Themen müssen CeBIT, Orgatechnik und Systems der Orientierung dienen. Denn die DV-Spezialisten die heute zu einer CeBIT fahren, suchen nicht nach einer integrierten Fertiglösung. Vielmehr interessieren sie sich für weiterführende Informationen, die sie in ihrer innerbetrieblichen Organisation voranbringen. Der heutige DV-Leiter muß selbst wissen, wie er seinen Betrieb steuern will. Deshalb wird er sich auf einer CeBIT informieren und orientieren und nach der Messe mit Hilfe von Anbietern und Beratern ins Detail gehen.

Friedhelm Holtz, Leiter Org. und Datenverarbeitung, AHC Oberflächentechnik, Kerpen

In diesem Jahr bin ich nicht nach Hannover gefahren. Einerseits hat sich auf dem DV-Sektor aus meiner Sicht so wenig getan, daß der Besuch der CeBIT für mich nicht lohnenswert war. Andererseits fehlte auf der Industriemesse in diesem Jahr die Fachmesse "Messen - Steuern - Regeln", die nur alle zwei Jahre stattfindet, für uns aber von besonderem Interesse ist. Wir planen zur Zeit den Einsatz eines Produktions-, Planungs- und Steuerungssystems. In diesem Zusammenhang haben wir bereits eine Lösung für die Betriebsdatenerfassung gefunden. Jetzt aber geht es konkret um den Bereich Steuern und Regeln - und da konnte uns Hannover in diesem Jahr nichts Neues bieten.

Darüber hinaus halte ich Messen eigentlich nicht für besonders geeignet, Anwendungen wie PPS oder BDE zu demonstrieren. Die benötigten Problemlösungen sind doch sehr komplex und individuell auf den Betrieb bezogen. Auf einer Messe jedoch werden - logischerweise - Standardpakete gezeigt, die wenig individuelle Aspekte aufzeigen können. Da kann auch eine gute Beratung nur wenig ausrichten. Erstens fehlt es den Ausstellern an Zeit für intensive Gespräche, zweitens müßte der Gesprächspartner schon exakt die Erfordernisse unseres Betriebes kennen, damit er überhaupt beraten kann.

Ich will zwar nicht ausschließen, daß mir ein Messebesuch für die Integrationsproblematik unseres Hauses keinerlei Anregungen bringen könnte, doch die Informationen, die ich in diesem Bereich auf einer Messe einholen kann, bieten mir im Vorfeld auch viele Fachpublikationen im Rahmen ihrer Ausstellungsüberblicke an; so kann ich auch auf diesem Weg zum Beispiel interessante Hersteller herausfinden und dann telefonisch und schriftlich ansprechen.

Dennoch würde ich nicht sagen, daß Messen generell überflüssig sind. Sie haben Orientierungscharakter, weil sie Trends aufzeigen und mir die Möglichkeit zur Überprüfung meiner eigenen Linie geben. Aber für mich besteht kein "Muß" zu einer Messe zu fahren, sie ist bei mir sicher kein Fixpunkt im Kalender. Ich entscheide vielmehr von Jahr zu Jahr, welche Probleme in unserem Unternehmen jeweils anstehen, und ob mir eine Messe dafür Lösungsmöglichkeiten bieten kann.

Bernd Fichtner, Org./DV-Leiter, Rugenberger Großbäckereien GmbH & Co. KG, Moers

Ich war auf der diesjährigen CeBIT nur, um einen Vortrag zu halten. Angesehen habe ich mir nichts. Für mich gibt es eigentlich nur einen Grund zur CeBIT zu fahren: Wenn größere Abschlüsse anstehen, nutze ich die Messe, um in den Genuß des Messerabatts zu kommen. Denn bei einigen Millionen Mark ist ein solcher Betrag nicht unwesentlich. Natürlich sind alle Einzelheiten des Projekts schon vorher konkret ausgearbeitet und schriftlich fixiert. Nur die Vertragsunterschrift wird so vordatiert, daß sie dann in den Zeitraum der Messe fällt.

Ansonsten betrachte ich einen Messebesuch - ob zur CeBIT, Orgatechnik oder einer anderen Messe - als reine Zeitverschwendung. Unser Haus weiß sehr genau, was es wann an DV-Equipment braucht. So treten wir mit unseren Vorstellungen direkt an den Anbieter heran, ohne daß wir dafür vorher eine Messe besuchen müßten. Außerdem erfahren wir von unseren Lieferanten bereits vor der Messe, was sie dort ausstellen werden. Darüber hinaus gibt es auf den Messe heute keine Neuheiten mehr zu sehen. Die werden in der Regel vorab angekündigt, und ich verfüge über, ausreichend Möglichkeiten, um mich auch ohne Messebesuch darüber zu informieren.

Ist eine solche Neuheit für uns interessant, lassen wir den Lieferanten ins Haus kommen. Auf diese Weise erhalten wir wesentlich gezieltere und bessere Informationen. Das Standpersonal hat in der Regel ohnehin kaum Zeit für intensive Gespräche oder Demonstrationen.

Heinz Kowalski, Hauptabteilungsleiter für Betriebswirtschaft und Organisation, AOK für den Oberbergischen Kreis, Gummersbach

Unser Messebesuch auf der diesjährigen CeBIT war durchaus erfolgreich. Da Mitte des Jahres unser Vertrag mit Olivetti im Bereich Peripherie abläuft, testeten wir in Hannover was unser Lieferant uns künftig bieten kann. Darüberhinaus wollten wir wissen, was sich auf dem Druckermarkt in Sachen Laserdrucker getan hat. Da wir mit herkömmlichen Druckern zuletzt einige Probleme hatten und sie zum Teil auch sehr laut sind, wollen wir künftig Laserdrucker einsetzen. Unser DV-Experte - ich selbst war terminlich verhindert - schaute sich die Laserdrucker auf dem Olivetti-Stand an, testete sie und war zufrieden. Ergebnis: Wir haben nach der CeBIT einige Laserdrucker geordert. Darüber hinaus beschlossen wir ebenfalls nach der Messe, einen neuen Drei-Jahres-Vertrag mit Olivetti abzuschließen, der die Lieferung von 100 Bildschirmen, 15 Steuereinheiten und 10 Druckern umfaßt.

Generell fahren wir zu jeder CeBIT. Dort ist das spezielle DV-Angebot konzentriert, alle Anbieter, mit denen wir zu tun haben, sind präsent. Darüber hinaus besuchen wir regelmäßig die Orgatechnik. Dort wiederum interessieren mich neben der EDV vor allem die Büromöbel oder auch die Postversandtechnik. In Köln ist die gesamte Büroorganisationstechnik vertreten, und da in unserem Haus nicht nur die EDV, sondern auch die Organisation eine wichtige Rolle spielt, ist die Orgatechnik für unser Unternehmen ebenfalls Pflichtveranstaltung.

Ich nutze die Messen, um mir einen Überblick zu verschaffen. Meistens sind die Anbieter der jeweiligen Produktbereiche en bloc, so daß man schnell herausfindet, welche Produkte der Mitbewerber Alternativen darstellen. Dies war für uns vor allem in der Phase interessant, als wir in unserem Unternehmen den PC-Bereich ausgebaut haben. Man muß einfach die Augen offenhalten und sollte sich nicht auf die einseitigen Verbindungen mit den Lieferanten beschränken.

Weniger geeignet allerdings sind Messen wie die CeBIT oder auch die Orgatechnik bei der Auseinandersetzung mit solch komplexen Themen wie CIM oder ISDN. Auch wir denken über eine Realisierung von ISDN nach, kämen jedoch nicht auf die Idee, uns darüber auf einer Messe von den Ausstellern beraten zu lassen. Vielmehr informieren wir uns in Fachzeitungen über den Stand der Dinge und wenden uns mit konkreten Fragestellungen an neutrale Berater. Sehr wertvoll ist auch der Erfahrungsaustausch mit Organisationsleuten aus anderen Unternehmen. Auf die Anbieter aber möchte ich, gerade was das Thema ISDN angeht, nicht allein angewiesen sein.

Josef Fromme, DV-Leiter, Hesse GmbH, Hamm

In diesem Jahr hätten wir uns den CeBIT-Besuch sparen können. Es war nämlich ein absoluter Reinfall. Wir suchen schon seit einiger Zeit für die Etikettierung unserer Warenauszeichnung neue Drucksysteme, sprich: Laserdrucker. Vor der CeBIT nun kam der Vertreter eines Lieferanten in unseren Betrieb und erklärte uns, man verfüge über einen Laserdrucker, der genau unsere Aufgabenstellung erfüllen könnte und der auf der Messe ausgestellt sei. So packten wir unsere Etiketten ein und fuhren nach Hannover, um uns dieses Drucksystem anzusehen und es zu testen.

Leider war unser Vertreter gar nicht auf dem Stand, nur sein Vorgesetzter. Dieser jedoch hat uns fast gesteinigt, als wir die Etiketten, die wir derzeit verwenden, auf dem angepriesenen Laserdrucker drucken lassen wollten. Grund: Durch die Hitze und die Andruckrolle wäre der Kleber zwischen Haltepapier und Etikette entwichen und hätte den Drucker zerstört. Die Aufregung und das Durcheinander waren natürlich groß. Vor allem bei uns, weil wir mit einigen Mitgliedern unserer Geschäftsleitung angereist waren, die mit uns das System in Augenschein nehmen und dann ihren Segen geben sollten. Wir ordern zwar grundsätzlich nicht auf einer Messe, aber die Geschäftsleitung kann dort ihr Einverständnis geben. Nach dieser Pleite aber war unserer Management verständlicherweise ziemlich verärgert.

Erschwerend hinzu kommen dann noch die rational nicht erklärbaren Empfehlungen daß man bei der Bestellung der Laserdrucker auch die anbietereigenen Etiketten mitordern sollte, weil sonst zum Beispiel keine 100prozentige Funktionsfähigkeit gewährleistet sei. Benutzen wir Etiketten anderer Hersteller, ist der Streit um die Ursache einer Störung vorprogrammiert.

Somit fahre ich eigentlich inzwischen nur noch aus Tradition nach Hannover. Die nötigen Informationen über neue Entwicklungen oder ähnliches lassen sich auf anderen Wegen beschaffen, und für eine Produktdemonstration bedarf es heutzutage ebenfalls keiner Messe mehr. Im Gegenteil: Holt man sich Lieferant und Gerät ins Haus, dann kann man sich in Ruhe informieren, das Produkt testen und selbst in Erfahrung bringen, was machbar ist und was nicht. Da ist die Zeit sinnvoll genutzt und das Ergebnis stimmt auch hinterher.