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CeBIT: 2005 weniger Besucher, mehr Aussteller und Optimismus

16.03.2005
Trotz einer um rund sechs Prozent auf 580.000 gesunkenen Besucherzahl ist die deutsche Messe zufrieden mit der CeBIT 2005. Kritik gab es aber am Konvergenz-Konzept.

HANNOVER (COMPUTERWOCHE) - Bei einer um rund sechs Prozent gesunkenen Besucherzahl, aber etwas mehr Ausstellern als im Jahr 2004 zog Ernst Raue, Mitglied des Vorstands der Deutschen Messe AG, eine positive Bilanz der CeBIT 2005.

Die Besucherzahl der CeBIT 2005 sank gegenüber dem Vorjahr von 510.000 auf 480.000. Die Zahl der Aussteller stieg hingegen. 2004 hatten 6109 Anbieter die Messe frequentiert. Heuer versammelten sich 6270 unter den Hallendächern der Leinestadt.

Die Zahl der Fachbesucher sei, so Raue, auf ein "Rekordniveau" von über 88 Prozent gestiegen, einem Plus von vier Prozent. Im Schnitt habe der Messegast dieses Jahr 27 Stände besucht - eine Steigerung von 30 Prozent. Rund 146.000 Fachbesucher sind nach Angaben der Messeveranstalter "ausschlaggebend in Investitionsentscheidungen eingebunden".

Um sechs Prozent stieg der Anteil der ausländischen Besucher. Diese machen nun 29 Prozent aller Messegäste aus. 35 500 Besucher kamen aus der Region Asien/Pazifik. Dies entspricht einem Wachstum von 42 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Mit diesen Angaben korrespondiert auch die Zunahme der Aussteller aus dem Ausland auf insgesamt 3.300. Raue sprach vom "besten Auslandsergebnis in der Geschichte der CeBIT". Die Volksrepublik China, der Raue eine führende Rolle in der ITK der Zukunft zubilligt, erhöhte die Zahl der ausstellenden Unternehmen von 182 auf 310 erheblich.

Der Mittelstand sowie der Handel hätten ihre starke Position ausbauen können, sagte der Messechef. Über 70 Prozent aller Anwendungen und Lösungen auf der CeBIT 2005 waren auf den Mittelstand ausgerichtet.

Die von der Messegesellschaft befragten inländischen wie ausländischen Aussteller hätten sich, so Raue, durchweg sehr positiv über den Verlauf "ihrer Leitmesse" geäußert.

Top-Themen der CeBIT waren nach den Worten von Raue mobile Dienste, Digital Lifestyle, IT-Sicherheit und IT-Outsourcing Services. Im Bereich Telekommunikation ging es vor allem um UMTS und Voice over IP (VoIP).

Dieter Kempf, Vizepräsident des Bundesverbandes Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) und Vorsitzender des Vorstandes Datev eG, sagte, die Aussteller hätten begrüßt, dass die CeBIT diese Jahr so international wie noch nie zuvor" war. Kempf prognostizierte, dass der deutsche Markt für ITK-Technologie mit 3,4 Prozent stärker als im Vorjahr wachsen" wird.

Es gibt auch Kritik

Stimmen aus der Ausstellerschaft machten aber deutlich, dass die Verantwortlichen der Deutschen Messe AG vor einer Zerreißprobe stehen: Sie werden künftig immer stärker mit der auseinander driftenden Klientel der Entertainement-Branche einerseits und den an IT-Lösungen interessierten Besuchern andererseits konfrontiert sein. Firmen wie Sony, die sowohl Unterhaltungselektronik (UE) als auch Geschäftslösungen auf der CeBIT zeigten, sagten, die Messeveranstalter müssten ein klares Hallenbelegungskonzept vorlegen, um die kommerzielle ITK-Klientel von den UE-Anbietern und -Kunden zu trennen. Ins gleiche Horn hatte der Vorstandsvorsitzende von Fujitsu Siemens Computers (FSC), Bernd Bischoff, gestoßen. Das Koffer- und Uhrenanbietern in Halle 1 neben den Schwergewichten der ITK-Branche mit deren Ausrichtung auf Buiness-Anwendungen auftreten würden, sei nicht gelungen.

Raue wandte sich in diesem Zusammenhang gegen die Behauptung, die CeBIT werde wegen ihrer jetzt klar auch auf Unterhaltungselektronik ausgerichteten Themen - die Messeveranstalter umschreiben dies mit der Konvergenz von IT und Unterhaltungselektronik - mittelfristig die Internationale Funkausstellung (IFA) in Berlin zur Bedeutungslosigkeit verurteilen. Raue hierzu: "Die IFA ist auf den Endkunden ausgerichtet, wir aber auf den Handel."

Bei Sony, einem Unternehmen, das zum einen stark in Unterhaltungselektronik investiert und eine entsprechende Kundschaft adressiert, das zum anderen aber auch Geschäftslösungen wie Viedokonferenz-Systeme anbietet, sieht man die Problematik ähnlich. "Die Messeleitung muss künftig darauf achten, dass diese Angebotsbereiche sauber in verschiedenen Hallen getrennt sind", sagt Firmensprecherin Doreen Pankow.

Hans-Peter Bauer, Vice-President & General Manager Central Europe bei der Symantec Deutschland GmbH stimmt dem zu: "Nur eine klare Trennung der Bereiche durch eine entsprechende Hallenbelegung schafft da Abhilfe." Prinzipiell sieht Bauer aber die positiven Aspekte der Konvergenz. So würden etwa Sicherheitslösungen, die Symantec anbietet, heute in Nokia-Handys eingesetzt.

Raimund Genes, President of European Operation des Sicherheitsspezialisten Trend Micro Deutschland GmbH, ist bezüglich des neuen Messekonzepts verhalten skeptisch. Er hatte sich gemeinsam mit dem benachbarten Konkurrenten Symantec bei der Messeleitung über einen weiteren Aussteller wegen dessen karnevalesker Umtriebe beschwert. Mit lautstarken Sambarhythmen und knapp bekleideten Damen versuchte der Hersteller, auf sich aufmerksam zu machen. Gespräche auf dem Trend-Micro-Stand waren bei so viel Spektakel unmöglich. "Wenn diese Unterhaltungsgeschichten hier auf der CeBIT überhand nehmen sollten, werde ich mir überlegen, ob wir künftig nicht lieber Hausmessen veranstalten und nicht mehr nach Hannover kommen." Genes fügte hinzu, er sei sich absolut sicher, dass es anderen Anbietern von auf kommerzielle Kunden ausgerichteten Produkten genauso gehe.

Genau das ist das Problem. Anbieter von "ernsthaften" IT-Lösungen sehen das Konzept der CeBIT-Veranstalter, die Unterhaltungselektronik in die Messe zu integrieren, als Verwässerung der Hannoveraner ITK-Veranstaltung. Das lärmige Unwesen der UE-Anbieter und ihrer Besucherklientel und die zunehmend fehlende Fokussierung der CeBIT macht insbesondere den auf Geschäftskunden konzentrierten Ausstellern zu schaffen.

Die Verantwortlichen der Messe hingegen sehen keinen Weg mehr zurück von dem, was sie Konvergenz der Techniken ITK und UE nennen. Messechef Raue sagte, noch vor zwei Jahren habe man sich gegen Aussteller aus der UE-Sparte verwahren wollen: "Aber die Konvergenz zwischen IT und UE ist nicht mehr aufzuhalten."

Die nächste CeBIT findet vom Donnerstag, den 9. März 2006, bis Mittwoch, den 15. März 2006, statt.

(jm)