Objektorientierung im Bankensektor

CASE-Entwicklung bei GRK: Re-Engineering muß sein

24.07.1998

Mit einem Komplettangebot aus Software, Hardware, Netzbetreuung und Beratung versorgt die Entwicklungsgesellschaft für Informationsverarbeitung des GRK rund 100 Banken in Kurhessen, Thüringen und Sachsen. Auch obliegt dem 80köpfigen Entwicklungsteam die Wartung der Netze für die zirka 6000 Einzelhändler, die mit Kreditkarteninstituten zusammenarbeiten.

Dreh- und Angelpunkt im Dienstleistungs-Portfolio der Kasseler ist allerdings die Bankenanwendung "Rubin 2000 Plus", die bei sämtlichen GRK-Kunden zum Einsatz kommt. "Rubin 2000 Plus dient allen Anforderungen mit Ausnahme des Wertpapiergeschäfts", erläutert Dieter Wienand, Abteilungsleiter bei der GRK. Dazu gehören beispielsweise das Selbstbedienungsgeschäft an Geldautomaten, Multimedia-Informationssysteme oder die Bürokommunikation in der Sachbearbeitung.

"Wir haben 1995 angefangen, uns zusammen mit dem Fraunhofer-Institut mit der Objektorientierung zu beschäftigen", blickt Manager Wienand zurück. "Mit 4GL-Tools konnten wir zwar schnell erste Ergebnisse erzielen, die anschließende Erweiterung und Wartung des Produkts erwies sich hingegen als ungleich komplizierter und aufwendiger als mit objektorientierten Werkzeugen." Konkret sei das GRK mit Hilfe der objektorientierten Technologie in der Lage, Teilbereiche von Rubin 2000 Plus unabhängig vom Gesamtsystem zu warten und erweitern: "Wir können jetzt seitlich in die Entwicklung einsteigen und die Klassen separat modifizieren. Das verstehe ich unter Re-Engineering." Wichtig sei in diesem Zusammenhang beispielsweise, aus bestehendem Sourcecode wieder ein Analyse- und Designmodell generieren zu können.

Gründe genug für die GRK, sich vor wenigen Monaten nach einem modernen CASE-Tool umzusehen, das die permanente Weiterentwicklung und Wartung, vor allem aber auch die bevorstehende Euro-Unterstützung meistern sollte. Ziel war ein reibungsloser Ablauf klassischer Dialog- und Batch-Anwendungen, OS/2- und Windows-NT-Ablauffähigkeit sowie ein Re-Engineering des vorhandenen Sourcecodes von Rubin 2000 Plus. Unumgänglich war darüber hinaus die Unterstützung der Unified Modelling Language (UML), einer zum Standard avancierten objektorientierten Designmethode.

Im Rahmen dieser Vorgaben haben sich die DV-Dienstleister kürzlich für die Einführung des CASE-Tools "Innovator" des Nürnberger Herstellers MID als "zentrales Werkzeug" entschieden. "Die aktuelle Version 6.05 des Innovator besitzt viele Schnittstellen für Editoren, und auch die Datenmodellierung und das Generieren von Codegerüsten sind überzeugend", bricht Wienand-Kollege Dirk Liebermann eine Lanze für das Tool. Vor der Entscheidung habe man jedoch auch die Konkurrenzprodukte "Rational Rose" von Rational und "Paradigm Plus" von Paradigm unter die Lupe genommen.

"Paradigm Plus fiel aus dem Wettbewerb, weil es OS/2 nur sehr schlecht unterstützt, das unsere Banken größtenteils noch im Einsatz haben", so Wienand. Ferner habe es "erhebliche Probleme bei der Codegenerierung und beim Re-Engineering gegeben", fügt Liebermann hinzu.

Wesentlich knapper endete das Rennen zwischen den Tools Innovator und Rational Rose. Unzureichende OS/2-Unterstützung und vor allen Dingen ein "nicht zufriedenstellendes Re-Engineering" ließen Rationals CASE-Werkzeug scheitern. "Rational Rose", so das Resümee von Manager Wienand, "mag sich für kleine Projekte durchaus eignen, für größere Aufgaben war es aber weniger geeignet".

Für den Innovator sprechen die Unterstützung von Cobol, C++ und Java-Code sowie die Unterstützung der Corba-Middleware. Gelobt wird auch das Versions-Repository, mit dem Projektstände kontrolliert und wiederhergestellt werden können. Kritik übt Liebermann an der zu komplizierten Handhabung der Wiederverwendung von Klassen innerhalb des MID-Werkzeug.