Die Auswirkungen der IS:Energy-Fusion

Cap Gemini: Unbekannter Outsourcer

21.12.2001
MÜNCHEN - In wirtschaftlich schwierigen Zeiten gedeiht innerhalb der IT-Servicebranche vor allem der Outsourcing-Markt. Für Cap Gemini Ernst & Young besteht speziell in Deutschland noch Nachholbedarf, will das Unternehmen von dieser Entwicklung profitieren. CW-Bericht, Joachim Hackmann

Zum Start der deutschen Niederlassung in Bad Homburg im Jahr 1998 waren die Prioritäten klar: Den Einstieg in den hiesigen IT-Servicemarkt suchte das Unternehmen Cap Gemini mit Beratungs- und Integrationsdiensten, nicht mit dem Outsourcing-Geschäft. Erst mit der Übernahme der IT-Beratungssparte der Rechnungsprüfer von Ernst & Young im März 2000 ergaben sich neue Möglichkeiten: Das Unternehmen brachte eine 51-prozentige Beteiligung an Synergis, dem Konglomerat aus allen IT-Abteilungen der Energierversorger Preussen Elektra und Veba, in die Hochzeit ein. Plötzlich hatte Cap Gemini Deutschland nahezu ohne eigene Anstrengungen ein Standbein im deutschen Outsourcing-Markt.

Eon lockt mit ProjektenAllerdings wurde Synergis nun mit Gedos zum IT-Dienstleister IS:Energy verschmolzen (siehe Kasten "IS:Energy startet"). Infolgedessen sank die Cap-Gemini-Beteiligung an der IT-Tochter des Versorgungskonzerns Eon auf 25,22 Prozent, und das hat Folgen: "Wir vermarkten IS:Energy nicht unter eigener Flagge, sondern unsere eigenen Dienstleistungen", muss Hartmut Götz, Vice President und Leiter Outsourcing der deutschen Niederlassung in Rüsselsheim, einräumen. Lediglich als Subkontraktor speziell im Infrastrukturbereich wird Cap Gemini auf die Ressourcen der Eon-Tocher zugreifen. "Es gibt aber kein Dogma, das vorschreibt, auf die Ressourcen von IS:Energy zurückzugreifen", schränkt Götz ein. Als Outsourcing-Standbein ist das einstige Unternehmen Synergis also verloren, und die Beteiligung an IS:Energy kein vollwertiger Ersatz. "Die Verbindung zwischen Cap Gemini Ernst & Young und IS:Energy lässt sich sicher nicht als Outsourcing-Abkommen bezeichnen", bestätigt Christophe Chalons, Geschäftsführer des Marktforschungshauses PAC GmbH in München.

Bleibt die Frage, warum der IT-Dienstleister mit seiner 51-prozentigen Beteiligung an Synergis der Fusion mit Gedos zu IS:Energy zugestimmt hat. Die Antwort darauf ist sicher im Mutterkonzern des Marktneulings zu suchen, denn im Zuge der Fusion von Veba und Viag zum Eon-Konzern steht beim Energieversorger eine Vielzahl von Projekten auf der Liste. Cap Gemini Ernst & Young, das in jüngster Vergangenheit von durchwachsenen Umsatz- und Ertragszahlen sowie weltweit einigen tausend Entlassungen gebeutelt wurde, kann dies Chance nicht ungenutzt lassen. "Wir werden Eon tatkräftig unterstützen", kündigte Götz bereits an. "Priorität hat die Harmonisierung der Plattformen und Systeme bei Eon-Energie. Das gestalten wir maßgeblich mit."

Einmal mehr, so scheint es, wurde dem schnellen Projektgeschäft der Vorzug vor langfristigen Perspektiven im Outsourcing-Markt gegeben. Allerdings steht der französische Dienstleister heute auch ohne die RZ-Ressourcen von Synergis beziehungsweise IS:Energy nicht mit leeren Händen da, denn im Juli dieses Jahres übernahm Cap Gemini Ernst & Young den RZ-Betrieb des Baukonzerns Hochtief. Dessen Tochter, die Hochtief Software, erwirtschaftete im Jahr 2000 mit rund 250 Mitarbeitern einen Umsatz von rund 43 Millionen Euro. (Zum Vergleich: Synergis nahm im selben Zeitraum 174 Millionen Euro mit 347 Mitarbeitern ein.) Daneben laufen noch kleinere Outsourcing-Abkommen etwa mit dem Leasing-Haus Autop und einigen Kunden im Handelsbereich. Außerdem zählt die Adam Opel AG zu den Kunden der hiesigen Niederlassung. Für den Autobauer wickeln immerhin knapp 300 Mitarbeiter von Cap Gemini Ernst & Young das Application-Management ab. Allerdings wurde dieser Vertrag nicht auf deutscher, sondern auf europäischer Ebene mit General Motors abgeschlossen.

Fraglich ist, ob diese Outsourcing-Aktivitäten den Ansprüchen genügen. Die Messlatte für die deutschen Mitarbeiter dürfte die internationale Position von Cap Gemini sein: "Weltweit wie europaweit zählt Cap Gemini zu den zehn größten Outsourcern, wenn auch mit deutlichem Abstand zu den Marktführern IBM Global Services und EDS", zitiert Chalons die Markterhebungen von PAC. Ihre Sporen in diesem Markt verdienten die Franzosen vornehmlich durch Applikations-Outsourcing beziehungsweise Application-Management - eine Spezialität, die das Unternehmen vor mehr als 20 Jahren erfunden hat, behauptet Götz. Bis heute schraubte das Cap Gemini Ernst & Young den Anteil des Outsourcing-Umsatzes an den weltweiten Gesamteinnahmen auf 20 Prozent hoch.

IS:Energy-Beteiligung noch verhandelbar?Das geschah allerdings weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit: "Cap Gemini wird vom Markt noch nicht als Outsourcing-Anbieter wahrgenommen", legt PAC-Analyst Chalons ein Defizit offen. Das ist zumindest bezogen auf Deutschland nicht verwunderlich, soll sich aber ändern: "Natürlich sind wir bemüht, eine größere kritische Masse zu erzielen", gibt sich Götz kämpferisch, "wir streben ein schnelles Wachstum an und werden nicht nur organisch zulegen." Vielleicht tut sich auch noch etwas im Umfeld des Eon-Konzerns: "Cap Gemini hat sicher gehofft, die Mehrheit an IS:Energy übernehmen zu können", vermutet Chalons, "Dies ist zwar nicht eingetreten, ich denke aber, dass dieses Thema noch nicht endgültig entschieden ist."

IS:Energy startetAngesichts der derzeitigen Konsolidierungswelle unter den Energieversorgern war der Schritt wohl nahe liegend: Die in Düsseldorf ansässige Eon Energie AG, selbst hervorgegangen aus der Fusion der früheren Mischkonzerne Veba und Viag, bündelt ihre IT-Aktivitäten im neuen Joint Venture IS:Energy GmbH, das wiederum aus einem Merger der IT-Dienstleister Gedos mbH (ehemals zur Viag/Bayernwerk-Gruppe gehörend) und Synergis GmbH (1999 als Gemeinschaftsunternehmen von Cap Gemini Ernst & Young Consulting und Preussen Elektra AG gegründet) hervorgegangen ist. Der Düsseldorfer Energieriese ist zu 74,78 Prozent an IS:Energy beteiligt; den Rest der Anteile hält Cap Gemini durch sein früheres Engagement bei Synergis.

Auf der Gründungs-Pressekonferenz von IS:Energy Anfang Dezember in Hannover sparte das Management nicht mit starken Worten: Das Unternehmen sei mit einem Umsatz von 290 Millionen Euro (Plan 2001) vom Start weg "der größte IT-Full-Service-Dienstleister für die Energiewirtschaft in Deutschland". Man rechne mit der branchenüblichen Umsatzrendite von 15 Prozent.

Summa summarum sind das ehrgeizige Vorgaben für das Unternehmen mit Sitz in Hannover, das derzeit rund 1000 Mitarbeiter beschäftigt und alle Facetten eines klassischen IT-Service-Anbieters abdeckt. Andererseits hat IS:Energy mit dem typischen Problem aller ausgegründeten IT-Dienstleister zu kämpfen: Lediglich zehn Prozent der Einnahmen werden derzeit durch Aufträge bei konzernfremden Gesellschaften erwirtschaftet. Mittelfristig soll dieser Anteil aber auf 25 Prozent steigen.

Recht geschickt machen die Hannoveraner aber aus ihrer Not eine Tugend. Ähnlich wie beim einzigen in Deutschland verbliebenen großen Wettbewerber RWE stehen auch beim Eon-Konzern die Zeichen auf Fokussierung aufs Kerngeschäft Energie - dort aber auf weitere nationale und internationale Expansion. Schon bei der Gründung des Eon-Energie-Konzerns sei man mit der Schaffung einer einheitlichen Basis für kaufmännische und energiewirtschafliche Geschäftsprozesse betraut gewesen; mehr als 100 Konzerngesellschaften waren auf die gemeinsame Plattform umzustellen, hieß es. So betrachtet sei man mit dem weiter geplanten Wachstum der Konzernmutter "gut ausgelastet", auch wenn diese IS: Energy bei Projektausschreibungen in Zukunft "wie jeden anderen externen Wettbewerber" behandeln werde. (gh)

Abb: Die Erfolgsquoten von Outsourcing-Abkommen

Das komplette Outsourcing von IT ist ein heikles Thema und nicht immer von Erfolg gekrönt. Werden nur Teile der IT ausgelagert, steigt die Quote der zur Zufriedenheit abgeschlossenen Vorhaben. In die Betrachtung flossen Ergebnisse von weltweit wichtigen Outsourcing-Deals. Quelle: Gordon & Glickson P.C.