Beratungsteam mit 60 000 Mitarbeitern entsteht

Cap Gemini kauft Consulting-Sparte von Wirtschaftsprüfer Ernst &Young

03.03.2000
MÜNCHEN (CW) - Das mehrmonatige Werben des französischen Dienstleisters Cap Gemini um den IT-Consulting-Sektor der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young hatte Erfolg: Für elf Milliarden Euro übernehmen die Franzosen die Geschäftseinheit.

Dem Zusammenschluss stehen nur noch einige Formalitäten im Weg. So müssen bis Ende März noch die rund 5000 Partner des Wirtschaftsprüfungskonzerns ihr Plazet geben. Im Mai sind dann noch die Aktionäre von Cap Gemini gefordert, die auf der Jahreshauptversammlung ihren Segen geben sollen.

Ernst & Young hat nach Angaben des "Wall Street Journal" deutlich gemacht, man werde die Übernahmebedingungen noch einmal überdenken, falls sich eine der größeren Landesgesellschaften gegen den Deal stelle. Allerdings sagte Philip Laskawy, Chairman und Chief Executive Officer (CEO) der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, er sei zuversichtlich, dass die Niederlassungen in den USA, Kanada, Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien die Vereinbarung mittrügen.

Cap Gemini will mit 43,5 Millionen neu auszugebenden Aktien sowie mit Barmitteln von 375 Millionen Euro zahlen. Der Kaufpreis liegt rund 2,75-mal über dem Jahresumsatz des betroffenen Ernst & Young-Geschäftsbereichs - und damit deutlich über den Erwartungen von Marktanalysten.

Rund 36 Prozent des Gesamtkapitals liegen nach der Fusion bei den Wirtschaftsprüfern und Consultants von Ernst & Young. Ein gemeinsames Management-Team soll die Geschicke des fusionierten Unternehmens lenken. Den Namen Ernst & Young darf Cap Gemini für den erworbenen Consulting-Bereich theoretisch vier Jahre weiter nutzen, de facto wird er jedoch schon bald wegfallen.

Weitere Akquisition in Deutschland geplantDie Franzosen wollen die übernommenen Einheiten in ihre bestehende Geschäfts- und Management-Struktur integrieren. Zu den eigenen 40000 Mitarbeitern weltweit kommen nun weitere 20000 Beratungsspezialisten. Der Jahresumsatz dürfte sich nahezu auf acht Milliarden Euro verdoppeln. Für Cap Gemini besonders wichtig ist die nun starke Präsenz in den USA, wo Ernst & Young im IT-Beratungsgeschäft rund 60 Prozent seiner Einnahmen erzielt, sowie die deutlich vergößerte Mannschaft in Deutschland. Um hierzulande mehr Marktanteile zu gewinnen, erwägt Cap-Gemini-Chef Paul Hermelin sogar noch eine weitere Akquisition.

Als positiv für die Übereinkunft mit Ernst & Young sieht der französische Topmanager die Tatsache, dass sich beide Unternehmen in jüngster Zeit für das Internet-Geschäft neu aufgestellt haben. Ernst & Young hatte erst vor wenigen Wochen mitgeteilt, man werde rund fünf Prozent (400 Mitarbeiter) des amerikanischen Beratungsteams entlassen, um den Geschäftsschwerpunkt auf Internet-Services zu verlagern. Nach Angaben des Brancheninformations-Dienstes "Computergram" sind weitere Entlassungen nicht ausgeschlossen.

Ernst & Young kommt mit dem Verkauf den Forderungen der US-Börsenaufsicht entgegen, die in letzter Zeit zunehmend kritisch auf die Aktivitäten der großen Wirtschaftsprüfer in Sachen IT-Beratung geblickt hatte. Bemängelt wurde, dass die Auditoren bei der Buchprüfung immer wieder über Unregelmäßigkeiten hinweggesehen hätten, wenn seitens der Kunden lukrative Aufträge im Consulting-Sektor winkten. Vor diesem Hintergrund könnte der Verkauf der Beratungseinheit von Ernst & Young erst der Anfang sein.