CeBIT 2014

Cameron sucht Schulterschluss mit Deutschland

10.03.2014
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Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Deutsches Industrie-Know-how und britische Mikrotechnologie ergänzten sich prima, wenn es gelte, Zukunftsmärkte zu adressieren - das sagte der britische Premierminister David Cameron zur Eröffnung der CeBIT. Großbritannien ist 2014 das Partnerland der ITK-Messe.

"Datability - ein Motto, das zum Träumen einlädt und zum Weitermachen", mit diesen Worten eröffnete Bundeskanzlerin Angela Merkel die diesjährige CeBIT. Big Data biete Möglichkeiten, Verkehrsströme effizienter zu steuern, die medizinische Versorgung zu verbessern und mit Energie sparsamer umzugehen. Aber es müsse auch klar sein, dass Datenmuster richtig gedeutet werden müssten, warnte die CDU-Politikerin vor zu viel Technikhörigkeit und appellierte an die "Selbstbehauptung des Menschen".

Cameron schwört auf IT-Innovation

Wie Merkel träumt auch David Cameron, Premierminister des diesjährigen CeBIT-Partnerlandes Großbritannien, von den Möglichkeiten, die sich durch die anstehenden technischen und digitalen Revolutionen ergeben. "Volkswirtschaften können nur dann erfolgreich sein, wenn sie innovative Techniken unbeirrbar vorantreiben", sagte der Regierungschef. Er verwies auf Förderprogramme, die erfindungsreichen Startups im Vereinigten Königreich Steuererleichterungen gewährten, sowie auf zahlreiche Hightech-Cluster, die sich in den vergangenen Jahren auf der Insel etabliert hätten.

Zugleich beschwor Cameron die Notwendigkeit, enger zusammenzuarbeiten, um Innovationen länderübergreifend fördern und vorantreiben zu können. Seiner Einschätzung nach böte sich in den Bereichen Ausbau der Breitbandnetze, Schaffung eines gemeinsamen digitalen Binnenmarktes sowie dem Internet der Dinge viel Potenzial. Der britische Premierminister rief zu mehr Kooperation auf. Angesichts der neuen, durch IT getriebenen industriellen Revolution sollten sich Deutschland und Großbritannien an die Spitze der Entwicklung setzen. "Das Internet der Dinge darf kein Slogan bleiben, sondern muss Realität werden", appellierte Cameron an die Zuhörer. Britisches Know-how in Chiptechnik und Design gepaart mit deutscher Industriekultur bildeten ein perfektes Team.

Merkel nahm die Einladung an und sagte, sie freue sich auf eine engere Zusammenarbeit mit Großbritannien. "Europa muss einen digitalen Binnenmarkt schaffen", betonte die Kanzlerin. Das sei notwendig, um im globalen Wettbewerb bestehen zu können. Hier müsse man aufholen: "Wir werden intensiv daran arbeiten."

Auch VW-Chef Martin Winterkorn sprach sich zum CeBIT-Auftakt für neue Kooperationen aus. In der künftigen Automobilentwicklung würden IT und die Digitalisierung eine entscheidende Rolle spielen. "Auto und Computer sind Jahrhunderterfindungen", stellte der Manager fest. Deshalb sei es eine spannende Entwicklung, wenn beide Welten näher zusammenrückten. Schon heute stecke in jedem Fahrzeug die Rechenpower von etwa 20 PCs: "Das Auto steht vor einer neuen Ära der Digitalisierung."

Symbiose von Auto- und IT-Technik

Als Beispiel führte Winterkorn das autonome Fahren an. Benötigte die Technik vor einiger Zeit noch den gesamten Kofferraum an Platz, passe sie heute auf eine Platine. "Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich das autonome Fahren etablieren wird", prognostizierte der VW-Chef. Allerdings könne kein Unternehmen die Technik im Alleingang entwickeln. Dazu sei die ganze Thematik zu komplex. "Hier braucht es den Schulterschluss von IT- und Automobilindustrie."

Aber auch die Politik sieht Winterkorn in der Pflicht, einen Rahmen für entsprechende Entwicklungen zu schaffen, und nannte als Beispiel eine Initiative der US-Regierung. Um hier nicht den Anschluss zu verpassen, suchen die Wolfsburger Kooperationen mit der IT-Industrie. Mit Google habe man erst kürzlich eine Zusammenarbeit vereinbart, sagte Winterkorn. Er würde sich jedoch freuen, wenn auch bald deutsche und europäische IT-Anbieter in diesem Zukunftsmarkt mit dabei wären.

Bundeskanzlerin Merkel kündigte an, dass sich die Politik nicht vor den anstehenden Aufgaben drücken werde. Es gehe darum, für die kommende, immer stärker digitalisierte Welt einen Rechtsrahmen zu schaffen: "Das kann allerdings nicht nur auf nationaler Ebene passieren." Zunächst gelte es, die Hausaufgaben in Europa zu erledigen. In einem nächsten Schritt müssten die Initiativen weiter gefasst und international betrachtet werden. Beispielsweise müssten die Regeln auch mit den USA verhandelt werden. An dieser Stelle sei noch einiges zu besprechen, ließ Merkel durchblicken - sicher auch mit Blick auf die Ausspähskandale der Geheimdienste.

Die Verstimmungen, an denen auch der britische Geheimdienst GCHQ seinen Anteil hatte, waren zur CeBIT-Eröffnung indes kein Thema. Weder Cameron noch Merkel nahmen in ihren Eröffnungsreden darauf Bezug. Offenbar sollen keine Misstöne die Träume von technischen Innovationen und damit verbundenem wirtschaftlichem Wachstum stören.