Web

Call Center World: Die Branche hadert mit ihrem Image

23.02.2005

BERLIN (COMPUTERWOCHE) - Die Call-Center-Branche trotzt der Diskussion um die Verlagerung von Arbeitsplätzen in Niedriglohnländer: Im vergangenen Jahr wurden 25.000 neue Arbeitsplätze für 40.000 Agenten geschaffen. Gegenüber 2003 entspricht dies einem Zuwachs von 15 Prozent. Insgesamt arbeiten einer Erhebung des Branchenverbands Call Center Forum e.V. nun 330.000 Mitarbeiter in geschätzten 5500 Kommunikationszentralen in Deutschland. Im laufenden Jahr, so der Tenor auf der derzeit laufenden Fachmesse Call Center World des Veranstalters Management Circle, wird das Wachstum kaum geringer ausfallen. "Damit ist die Branche ein wichtiger Job-Motor in Deutschland", freute sich Manfred Stockmann, Präsident des Call Center Forums.

Doch die Branche klagt, ihre Verdienste würden nicht ausreichend gewürdigt. In der Öffentlichkeit herrsche das Bild von einem Umfeld vor, in dem frei vom jeglichen Arbeitsrecht die Agenten zu Höchstleistungen am Telefon getrieben würden. Zudem machen Verbraucherschützer Front gegen zum Teil aggressive Verkaufsaktionen, in denen es häufig lediglich darum geht, Adressen zu gewinnen. Last, but not least legte die Politik den Betreibern mit dem im letzten Jahr verabschiedeten UWG-Gesetz einen Stein im Weg. Das Gesetzt räumt den hiesigen Kunden über das von der EU vereinbarte Maß hinaus Rechte beim Verbraucherschutz ein und erschwert damit Anrufaktionen. "Damit treibt die Politik die Betreiber ins Ausland mit liberaleren Regelungen", schimpfte Michael Martin, Vorsitzender des Council Telemedien- und Call-Center-Services im DDV.

Doch bevor sich die Branche abdrängen lässt, versucht sie, den verbleibenden Handlungsspielraum auszuschöpfen. Zudem sollen freiwillige Selbstbeschränkung und Qualitätsoffensiven Image und Transparenz verbessern. Um schwarze Schafe schneller erkennen zu können, wollen die Verbände ein Zertifizierungsprogramm für Call-Center-Betreiber entwickeln. Zudem schlug Stockmann vor, nach US-amerikanischem Vorbild eine verbindliche "Do-not-call"-Liste einzuführen. Sie beinhaltet die Telefonnummern der Haushalte, die im Rahmen von Marketing-Aktionen nicht angerufen werden möchten.

Auf der Call Center World wurden aber auch vorbildliche Betreiber ausgezeichnet. Wie jedes Jahr lobte Management Circle auch 2005 jeweils einen CAT-Award für Manager aus Deutschland, Österreich und der Schweiz aus. Der deutsche Sieger heißt Stefan Lettmeier. Er leitet das Call Center der DAB Bank, das er während der Bankenkrise von einem Betreuungsservice für Kunden zu einem neuen Vertriebskanal des Finanzinstituts ausbaute. Aus der Schweiz wurde Daniel Hügli von der Luzerner Kantonalbank ausgezeichnet. Er steigerte die Qualität der internen Telefonzentrale und ergänzte ihr Portfolio um Outbound-Aufgaben. Der österreichische Gewinner heißt Milosch Godina vom Mobilfunkbetreiber One. Er konnte die mit neun Experten besetzte Jury mit einem Projekt überzeugen, das die Telefonzentrale von einem Cost- in ein Profit-Center verwandelte. (jha)