Service Center in der Kritik

Call-Center: Jung und unprofessionell

13.02.2008

Call-Center beuten ihre Mitarbeiter aus

Kerstin S., Dresden: "Ich habe für ein Outbound-Center Zeitschriften und Bücher verkauft. Die Mitarbeiter wurden allesamt als freie Handelsvertreter beschäftigt. Nur in der Einarbeitungszeit gab es einen festen Stundenlohn von fünf Euro, danach wurden wir bloß noch auf Erfolgsbasis bezahlt. Bei meiner Einstellung hieß es, man könne zwölf bis 13 Euro die Stunde verdienen. Ich habe etwa sieben bis acht Euro geschafft. Einige Mitarbeiter mussten sich mit einem Stundenlohn unter fünf Euro begnügen." Die Branche ist in eine preisliche Abwärtsspirale geraten und gibt den Druck an ihre Angestellten weiter. Das gilt nicht nur für Raubritter, die mit ihren Call-Centern schnelles Geld verdienen wollen, sondern auch für seriöse Anbieter. Im Inbound-Geschäft, also bei der Anrufannahme von Kundengesprächen, wird die Produktivminute eines Agenten derzeit für 38, zum Teil auch für 36 Cent verkauft. Pro Stunde können Mitarbeiter etwa 42 bis 48 Minuten telefonieren, nur diese Zeit bezahlen die Auftraggeber. Im ungünstigen Fall erlösen die Call-Center also rund 15 Euro pro Stunde. Davon müssen sie den Agenten, das Management, die Betriebskosten und Investitionen in die Technik bezahlen. Wen wundert es da, dass die Betreiber beim Gehalt geizen und den Einfluss der Gewerkschaften scheuen. Bis heute konnte beispielsweise die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft Verdi nicht in der Call-Center-Branche Fuß fassen.

Einige Anbieter haben mit der Auslagerung der Arbeitsplätze in Niedriglohnländer reagiert. Eine besondere Rolle spielt zudem Istanbul, wo die Anbieter zweisprachig aufgewachsene Türken einstellen. "Das Nearshore-Thema wird übertrieben dargestellt", winkt CCF-Präsident Stockmann ab. Seiner Einschätzung zufolge bedienen weniger als 10.000 ausländische Agenten deutsche Kunden.

Problematisch ist der Teufelskreis aus Preisdumping der Anbieter, Kostendruck der Kunden und kurz laufenden Verträgen. Die großen und etablierten Anbieter drücken die Preise, weil sie von wenigen großen Kunden abhängig sind. Laufen die Abkommen aus, deren Laufzeit sich oft nur über Monate erstreckt, geraten die Call-Center-Betreiber in Zugzwang. Sie müssen den Kunden behalten, um die aufgebaute Belegschaft weiter beschäftigen zu können. Die Auftraggeber wiederum betonen zwar die Qualität in der Kundenbetreuung. Den Erfolg ihrer Einkäufer für Serviceleistungen bewerten sie in der Regel aber an finanziellen Kenndaten und nicht anhand der Servicequalität.

Der Ausweg aus der Spirale führt nur über gute Leistung: Auftraggeber müssen Qualität nachfragen, die Betreiber müssen sie liefern. "Schwarze Schafe können wir nicht verhindern. Auch in anderen Branchen gibt es Gesetzesbrecher. Was mich ärgert, sind die schlechten Kampagnen etablierter Anbieter. Hier haben wir noch ein Qualitätsproblem", schimpft Stockmann. Gut gemeinte Aktionen wie das einheitliche Gütesiegel von Call-Center-Forum und DDV (Deutscher Direktmarketing Verband e.V.) allein bringen nichts, wenn die Call-Center einen schlechten Job machen.