Mercury-Mutter betreibt Netze in 35 Ländern

Cable & Wireless konzentriert sich auf Facilities Management

03.04.1992

LONDON (pg) - Mit dem Startschuß für den weltweiten Fax-Service "Surefax" in Deutschland will die Cable & Wireless (C&W) Deutschland GmbH, Frankfurt, beginnen, hierzulande das Image der grauen Maus abzulegen. Zusammen mit der starken Mutter Cable & Wireless Plc. strebt die GmbH vor allem aber ein Ziel an: internationalen Unternehmen Dienste wie Facilities Management auf dem eigenen, globalen Netz anzubieten.

Der Bekanntheitsgrad des britischen Unternehmens in Deutschland ist bislang eher gering, obwohl die Cable & Wireless Plc. ein bedeutender Player im TK-Geschäft ist. Immerhin reicht das Angebotsspektrum von nationalen und internationalen Telefondiensten über Daten- und Satellitenkommunikation bis hin zu Mobilfunkdiensten. Insidern sind die Briten insbesondere wegen ihrer Beteiligung mit fünf Prozent am D2-Konsortium Mannesmann Mobilfunk GmbH sowie als 100prozentige Mutter der Mercury Communications Ltd. bekannt, die als erster privater Anbieter neben der halbstaatlichen British Telecom in Großbritannien zugelassen wurde.

Als Vorteil bei der Realisierung des ehrgeizigen Zieles Großkunden international hochwertige Services zu liefern könnte sich für C&W das vorhandene Potential an eigenen Netzen sowie die Erfahrung als Netzbetreiber erweisen. Der Konzern ist weltweit in über 50

Ländern tätig und tritt in 35 Staaten als Netzbetreiber auf.

Paradestück der Londoner ist der "Global Digital Highway", ein auf Glasfaser-Technologie basierendes, digitales Breitband-Kabelsystem, das bei einer Übertragungsrate von 420 Mbit/s den Durchsatz hoher Datenraten erlaubt. Das Netz verbindet die wichtigsten Wirtschaftszentren Europas, Nordamerikas sowie Asiens und stellt die Basis für die weltweit verfügbaren Dienste des Unternehmens dar.

Weitere Services sollen demnächst folgen

Auf die internationalen Netzkapazitäten des Konzerns wird jetzt auch die deutsche Tochter von C&W ihre Angebote stützen. Neben dem Mehrwertdienst Surefax (siehe CW Nr. 9 vom 28. Februar 1992, Seite 34) sollen im Laufe des Jahres im Bereich der Datenkommunikation weitere Services folgen. Zu den Dienstleistungen werden dann laut Wolfgang Rucker, Geschäftsführer der C&W Deutschland GmbH, internationale Mietleitungen mit End-to-end-Verbindungen und One-stop-Shopping, weltweit virtuelle Netzwerke für Unternehmen mit Daten- und außerhalb Deutschlands auch Sprachkommunikation sowie Facilities Management zählen.

Unter Facilities Management verstehen die Frankfurter die Abwicklung von TK-Dienstleistungen in großen Gebäuden oder für Unternehmen durch interne und externe Knotenpunkte unter Bereitstellung der Hardware, Software sowie des Bedienungspersonals. Deutsche Unternehmen wie Siemens und einige Großbanken, die weltweit operieren, gehören nach Angaben von Brucker bereits zum Kundenstamm von C&W.

Mit der Präsenz in Deutschland durch die C&W Deutschland GmbH ist der Mutterkonzern in London seinem Ziel, das Engagement in Europa zu verstärken, ein Stück näher gekommen. Gemessen am Umsatz, rangiert der europäische Markt einschließlich Großbritannien mit 527 Millionen Pfund (rund 1,4 Milliarden Mark) bereits an zweiter Stelle hinter dem asiatischen und pazifischen Raum (698 Millionen Pfund), wo C&W als Netzbetreiber traditionell sehr stark vertreten ist.

Gegenüber der Konkurrenz will man sich vor allem durch Kundennähe unterscheiden. Aufgrund der hohen Flächendeckung der Netzinfrastruktur will C&W Großkunden insbesondere mit den Argumenten des direkten Zugriffs und der Verbindungsstrukturen sowie Premium Services ködern, die nach Ansicht der Briten in den nächsten Jahren eine starke Nachfrage erfahren werden. Dieser Bereich soll mit Facilities Management, Managed Network Services, Store-and-forward-Dienste sowie EDI-Applikationen abgedeckt werden.

Neben dem Geschäft mit Premium Services setzen die Verantwortlichen auf den weiteren Ausbau von Basisdiensten, wie die Sprach- und Datenkommunikation. In der Londoner Zentrale rechnen sich die Strategen durch die Liberalisierung des Wettbewerbs in Europa zusätzliche Marktchancen aus. "Die Liberalisierung ist in Europa noch nicht soweit fortgeschritten, wie allgemein angenommen wird", begründet Jim Norton, Business Developement Manager, den Optimismus bei C&W. Bisher, so Norton, seien erst knapp 20 Prozent des Marktes für den Wettbewerb offen.

In zehn Jahren, so die Strategie des Managers, soll C&W als führender transnationaler Anbieter von Business-Diensten fest im Markt etabliert sein. "C&W ist jetzt auf dem Sprung, ein internationaler Anbieter zu werden", sagte Norton, räumte aber auch ein, daß mit dem Prädikat international viel Schindluder getrieben werde. Das Ziel seines Unternehmes sei weniger, im Mietleitungsgeschäft in Konkurrenz zu den PTTs zu treten, als vielmehr für international agierende Großunternehmen mit globalen Services TK-Lücken zu schließen.

Die Fokussierung auf Teilmärkte beziehungsweise die Konzentration auf bestimmte

Kunden und Nutzergruppen ist nach Ansicht Nortons kein Nachteil. Konkurrenten wie Syncordia fürchtet Norton deshalb nicht, weil ein solches Unternehmen - insbesondere dann, wenn mehrere große PTTs beteiligt sein sollten - sehr schwerfällig sei. Syncordia werde nur dann Erfolg haben, so der Experte, wenn es nicht auf die Netze der Shareholder zurückgreife, sondern ein eigenes Netzwerk aufbaue.

Ambitionen von C&W, sich an der Ausschreibung für die E1-Lizenz im Mobilfunk zu bewerben, dementierte Norton. Die Wahrscheinlichkeit, den Auftrag zu bekommen, sei

gering, weil das Unternehmen am Konsortium Mannesmann Mobilfunk GmbH beteiligt ist.