CA und Microsoft ebenfalls an Akquisition interessiert Knowledgeware nach Ehe mit Big Blue bei Sterling CW-Bericht, Karin Quack

05.08.1994

MUENCHEN - Die Knowledgeware Inc. wird ihre Selbstaendigkeit aufgeben. Durch eine Aktientransaktion, deren Wert das Unternehmen mit 143 Millionen Dollar beziffert, laesst sich der in Atlanta ansaessige Anbieter von Software-Entwicklungswerkzeugen voraussichtlich im November dieses Jahres vom System-Management- Spezialisten Sterling Software Inc., Dallas, uebernehmen.

Ironie des Boersengeschaefts: Unabwendbar wurde der Verkauf just zu dem Zeitpunkt, als es Knowledgeware gelungen war, sich aus seiner jahrelangen Fixierung auf die CASE-Strategie der IBM zu loesen. Mit einer Reihe von Akquisitionen - allen voran der franzoesische "Objectview"-Entwickler Matesys S.A. - hatte das Software- Unternehmen zwar sein Produktportfolio erheblich erweitert, aber auch seine Geldmittel nahezu erschoepft.

Diesen Mangel an Liquiditaet gibt die deutsche Knowledgeware- Niederlassung als Grund dafuer an, dass der Kurs der Firmenanteile von mehr als 16 Dollar Ende Maerz auf 2,5 Dollar Anfang Juli gefallen war. Nach Bekanntgabe der geplanten Akquisition stieg der Wert der Knowledgeware-Aktie jedoch wieder auf rund sieben Dollar.

Falls die Aktionaere dem Deal zustimmen, wird das Software- Unternehmen aus dem Sueden der Vereinigten Staaten zum Ende dieses Jahres als Sterling-Division firmieren. Fuer jede der insgesamt 1,2 Millionen Knowledgeware-Anteile sollen die Eigner 0,2893 Sterling- Aktien erhalten. Fuer das Tauschgeschaeft haben sich laut Knowledgeware bislang aber erst 16 Prozent der Stimmberechtigten ausgesprochen.

Knowledgeware war - neben Bachman und Index Technology (heute Intersolv) - erste Wahl, als die IBM 1989 Partner fuer ihr CASE- Konzept "AD/Cycle" suchte. Eine Minderheitsbeteiligung von zehn Prozent und ein Joint-Marketing-Agreement auf nationaler Ebene sollten die Verbundenheit der beiden Unternehmen demonstrieren.

An der Seite des maechtigen Verbuendeten bluehte das Knowledgeware- Geschaeft auf, welkte aber ploetzlich dahin, als die IBM vor zwei Jahren die Entwicklung ihres Mainframe-zentrierten Repository- Systems einstellte. Das am 30. Juni vergangenen Jahres abgeschlossene Geschaeftsjahr kostete 300 Mitarbeiter den Job und endete mit einem Verlust von 26 Millionen Dollar.

In der Folge bot die IBM ihre Anteile zum Kauf an. Allerdings erwiesen sich die Knowledgeware-Aktien zu diesem Zeitpunkt offenbar als schwer verkaeuflich. Laut Knowledgeware besitzt der Branchenriese naemlich immer noch mehr als acht Prozent der Firmenanteile.

Fuer Anwender und Aktionaere ist die Akquisition durch Sterling Software nicht die schlechteste Loesung - schliesslich hatten sich unter anderen auch Computer Associates (CA) und Microsoft um Knowledgeware bemueht. CA ist dafuer beruechtigt, die akquirierten Produkte eher als Quelle fuer Maintenance-Gebuehren denn als Basis fuer echte Weiterentwicklungen zu nutzen. Namentlich um das Client- Server-Tool "Objectview" und das Business-Re-Engineering-Werkzeug "Maxim" waere es sicher schade gewesen. Dem PC-Software-Giganten Microsoft hingegen fehlt bislang die Vertriebsstruktur, um die bestehende Kundenbasis von Knowledgeware zu bedienen.