Siemens veräußert System-Management-Plattform

CA kauft mit Transview Marktanteile in Europa

09.10.1998

Die Partner machten keine Angaben zum Wert der Übernahme, doch für Siemens spielen finanzielle Gründe in jedem Fall eine wichtige Rolle. "Um im Markt für Management-Systeme als ernsthafter Konkurrent bestehen zu können, wären enorme Investitionen in Transview erforderlich gewesen", erklärte Robert Hoog, President der Computer System Division bei Siemens. Man habe den Verkauf an einen weltweiten Anbieter vorgezogen.

Mit der Transview-Produktpalette wechseln auch 140 Mitarbeiter unter das Dach des neuen Eigentümers. Die Siemens-Niederlassungen in Paderborn und München, so versicherte CA, bleiben als Entwicklungs-, Vermarktungs- und Supportstandorte erhalten. "Wir sind von der Ankündigung überrascht worden", kommentierte Lutz Holzbecher, Senior Consultant bei der Transview-Gruppe von Siemens. "Bis vor kurzem haben wir noch mit CA, Tivoli und Hewlett-Packard konkurriert." Nun gilt als sicher, daß der Produktname Transview über kurz oder lang vom Markt verschwinden wird.

Aus Sicht von Computer Associates dürfte die Übernahme jedoch weniger als Technologie-Akquisition interessant sein - zu groß sind die Überschneidungen zwischen beiden Produktwelten. Die Anbieter verfolgen jeweils einen Framework-Ansatz, wobei jener von Siemens nicht so ausgereift erscheint, da wichtige Komponenten fehlen.

Dem Werkzeug fehlt etwa eine integrierte Komponente für das Sicherheits-Management und ein zentrales Netz-Repository. Andere Schwächen, zum Beispiel beim Storage-Management, bügelte Siemens durch Kooperationen mit Drittherstellern aus.

Stärken zeigt Transview dagegen im Bereich der Softwaredistribution und des Netz-Monitorings. Lediglich die letztgenannte Disziplin könnte für CA ein interessantes Feature sein, da das Unternehmen kein ähnlich leistungsfähiges Produkt anbietet.

Interessanter ist für CA die Tatsache, daß Siemens der Unicenter-Software neue Service- und Supportkanäle öffnet, vor allem in den von CA bis dato schlecht erschlossenen Märkten Europas und Deutschlands. Allerdings kann sich CA nicht auf die Unterstützung der 11000 Mitarbeiter umfassenden Siemens Business Services (SBS) verlassen. Die für das Outsourcing- und Projektgeschäft zuständige Dienstleistungsorganisation des Elektrokonzerns will wie bisher Produkte verschiedener Hersteller je nach Kundenwunsch einführen.

Trotzdem gibt der Transview-Kauf aus CA-Sicht Sinn: Die "IT-Service"-Gruppe von Siemens, die Dienstleistungen im unmittelbaren Produktumfeld verkauft, soll künftig CA Unicenter vermarkten. Seit dem 1. Oktober firmiert diese Geschäftseinheit als selbständige Gesellschaft unter dem Namen Siemens IT Service GmbH & Co. oHG (siehe Seite 12).

Siemens verwehrte CA nicht nur den ganz großen Coup, indem eine Zusammenarbeit mit SBS ausgeschlossen wurde. Auch die bislang in Transview integrierten und etablierten R/3-Management-Funktionen werden nicht den Besitzer wechseln, sondern im Siemens-Konzern verbleiben. Sie sollen ebenso wie die Middleware-Produkte, die gleichfalls nicht verkauft wurden, die Siemens-Server attraktiver machen.