BVB tut not

30.07.1976

Die Gebrüder Kühtreiber streiten für alle Anwender - auch außerhalb Österreichs: Ob die von ihnen geleitete Hubertusbrauerei in Laa (CW Nr. 30 vom 23. Juli 1976 "Nixdorf soll Dokumentation herausgeben") die gewünschten Software-Unterlagen erhält oder nicht, hat grundsätzliche Bedeutung.

Wenn ein Programm, speziell für einen Kunden entwickelt wird und dieser Kunde dafür direkt aufgrund detaillierter Abrechnung oder indirekt (beispielsweise über den Hardware-Preis) dafür bezahlt hat, dann muß er auch wissen, was er da eigentlich bekommt. Sonst ist die Software für den Kunden weder revisions- noch änderungs- oder erweiterungsfähig.

Die Hersteller haben trotz aller Beteuerungen, Anwendungssoftware sei kein Geschäft, ein Interesse, den Kunden "festzunageln" - möglichst lange. Dazu wird jedes juristische Mittel genutzt. Wenn ein einzelner aufmuckt, kann er ja im Notfall immer noch mit etwas Kulanz stillschweigend beruhigt werden.

Für den Kunden sieht die Sache anders aus: Er muß einmal sicher sein, daß sein Programm so eindeutig dokumentiert ist, daß er sich keine Beanstandungen bei einer Revision durch Wirtschaftsprüfer oder Finanzamt einhandelt. Zum anderen muß er sicher sein, Änderungen oder Ergänzungen jederzeit selbst vornehmen zu können - und prüfen zu können, welchen Aufwand das verursacht. Sonst ist er in Termin, Qualität und Preis dem Hersteller unkontrollierbar ausgeliefert. Das Problem wird um so schwerwiegender, je größer die Anwender-Investitionen in die Software werden - und je mehr Möglichkeiten die Hardware bietet. Mit dem Vordringen von MDT-Plattensystemen beispielsweise wird auch vom kleinen Anwender nicht nur mehr Know-how verlangt - er muß die Software auch fallweise individuell anpassen können, wenn der maximale Nutzen eines Systems erzielt werden soll.

Auf diesem Gebiet ist viel gesündigt worden: Software-Aufträge wurden mündlich oder mit einfachen Brief erteilt, Verträge ohne juristische Beratung unterschrieben. Für die Mehrzahl der Anwender wäre es hilfreich, wenn sie sich an die "Besonderen Vertragsbedingungen" (BVB) des Bundes halten würden. Diese Ergänzung zur "Verdingungsordnung für Leistungen" (VOL) existiert schon für den Hardwarebereich - und ist für Überlastung, Pflege und Wartung von Software in Vorbereitung. Warum sollte der Anwender, der seine Bauaufträge schon lange nach VOB vergibt, nicht seine Software-Aufträge nach BVB vergeben? Er wäre dann zumindest vor den gröbsten Pannen sicher. Noch besser: Die Software-Anbieter entschlössen sich, ihre Programme so zu liefern, daß sie ohne richterliche Hilfe abgeändert und angepaßt werden können. -py