Business English - durchmogeln gilt nicht

03.02.2006
Von Björn Eichstädt
Englisch ist die Firmensprache - so heißt es immer öfters von IT-Unternehmen. Profunde Kenntnisse sind Pflicht. Allerdings unterscheiden sich die spezifischen Anforderungen der IT-Anbieter.

Grundkenntnisse sind zu wenig." Rosemarie Clarner, Personalleiterin des Software- und Beratungshauses IDS Scheer AG aus Saarbrücken, akzeptiert keine halben Sachen, wenn es um Englischkenntnisse geht. Aus gutem Grund: "Wir sind inzwischen ein international agierendes Unternehmen. Da muss sich ein Berater auch ohne Umstellungsprobleme auf Englisch über komplexe Themen unterhalten können." Andernorts fällt die Antwort noch klarer aus. "Bei uns gehört Englisch zur Kernkompetenz eines Mitarbeiters", so Hartmut Hillebrand, Global Head of Executive Development and Compensation bei SAP.

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"Verständnis ist wichtiger als Perfektion"

Mit Elizabeth Webster, Redaktionsleiterin Selbstlernen und Blended Learning bei Pons, sprach für die CW Björn Eichstädt.

CW: In welcher Situation benötigen IT-Fachkräfte vor allem gutes Englisch?

WEBSTER: Englisch ist allgegenwärtig. Fachliteratur ist in Englisch geschrieben, Kongressvorträge werden auf Englisch gehalten. Viele Informationsquellen kann man nur mit entsprechenden Sprachkenntnissen anzapfen. Darüber wird eigentlich gar nicht mehr diskutiert.

CW: Wie bereiten sich Bewerber am besten auf diese Anforderungen, beispielsweise im Vorfeld eines Vorstellungsgesprächs, vor?

WEBSTER: Ein wichtiger Ansatz - egal ob auf Englisch oder in Deutsch - ist, sich gut über das Unternehmen zu informieren. Gibt es eine englische Web-Präsenz, verfügt das Unternehmen über ein hausinternes Wording? Doch noch wichtiger sind die mündlichen Kenntnisse. Denn in Vorstellungsgesprächen wechseln die Ansprechpartner gerne überraschend ins Englische. Darauf sollte man vorbereitet sein. Sprechen üben ist deshalb das Nonplusultra.

CW: Wie gut sollten die mündlichen Kenntnisse sein?

WEBSTER: In der Regel gilt: Verständnis ist wichtiger als Perfektion. Auch englische Muttersprachler sind recht tolerant bei Fehlern. Deshalb sollte der Interviewte sich nicht zu sehr zurückhalten, um Fehler zu vermeiden. Es gilt: Man muss sich präsentieren. Über Kleinigkeiten sieht der andere hinweg.

CW: Wer kann bei einer Eigeneinschätzung weiterhelfen?

WEBSTER: Wichtig ist: Niemals übertreiben, Denn beim Englischen könnte das Gegenüber in einem Vorstellungsgespräch sehr schnell überprüfen, ob das "verhandlungssichere Englisch" wirklich so gut ist. Lieber sollte der Bewerber zugeben, dass seine Sprachkenntnisse eben nur solide oder "gut" sind.

CW: Kann man mit einem guten Schulenglisch weiterkommen?

WBSTER: Es ist besonders wichtig, innerhalb von interkulturellen Komponenten zwischen traditionellem und geschäftlich genutztem Englisch zu unterscheiden. Zum Beispiel ist es wichtig zu wissen, welche Smalltalkthemen akzeptabel sind und wie ich mich in englischsprachigen Verhandlungssituationen verhalte. Das muss ich in einem Londoner Pub nicht unbedingt beherzigen.

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• welche Erfahrungen Unternehmen mit dem Englisch-Know-how ihrer Mitarbeiter gemacht haben;

• was Personaler der IT-Industrie in puncto Englischkenntnisse von Bewerbern und ihren Beschäftigten erwarten;

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Die offizielle Sprache des deutschen Softwarekonzerns ist inzwischen Englisch, manche Teams verfügen über keinen deutschsprachigen Mitarbeiter mehr. So ist die Fremdsprache bei SAP im Zweifel für das interne Überleben wichtiger als für die Kommunikation beim Kunden. Hillebrand: "Wenn ein Mitarbeiter eine Aufgabe im deutschen Markt wahrnimmt, dann kommt er auch mal nur mit Deutsch aus - aber in der internen Kommunikation ist das nicht mehr möglich."

Eine Entwicklung, an die sich deutsche Arbeitnehmer erst noch gewöhnen müssen. Nach Studien des Hamburger Hans-Bredow-Instituts konnten im Jahr 2001 nur 31,5 Prozent der Deutschen über 18 Jahren Nachrichtensendungen im Fernsehen oder einen Zeitungsartikel in Englisch "ungefähr" verstehen. Nur knapp über 20 Prozent schätzten ihre Kenntnisse als "sehr gut" ein. Und selbst diese verstehen lediglich etwa 80 Prozent der englischen Begriffe. Jüngere Deutsche sprechen tendenziell besser Englisch, aber auch hier hapert es teilweise gewaltig. Deshalb prüfen viele Unternehmen in Vorstellungsgesprächen die Sprachkenntnisse.

"Die richtigen Leute zu finden, die auch in einem internationalen Umfeld arbeiten können, ist sehr schwierig", meint Andreas Schindler, Geschäftsführer der deutschen Niederlassung des amerikanischen Softwareanbieters The Math-Works. Obwohl das Unternehmen nach guten Mitarbeitern sucht, etwa im technischen Vertrieb, scheitern viele bereits früh. Auch Sprachbarrieren sind schuld: "Um Mitarbeiter von Anfang an richtig auszuwählen, haben wir einen langwierigen Prozess etabliert. Bis zu zehn Gespräche sind denkbar - je nach Position, die ein Mitarbeiter anstrebt", erklärt Schindler. Natürlich gehören auch Interviews mit internationalen Verantwortlichen aus Europa oder Amerika dazu.

Anwärter mit schlechtem Englisch haben kaum eine Chance - eine Tatsache, die für die meisten Tochtergesellschaften englischsprachiger IT-Unternehmen gilt. So auch bei Stream-Serve Deutschland in Bad Homburg, Tochter einer amerikanischen Mutter. Birgit Schwarz, Director HR: "In einem weltweit agierenden Unternehmen sind interkulturelle und sprachliche Fähigkeiten ein Muss; und bei Englischkenntnissen schauen wir genau hin." Auch die Chinesen setzen inzwischen auf die Welt-Business-Sprache. So ist bei Lenovo seit einiger Zeit Englisch die Konzernsprache. "Selbst Praktikanten stellen wir nur mit hervorragenden Englischkenntnissen ein", sagt Stefan Pieper, Sprecher von Lenovo Deutschland.

Die Anforderungen wachsen, und auch die Kontrolle im Vorfeld steigt, so dass Mogeln kaum möglich ist. "Natürlich klären wir bereits im ersten Gespräch den einen oder anderen Fragenkomplex auf Englisch", so Rosemarie Clarner von IDS Scheer. Und auch Hartmut Hillebrand von SAP macht sprachlichen Drückebergern kaum Hoffnung: "Gespräche für wichtige Positionen führen wir zum Teil nur auf Englisch. Und auch bei niedrigeren Hierarchiestufen ist meist nur die Hälfte des Gesprächs in Deutsch." Wer meint, bei den kleineren Playern auf dem Markt ein Schlupfloch zu finden, den enttäuscht Daniel Speidel, Head of Human Resources des Tübinger Hardwarespezialisten Transtec: "Auch bei uns laufen Teile der Gespräche auf Englisch - zumindest eine fremdsprachliche Eigendarstellung erwarten wir von den Bewerbern", sagt Speidel. Gut geeignet sind seiner Meinung nach auch Rollenspiele wie fiktive Einkaufsgespräche. "Bei einer entsprechenden Position findet das Zweitgespräch dann komplett auf Englisch statt", betont der Personal-Manager.

Beschäftigte, die sprachlich noch nicht fit sind, können ihren Kenntnissen allerdings selbst auf die Sprünge helfen. "Wichtig ist es vor allem, drin zu bleiben, immer Sprachpraxis zu haben", empfiehlt die IDS-Personalfrau. "Wer im beruflichen Alltag vor allem Deutsch spricht, sollte zum Beispiel englische Nachrichten hören oder Filme in Originalfassung schauen; wer Englisch als Alltagssprache rezipiert, hat Vorteile." Auch Romane auf Englisch sind gut geeignet. Spezifischeres Lernen ermöglichen Selbstlernkurse auf CD-ROM oder im Internet. Und wer nur mit anderen gut lernt, kann natürlich auch einen Kurs an einer Volkshochschule oder anderen Bildungseinrichtung besuchen. Damit es am Ende heißt: "You are hired!" Und nicht: "You are fired!" (hk)