Business-Applikationen schließen auf

07.11.2007
Von Denis Mrska 
Im Gegensatz zu quelloffener Infrastruktursoftware setzen Unternehmen Open-Source-Geschäftsanwendungen derzeit noch wenig ein. CRM-Lösungen eignen sich hier für den Einstieg.

Neben Linux als quelloffenem Betriebssystem, das heute bereits für ein breites Spektrum an Server-Workloads zum Einsatz kommt und im High-Performance-Umfeld ebenso wie in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) vertreten ist, hat sich auch andere Open-Source-Software inzwischen bewährt, vor allem im Infrastrukturbereich. Zu nennen sind etwa Red Hat und Novells Suse-Linux als Plattformen, Apache als Web-Server, Samba als File- und Print-Server, Xen für die Virtualisierung sowie über 50 weitere Betriebssystem-nahe Programme.

Fazit

Geschäftsanwendungen auf Basis von Open Source sind wegen ihrer im Vergleich mit etablierten kommerziellen Lösungen weniger ausgereiften Funktionen überwiegend für diejenigen Anwender geeignet, die sich einerseits mit Basisfunktionen auf das Wesentliche beschränken können, andererseits über ein gewisses Maß an Open-Source-Know-how verfügen.

Ein Einstieg könnte über CRM-Systeme stattfinden, wobei unter der relativ geringen Anzahl von Open-Source-Anbietern derzeit SugarCRM das in Sachen Funktionsumfang und Bedienkomfort zuverlässigste Kundenbeziehungs-Management aufweist.

Auswahl quelloffener CRM-Software

SugarCRM: http://www.sugarcrm.com

Versionen: kommerzielle Lösungen, Sugar Open Source, Sugar Professional, Sugar Enterprise. Unterscheidung in Funktion und User-Höchstzahl.

Besonderheit: Populärstes und ausgereiftestes Open-Source-CRM als On-Premise- und On-Demand-Lösung sowie Appliance verfügbar.

vtiger CRM: http://www.vtiger.com

Versionen: kostenfreier Download von vtiger CRM und Plug-ins/Extensions, ASP-Modell von Dienstleistern aus Deutschland.

Besonderheit: 2004 Abspaltung von SugarCRM mit erweiterten Funktionen. Ausgelegt für kleine und mittelständische Unternehmen mit 25 bis 50 Usern.

XRMS CRM: http://www.visual4.de/xrms

Versionen: Community-CRM, keine Lizenzgebühren. Beratung und Implementierung von regionalen Dienstleistern.

Besonderheit: Schlankes CRM-System, schnell zu implementieren, flexible Erweiterungen. Eines der jüngsten CRM-Projekte mit bisher kleiner Entwicklergemeinde.

Unter den Bereich Middleware fallen über 100 verschiedene Infrastrukturkomponenten, Frameworks, Programmiersprachen und Datenbanken hier zählen JBoss und Zope Application Server, das Eclipse Framework, die Skriptsprache PHP sowie MySQL und PostgreSQL/Enterprise DB als Datenbanken zu den meistverbreiteten Open-Source-Produkten.

Oberhalb der Middleware

Auf den Basissystemen, die aus freien Betriebssystemen und Middleware bestehen, mit einigen reifen quelloffenen Security-Tools abgesichert und über System-Management-Software verwaltet werden, setzen zunehmend Lösungen rund um Communication, Collaboration, Groupware und Enterprise-Content-Management auf. Das Angebot zuverlässiger Open-Source-Lösungen aus der Community oder von kommerziellen Anbietern ist hierbei allerdings schon überschaubarer: Asterisk für VoIP, Scalix Collaboration (vom Linux-Anbieter Xandros übernommen), Open-Xchange und Zimbra (von Yahoo akquiriert) für Groupware, Typo 3 und Alfresco als Content- sowie eZ Publish als Dokumenten-Management-System sind unter etwa 40 relevanten Open-Source-Programmen als führende Lösungen zu nennen.

Anbieter in diesem Lösungsumfeld sind derzeit ebenso wie noch die meisten der Open-Source-Firmen für Infrastruktursoftware vor allem damit beschäftigt, ihre Geschäftsbereiche zu professionalisieren. Dazu gehören der Auf- beziehungsweise Ausbau der Vertriebswege, die Suche nach zertifizierten Software-, Hardware- und Service-Partnerschaften, die Erweiterung des Lösungsportfolios und der Funktionen sowie das breitere Angebot von Service und Support. Hier bilden sich bereits vereinzelt selektive "Ökosysteme", die aber noch nicht stark genug sind, um etablierte Player wirklich zu gefährden. Einige Open-Source-Nischen-Player wie etwa Zimbra und Scalix sind bereits der Konsolidierung unterlegen. Dies kann zur steigenden Professionalisierung des Angebots führen, oder aber die Open-Source-Software wird im Portfolio der übernehmenden Firmen verschwinden.

Business Applications

Es existieren rund 40 weitere Softwareprojekte aus dem Open-Source-Lager, die sich die Entwicklung geschäftsunterstützender Applikationen auf die Fahne geschrieben haben. Diesen Produkten fehlt es allerdings oftmals an der nötigen Reife, was sich häufig in der zu kurz greifenden Funktionalität, der geringen Größe und Supportfähigkeit der Entwicklergemeinde sowie in zu wenigen Referenzinstallationen widerspiegelt. Die Community-getriebenen Lösungen in diesem Umfeld wie Compiere (Enterprise-Resource-Management), Pentaho (Business Intelligence), Mondrian (Data Warehousing) oder Jasper Reports (Reporting) sind dabei an einem Punkt angekommen, der durch die Weiterentwicklung der Software über die Entwicklergemeinde und kleinere kommerzielle Firmen bestimmt ist und sich eher an einem Aufschließen zu bewährten Standards orientiert als an bahnbrechenden Neuerungen. Hier werden die nächsten zwei bis drei Jahre zeigen müssen, ob diese Lösungen an nötiger Marktreife hinzugewinnen und den Sprung in den breiten Markt schaffen werden.

Eine Sonderstellung unter den geschäftskritischen Anwendungen auf Basis von Open Source hat das Customer-Relationship-Management (CRM). Hier bieten heute einige wenige Community-Produkte und kommerzielle Lösungen weit entwickelte Grundfunktionen für professionelles Kundenbeziehungs-Management, die für viele Anwender bereits ausreichen. SugarCRM gilt als populärster und am weitesten professionalisierter Anbieter in diesem Bereich. vTiger CRM, die Abspaltung einer älteren Version von SugarCRM, und XRMS CRM sind weit weniger bekannt und zum Teil unterschiedlich in den Features und der funktionellen Ausrichtung. Alle drei Lösungen haben jedoch eine intuitive Handhabung gemein und bauen auf dem populären LAMP-Stack (Linux, Apache, MySQL, PHP) auf.

Darüber hinaus gibt es bereits eine Anzahl regionaler und überregionaler Dienstleister in Deutschland, die die international entwickelte Software in die bestehende Unternehmens-IT integrieren, Anpassungen von Schnittstellen und an anderen Programme vornehmen sowie Schulung und Support anbieten. Gerade für kleine und mittlere Unternehmen können diese Lösungen deshalb eine Alternative zu proprietärer CRM-Software etablierter Hersteller sein, zumal hier in der Regel die preislichen Vorteile der geringen beziehungsweise wegfallenden Lizenzgebühren bei Open-Source-CRM-Systemen direkt zum Tragen kommen. Meist verfügen kleine und mittlere Anwenderunternehmen über zu geringes Wissen, was die Einführung solcher Geschäftsapplikationen betrifft. Sie benötigen externe Hilfe bei der Analyse der Vertriebsabläufe, der Abstimmung auf die vorhandene IT-Landschaft und in Sachen Anwendertraining. Der kostenpflichtige Service für Integration, Schulung und Support wird in dieser Gruppe im Fall der Wahl einer proprietären Lösung oftmals genauso anfallen wie bei der Open-Source-Software.

Geringe installierte Basis

Bisher sind erst ein bis zwei Prozent der installierten CRM-Software im Mittelstand entweder kommerzielle oder nichtkommerzielle Open-Source-Systeme. Im Vergleich hierzu haben CRM-Lösungen von SAP im Mittelstand einen Marktanteil von 35 Prozent und Oracle (inklusive Siebel) etwa 16 Prozent. Der Kundenkreis für Open-Source-CRM besteht vorwiegend aus Beratungsunternehmen, Medienagenturen, Handel, Handwerk und Kleinindustrie und geht dabei nur selten über 50 Benutzer hinaus, da die Lösungen bezüglich ihrer Skalierbarkeit noch an Grenzen stoßen. Die von quelloffener CRM-Software derzeit unterstützten Prozesse Marketing, Vertrieb und Kundenpflege im B-to-B- und B-to-C-Bereich gehören zu den Basiskomponenten einer modernen Kunden-Management-Lösung.

On-Demand als Treiber

Branchenanpassungen der Lösungen sind zwar auf Basis offenen Quellcodes für Spezialisten unter Umständen vorteilhafter vorzunehmen als bei geschlossenen Systemen, doch die Vielzahl der branchenspezifischen Anbieter von proprietärer Software, meist in Partnerschaft mit den großen etablierten Playern, spricht auch in diesem Punkt gegen eine schlagartige Verbreitung von Open-Source-CRM. Als Treiber für die quelloffenen Lösungen fungiert demnach derzeit vor allem das Geschäftsmodell Application-Service-Providing, das SugarCRM recht erfolgreich umsetzt. Der günstige Preis und die Flexibilität machen den Einstieg in gehostete Open-Source-Lösungen sehr einfach und erleichtern erste Gehversuche. (ue)