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Bundesregierung ist gegenüber Softwarepatenten skeptisch

21.09.2000

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Die Bundesregierung will den geplanten Richtlinienentwurf zu Softwarepatenten innerhalb der Europäischen Union voranbringen. Wie die "Financial Times Deutschland" aus Regierungskreisen erfuhr, wird zurzeit eine entsprechende Eingabe an die EU-Kommission zwischen dem Bundesjustizministerium und dem Wirtschaftsressort abgestimmt. Die Angelegenheit eilt, da bereits Ende November die 19 Unterzeichnerstaaten der Europäischen Patentübereinkunft über eine Revision des Abkommens verhandeln werden. Einer Patentierung von Computerprogrammen steht die Bundesregierung eher skeptisch gegenüber. Unterstützt wird sie in dieser Haltung von den Experten der Bundestagsfraktionen von SPD, Grünen, FDP, CSU und PDS. Sie befürchten, dass Softwarepatente den Fortschritt hemmen, Monopole stärken und die europäischen Software-Entwickler benachteiligen könnten.

Vor zwei Wochen hatte der Verwaltungsrat des Europäischen Patentamtes (EPA) die Beschlussvorlage für die diplomatische Konferenz Ende November verabschiedet. Mit der äußerst knappen Mehrheit von zehn zu neun Stimmen wurde durchgesetzt, die Streichung der bestehenden Einschränkungen für die Vergabe von Softwarepatenten vorzunehmen. Neben der deutschen Delegation hatten auch Frankreich und Großbritannien gegen diesen Vorschlag gestimmt. Es waren in erster Linie kleine Nicht-EU-Staaten wie die Schweiz, Liechtenstein und Zypern, die sich für die Patentierung von Computerprogrammen ausgesprochen haben.

Um die Frage, ob Software patentierbar sein soll oder nicht, ist in den vergangenen Monaten ein heftiger Streit entbrannt. In den USA und mittlerweile auch in Japan sind Softwarepatente längst üblich. Die Vertreter der multinationalen Konzerne drängen auf global einheitliche Rahmenbedingungen und fordern entsprechende Gesetze auch in Europa. Gegen diese Entwicklung wehrt sich die Gemeinde der freien Programmierer und Entwickler von individueller Software. Sie erhalten dabei verstärkt Unterstützung der politischen Entscheidungsträger in Deutschland, die jetzt die volkswirtschaftlichen Effekte der Softwarepatentierung genauer unter die Lupe nehmen wollen.