Kompromiss sieht keine Kontrolle des Internet-Verkehrs durch die TK-Anbieter vor

Bundesregierung beschließt Überwachungsverordnung

02.11.2001
BERLIN (CW) - Die Verbände Bitkom, VATM und Eco billigen die soeben von der Bundesregierung beschlossene Telekommunikations-Überwachungsverordnung (TKÜV). Insbesondere beim VATM herrscht Erleichterung darüber, dass der Internet-Verkehr nun doch nicht von den Serviceanbietern überwacht werden muss.

Die Verordnung regelt die Maßnahmen zur Überwachung von Telefonaten und E-Mails bei Personen, die einer Straftat verdächtigt werden. Dabei bestimmt sie nur, welche technischen und organisatorischen Vorkehrungen die IuK-Unternehmen treffen müssen, um für Abhörmaßnahmen gerüstet zu sein. Ob jemand belauscht werden darf und in welchem Umfang, entscheidet immer noch ein Richter. Die ersten Entwürfe der TKÜV stammen noch aus Zeiten der Regierung Helmut Kohl - schon damals sorgten sie für dicke Luft. Der Grund: Anbieter von Online-Zugängen und Telecom-Konzerne fühlten sich als verlängerter Arm der Strafverfolger ausgenutzt.

Nach Auskunft des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie hat die Bundesregierung inzwischen die "Verordnung über die technische und organisatorische Umsetzung von Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation" beschlossen. Laut Jürgen Grützner, dem Geschäftsführer des Branchenverbandes VATM, ist nun immerhin vom Tisch, dass die Internet-Service-Provider den Internet-Verkehr selbst überwachen sollen. Damit keine Lücken bei der Überwachung entstehen, werden jedoch die Betreiber von unmittelbaren teilnehmerbezogenen Zugängen zum Internet (zum Beispiel von DSL-Anschlüssen) verpflichtet, entsprechende Maßnahmen zu treffen. Auch Provider von E-Mail-Accounts nimmt die Verordnung nicht aus. Sie entlastet jedoch kleine Telefonanbieter. Unter anderem können sich diese die für die Überwachung nötigen Geräte in Form von Pools teilen.

Die ursprünglich vom VATM auf rund 500 Millionen Mark bezifferten Kosten für die gesamte Überwachung fallen nun deutlich niedriger aus. "Es ist ein Kompromiss, mit dem wir leben können", bestätigt Grützner. Ähnlich sieht das Harald Summa, Chef des Verbandes der Internet-Wirtschaft Eco aus Köln: "Die Kosten lassen sich im Rahmen des üblichen Geschäftsbetriebs bewältigen." Er habe bei der Entscheidung aber immer noch einen "grummelnden Bauch". Die Verbände VATM, Eco und Bitkom stimmten der TKÜV erst nach langen Verhandlungen zu. Strittig bleibt nach wie vor, wie groß der Einfluss der Terroranschläge vom 11. September auf die unvorhergesehene Einigung war. Grützner betont, dass die Vorschläge für die seit zwei Jahren diskutierte TKÜV bereits vor und unabhängig von den Terroranschlägen in den Vereinigten Staaten erarbeitet worden seien. Stefan Grosse, Fachreferent bei Bitkom, kontert: "Man kann die Anschläge nicht aus der Diskussion herausnehmen. Sie haben dazu beigetragen, dass man sich rasch geeinigt hat."

Umsatzentwicklung der TK-BrancheDer VATM äußerte sich auch zur Umsatzentwicklung im Jahr 2001: Die deutsche Telecom-Branche erwartet für dieses Jahr eine Abschwächung des Wachstums. Nach einem Anstieg um rund 30 Prozent im Vorjahr würden die Einnahmen 2001 nur noch um 13 Prozent auf 62,6 Milliarden Euro zunehmen. Der Anstieg sei vor allem auf den Mobilfunksektor zurückzuführen, im Festnetzbereich werde der Umsatz trotz einer höheren Zahl von Verbindungsminuten voraussichtlich von 29,1 Milliarden Euro im Vorjahr auf 27,4 Milliarden Euro sinken.

Abb: Telekommunikationsmarkt

Das Wachstum des Telekommunikationsmarkts verlangsamt sich. Es geht von 30 Prozent im Vorjahr auf voraussichtlich 13 Prozent zurück. Quelle: Dialog Consult