Großauftrag für Siemens, Unisys und Informix:

Bundespost wählt Unix für Fernmeldeämter

07.10.1988

MÜNCHEN (CW) - Die Bundespost führt in ihren Fernmeldeämtern eine dezentrale Datenverarbeitung auf Basis von Unix System V.3 ein. Als Hardwarelieferanten und Generalunternehmer setzten sich Siemens und Unisys durch. Sie dürfen auf ein dickes Geschäft hoffen: Das Auftragsvolumen ist in dem Mehrjahresvertrag nicht festgelegt.

Bei einem der prestigeträchtigsten Unix-Projekte in der Bundesrepublik sind Nixdorf und IBM nicht dabei. Die beiden Konzerne hatten es zwar geschafft, bei der Bundespost-Ausschreibung für die Ausstattung der rund 100 Fernmeldeämter mit Unix-Rechnern verschiedener Größenklassen in die engere Wahl zu kommen - neben Bull, Olivetti und PKI. Doch dann entschied die Post sich im Rahmen einer "Doppelvergabe" für die Offerten des Münchner Telefon-Hoflieferanten Siemens und der Sulzbacher Unisys-Dependance, die noch aus alten Univac-Zeiten das Fernmeldetechnische Zentralamt (FTZ) zu ihren Kunden zählt.

Über den Umfang des Gesamtvorhabens ist bisher nur bekannt, daß jedes der Ämter mehrere Rechner bekommen wird; laut Unisys ist der Einsatz von "mehreren hundert Systemen" geplant. Darunter werden außer den von der Unisys-Tochter Convergent hergestellten Workstations des Typs 6000/50 Siemens-Modelle der Typen MX 300 und MX 500 sein; unter diesen Computern ist der MX 500 der leistungsstärkste.

Für die Software wurde der Bonner Unix-Spezialist Garmhausen und Partner als Subunternehmer engagiert. Nach Angaben von Ingo Steiner, der im Hause Garmhausen für den Postauftrag zuständig ist, wird zu den Rechnern je eine Kopie der Informix-Datenbanksoftware und der 4GL-Entwicklungsoberfläche Rosi-SQL geliefert, außerdem nach Bedarf das Tabellenkalkulationsprogramm 20:20. Von der Schweizer Firma Quadraton komme noch die Bürokommunikationssoftware Q-Office hinzu.

Die Applikationen, so Steiner, würden zu einem großen Teil von den späteren Anwender-Dienststellen selbst entwickelt, unter Koordination des FTZ. Für einzelne der mehreren hundert geplanten Teilprojekte werde aber auch ein Team bei Garmhausen Anwendungen entwickeln. In welchem Umfang weitere Softwarehäuser an den Arbeiten beteiligt werden, ist noch nicht bekannt.

Die Bundespost hatte den Auftrag Ende vergangenen Jahres ausgeschrieben; Anfang 1987 war Unix in einer ministeriellen Verfügung zur Grundbedingung erklärt worden. Bestandteil der Ausschreibung war laut Herbert Kaiser, der mit seiner Geschäftsstelle den Vertrag für Unisys gewann, Kompatibilität mit Unix V (wobei die Bedingungen später auf Version V.3 präzisiert worden seien) sowie Konformität mit den X/Open-Standards.