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Bundesnetzagentur leitet Missbrauchsverfahren gegen Telekom ein

13.10.2005

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Die Bundesnetzagentur hat erstmals nach neuen Gesetzesvorgaben ein Markt-Missbrauchsverfahren gegen die Deutsche Telekom AG eingeleitet. Die ehemalige Bonner Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) nimmt nach Beschwerden von Konkurrenten den neuen Telekom-Tarif "Calltime 240 ISDN" unter die Lupe, den seit Markteinführung Anfang September nach Unternehmensangaben bereits deutlich über 100.000 Kunden nutzen. Darunter befinden sich der Telekom-Festnetztochter T-Com zufolge zahlreiche Neukunden. T-Com kritisierte das Verfahren am Donnerstag heftig als "Rückschritt in die Regulierungs-Steinzeit".

Die Telekom hatte zum 1. September die Anzahl der Freiminuten in dem ISDN-Tarif auf 240 verdoppelt. Bei dem Markt-Missbrauchsverfahren werde unter anderem innerhalb von zwei Monaten geprüft, ob ein Preisdumping vorliege, teilte die Bundesnetzagentur mit. In der Branche wurde vermutet, die Telekom wolle mit dem Angebot ISDN gegenüber günstigeren analogen Leitungen attraktiver machen.

Die Telekom-Festnetztochter befürchtet mit Verweis auf weitere Entscheidungen eine "Zementierung von Regulierungsmaßstäben". "Wir dürfen nicht wieder in die alte Schule der Genehmigungspflicht, die wir von 1998 bis 2004 hatten, zurückfallen", sagte T-Com-Manager Frank Schmidt. Sieben Jahre nach der Marktöffnung auf dem deutschen Telefondienstleistungsmarkt gebe es einen intensiven Wettbewerb. Eine Regulierung von Endkundenentgelten sei deshalb nicht mehr zeitgemäß.

Im vergangenen Jahr bestand für neue Telekom-Tarife noch eine Genehmigungspflicht vor der Einführung. Heute kann die Deutsche Telekom neue Tarife einführen, wenn aus Behördensicht kein Missbrauch offensichtlich ist. Für diese so genannte Offensichtlichkeitsprüfung hat die Bundesnetzagentur nach eigenen Angaben nur 14 Tage Zeit.

Die Bundesnetzagentur wies die Kritik des Unternehmens als überzogen zurück. "Das empfinden wir als Überreaktion", sagte ein Sprecher der Behörde. Entsprechend dem neuen Telekommunikationsgesetz werde die Bundesnetzagentur tätig, wenn sich Wettbewerber über neue Endkundentarife der Deutschen Telekom beschwerten. (dpa/mb)