OEM-Software darf auch einzeln verkauft werden

Bundesgerichtshof fällt Urteil gegen Microsoft

14.07.2000
MÜNCHEN (CW) - Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil gegen Microsoft befunden, dass der Softwareriese den separaten Verkauf von OEM-Software nicht verbieten darf. Damit wurden vorangegangene anderslautende Urteile aus unteren Instanzen endgültig aufgehoben.

Die Entscheidung könnte Auswirkungen auf die gesamte Softwareindustrie haben. Bisher war es gängige Praxis, dass Programme in Verbindung mit Hardware als Original-Equipment-Manufacturer-(OEM-)Version deutlich billiger abgegeben wurden als die regulären Pakete. Microsoft hatte wiederholt betont, dass dieses Bundling vor allem zur Eindämmung von Softwarepiraterie notwendig sei.

Dem widersprach das Gericht: Auch Kunden, die lediglich eine Kopie erwerben wollen, hätten ein Recht auf einen niedrigeren Preis. Aber auch die Frage nach der Kontrolle der Vertriebskanäle wurde berührt: Der BGH stellte fest, dass Softwarehersteller nicht befugt sind, Einfluss auf den weiteren Vertrieb von Programmen zu nehmen. Laut Gerichtssprecher Wolfgang Krüger könne das Recht auf Autorschaft nach dem Urheberrecht nur einmal beansprucht werden. Sobald das Produkt mit der Erlaubnis des Autors auf dem Markt erschienen ist, kann er bei weiteren Verkäufen keine zusätzlichen Ansprüche mehr geltend machen.

Für Unruhe könnte das Urteil im Handel sorgen. So dürften viele Händler versucht sein, durch den Verkauf von OEM/DSP-Paketen einen höheren Profit herauszuschlagen. Microsoft hat in einer Pressemitteilung bereits auf diese Problematik reagiert und droht darin, dass in Konsequenz des BGH-Urteils Softwarehersteller gegenüber Händlern Ansprüche geltend machen könnten. Der finanzielle Vorteil aus dem Verkauf von DSP-Produkten wird in der Microsoft-Erklärung ausdrücklich als "ungerechtfertigte Bereicherung" bezeichnet. Das Unternehmen will künftig die dem "seriösen Fachhandel" entgangenen Einkünfte konsequent von "zweifelhaften Anbietern" einfordern.