Bundes-CIO: Amt ohne Macht

13.12.2007
Auf dem zweiten IT-Gipfel in Hannover hat Bundeskanzlerin Angela Merkel jetzt auch offiziell mit Hans Bernhard Beus einen Bundes-CIO benannt.

Beus wird ab dem 1. Januar 2008 in der Funktion als Staatssekretär im Bundesinnenministerium Bundesbeauftragter für Informationstechnik (BfIT).

Die Reaktionen auf die Einrichtung dieser Position waren im Umfeld des IT-Gipfels zwiespältig. Für diesen wird es allerdings eine Fortsetzung geben. Merkel hat für das kommende Jahr bereits den dritten IT-Gipfel angekündigt. Dieser wird in Darmstadt stattfinden.

Ein Teilnehmer fasste die Ernennung von Beus mit den Worten zusammen, unter den gegebenen Umständen sei dies das beste zu erwartende Ergebnis gewesen. Andere IT-Gipfelstürmer sagten, im Vorfeld der Ernennung habe es zwischen den Ministerien erhebliche Kämpfe gegeben. Heinz-Paul Bonn, Mittelstandsvertreter im Branchenverband Bitkom, wurde deutlich: Diese Personalie dokumentiere "die Entscheidung zu versuchen, eine Entscheidung zu treffen."

Denn Beus entscheidet nichts allein auch wenn auf dem IT-Gipfel dieser Eindruck erweckt werden sollte. Beus wird nicht nur Vorsitzender des Rates der IT-Beauftragten aller Ressorts, er leitet auch ein neues politisches Gremium, die IT-Steuerungsgruppe des Bundes. In diesem dreiköpfigen Ausschuss wird wahrscheinlich das Bundesministerium für Finanzen und das Bundeskanzleramt oder das Bundesministerium für Wirtschaft und Forschung (BMWI) vertreten sein.

Jahrmarkt der ministeriellen Eitelkeiten

Diese Aufteilung sorgte schon im Vorfeld des IT-Gipfels für böses Blut unter den Beteiligten. Insider äußerten herbe Kritik. Sie sprechen von Kompetenzgerangel und Eitelkeiten, die sich insbesondere zwischen dem Bundesministerium für Wirtschaft und Forschung (BMWi) und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) zugetragen hätten. Danach soll sich das BMBF als Quertreiber unbeliebt gemacht haben. Grund hierfür seien Eifersüchteleien gewesen, weil das BMWi die Federführung bei der Organisation des IT-Gipfels übernommen hatte.

Diesen Eindruck bestätigte auch ein Gesprächspartner, der in einer der seit dem ersten IT-Gipfel installierten Arbeitsgruppen involviert ist. Bei Fachgesprächen und Diskussionen sei es hinderlich gewesen, immer erst einmal herausfinden zu müssen, mit wem man was bereden könne und wer welche Entscheidungen treffen dürfe. Im Gemenge der ministerialen Befindlichkeiten ging dabei die Sache, um die es beim IT-Gipfel geht, unter.

Bezeichnenderweise war die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Annette Schavan, nicht zum IT-Gipfel nach Hannover gekommen. Sie ließ sich durch ihren Parlamentarischen Staatssekretär, Andreas Storm, vertreten. "Das kommt hier bei vielen Teilnehmern des IT-Gipfels nicht gut an", sagte der Vertreter eines Interessenverbands. Dass Schavan auch beschlossen hat, im kommenden Jahr die CeBIT nur zur Vorabenderöffnung zu besuchen und keinen obligatorischen Rundgang über die größte IT-Messe der Welt zu machen, sorgt ebenfalls für lange Gesichter.

Seltsame Signale aus dem Bundeswirtschaftsministerium

Michael Müller vom Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW) und Geschäftsführer des IT-Dienstleister a+o sagt: "Die notwendige Kooperation der Ministerien scheitert an dem Gezerre um Zuständigkeiten, Kompetenzgerangel oder schlichtweg an lethargischen Oberamtsräten." Die Ressorts ließen sich nicht gerne etwas von einem anderen Haus sagen. "Das nennt man dann Ressortbefindlichkeit", urteilt Müller.

Überdies gab es auch aus dem Bundeswirtschaftsministerium seltsame Signale bezüglich der Einrichtung des Bundes-CIO. Schon bei der Eröffnung des IT-Gipfels, den sein Ministerium dieses Jahr organisierte, unterlief Bundeswirtschaftsminister Michel Glos eine verräterische Formulierung. Mit Blick auf den im Publikum sitzenden Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble kommentierte Glos die Bestallung des im Innenministerium angesiedelten Bundesbeauftragten für IT mit den Worten: "Im Prinzip finde ich das ja auch ganz gut." Die hochrangigen Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik verstanden und lachten.

Begeisterung und Zustimmung klingt jedenfalls anders. Vor Journalisten antwortete Glos auf die Frage, welche Weisungsbefugnis Beus haben werde, mit der Gegenfrage: "Wer hat schon Weisungsbefugnis?" Gegenüber der computerwoche retournierte er später die Frage, ob der Bundes-CIO in der gewählten Konstruktion nicht lediglich ein Papiertiger sei, mit der Antwort: "Naja, er soll ja auch Papierberge bewegen." Dann wurde Glos deutlich: Auf die Frage, warum der Bundes-CIO nicht wie ein Bundesbeauftragter für den Datenschutz oder ein Wehrbeauftragter unabhängig von Ministerien etabliert wurde, meinte Glos: "Wir wollten keinen letztendlich Verantwortlichen, der beispielsweise alleine über die Gesundheitskarte entscheidet."

Müller vom BVMW ist der Ansicht, der von Bundeskanzlerin Merkel präsentierte und jetzt verabschiedete Kompromissvorschlag, ein Gremium unter Führung von Beus einzusetzen, sei "reine Placebo-Politik". "Beus", kritisiert Müller die Personalie ferner, "war verantwortlich für die eGovernment-Initiative Bund Online 2005 und dies bemerkenswert erfolglos. Da sind fast nur Totgeburten herausgekommen".