Distributed Computing Model als Umsetzung von DCE

Bulls Konzept zur Öffnung von GCOS- und IBM-Systemen steht

24.04.1992

MÜNCHEN (CW) - Rund ein Jahr nach der Vorstellung des Distributed Computing Model (DCM) verfügt Bull über die Komponenten für ein offenes System, das Unix, das Bull-eigene Betriebssystem GCOS und IBM-Systeme integriert.

Nicht von ungefähr besteht eine große sprachliche Ähnlichkeit zwischen DCM und der Distributed Computing Environment (DCE) von der Open Software Foundation (OSF). DCM umfaßt DCE und ist eine Variante zur Integration von Bull-Mainframes in offene Client-Server-Strukturen. In einigen Teilen nimmt das Bull-Modell vorweg, was die OSF mit dem zugehörigen Produkt Distributed Management Environment (DME) in naher Zukunft vorlegen dürfte. Der französische DV-Konzern hat dessen einheitliche Programmierschnittstelle CM-API (Consolidated Management Application Program Interface) entwickelt.

Die Version 1 von DCM läuft auf einem 486er Rechner der Bull-Tochter Zenith Data Systems mit SCO Unix als Betriebssystem. Von dieser Konsole aus demonstriert Bull, wie sich ein Netz steuern läßt, in dem mehrere Bull-Mainframes und Minicomputer sowie Datenbank-Server von IBM eingebunden sind. Mit DCM ergibt sich über einen Unix Server Bull DPX/2 die Möglichkeit, auf der Kommunikationsebene sowohl aus der Unix-Welt bekannte Standards wie TCP/IP und ISO-Protokolle als auch die Distributed Systems Architecture (DSA) von Bull oder IBMs SNA zu nutzen.

Das DCM-Kernstück heißt "Integrated System Management" (ISM), ein Tool, das die Funktionen der Administration heterogener Systeme integriert. Systemüberwachung, Alarm-Handling, Performance-Messung etc. können auf dem PC stattfinden, wobei die Handhabung durch die grafischen Benutzeroberflächen X-Window und OSF/Motif erleichtert wird. Grundlage des integrierten Managements ist eine eigene Sprache, die System Management Language, über die alle weiteren Tools eingebunden und zusätzliche Applikationen auf allen Netztopologien und Betriebsumgebungen lauffähig werden.

Acht weitere Werkzeuge gehören nach dem jetzigen Stand noch zum Distributed Computing Model. "Open Team Workgroup" verbindet PC-Arbeitsplatz-Systeme in einem lokalen Netzwerk mit einem Unix-Server Bull DPX/2, der nicht nur das kleine Netz tragen kann, sondern auch den Zugriff auf die Host-Ebene mit GCOS- und IBM-Systemen organisiert.

Anwender müssen bei der Kooperation mit anderen Systemen auf Annehmlichkeiten wie Windows 3.0 oder Ressourcen-Sharing im PC-LAN nicht verzichten. Dafür sorgt "Affinity Visual", das vorhandenen GCOS-7/8-Dialoganwendungen die Microsoft-Oberfläche gibt, ohne die Sourceprogramme zu verändern.

Den Zugriff auf Informationen aus unterschiedlichen Datenbanken wie Oracle, Interel, IDS II etc. in verteilten Systemen mit heterogenen Rechnerumgebungen gestattet das Produktset "Distributed Data Access" (DDA). Das Transaktionsverarbeitungs-System "BOS/TP" hat die Fähigkeit, verteilte OLTP-Umgebungen innerhalb von Unix-Netzwerken und in Verbindung mit GCOS- und IBM-Mainframes aufzubauen.

Der DCM-Bestandteil "Office-team" ist eine Bürokommunikations-Anwendung auf Client-Server-Grundlage. Über den Unix-Server erfolgt die Kommunikation zwischen den Benutzern unterschiedlicher Systeme, wozu sich Dienste wie X.400 Mailbox, Fax und Telex nutzen lassen. Für weitere Anwendungen stellt Bull Entwicklern und Systemhäusern "Paclan/x", ein neues CASE-Tool, zur Verfügung.

"Imageworks", das elektronische Dokumenten-Management-System von Bull, ist ein typischer Baustein im Distributed Computing Model, der als Application Service in das Anwender-Informationssystem integriert wird. "Distributed Computing Facility" stellt die Grundlage für den Aufbau verteilter Informationsverarbeitung und basiert auf der DCE-Technologie der OSF sowie der Norm X.500 einschließlich Message Handling und EDI.

Im Rahmen des Distributed Computing Model hat Bull ein Partnerprogramm gestartet. Bull bietet System- und Softwarehäusern die komplette Verfügbarkeit der API-Dokumentation und -Ausbildung sowie die Einrichtung von Support-Zentren in Paris und Boston für Entwicklungskooperationen an.

Der britische Branchendienst "Computergram" berichtete, daß Bull mit weiteren Entwicklungsarbeiten offenbar weit fortgeschritten sei. So könne die Version 2 von DCM schon Ende dieses Jahres erscheinen. Weil das System portierbar sei, bereite sich das Unternehmen auch darauf vor, DCM für andere Unix-Versionen verfügbar zu machen. Insbesondere IBM habe bisher Interesse gezeigt