Kostendaempfung hat weiter absoluten Vorrang

Bull-Chef Pache auf der Suche nach weiteren Buendnispartnern

12.03.1993

Bis die Sanierung des angeschlagenen Konzerns erreicht ist, sind noch viele Schritte erforderlich. Denn nach zehn Milliarden Franc (rund 2,9 Milliarden Mark) Verlust im Jahr 1990/91 meldete der Computerfabrikant auch fuer 1992 einen Fehlbetrag von 4,7 Milliarden Franc und einen um fast zehn Prozent auf 30,2 Milliarden Franc geschrumpften Umsatz - fuer Pache "schauerliche" Bilanzkennwerte. Alllerdings drueckte Bull den Betriebsverlust von 1,2 auf 0,6 Milliarden Franc. Was an zusaetzlichem Cash-flow generiert wurde, diente dem Abbau des Schuldenberges: Er verringerte sich von elf auf 9,5 Milliarden Franc.

Fuer 1993 erwartet Pache "weder von den externen noch von den interen Faktoren her" eine nachhaltige Besserung. Die gigantischen Verluste vieler franzoesischer Banken und die Haushaltsprobleme der Regierungen Europas sowie der USA daempften die Kauflust wichtiger Kunden fuer die Grosssysteme von Bull, argumentierte er. Gleichzeitig hielten am PC-Markt die Preiskaempfe unvermindert an - fuer Pache freilich kein Grund, deshalb auf die bisher verlustbringende Tochter Zenith Data Systems zu verzichten: "Wie sollen wir uns ohne ihr soeben erst modernisiertes Angebot bei unseren Kunden sehen lassen?"

Weil der Konzern in den Vorjahren nach Paches´ Worten "die Gestehungskosten nicht mehr ganz auf den Markt abwaelzen konnte", mussten schon 1990/91 insgesamt 13 700 Stellen gestrichen werden: "Einen anderen Ausweg gab es nicht, weil der Personalaufwand bereits 40 Prozent unserer Gesamtkosten darstellte", erlaeuterte der Bull-Chef. Von den jetzt noch verbliebenen 35 175 Mitarbeitern sollen 1993 weltweit nochmals 3000 Personen umbesetzt oder zum freiwilligen Ausscheiden bewegt werden, davon schaetzungsweise ein Drittel in Frankreich, wo Bull noch 13 600 Mitarbeiter beschaeftigt.

Grossrechner bleiben fester Bestandteil des Angebots

Fuer die dazu noetigen Sozialplaene und Schulungsprogramme nahm der Konzern in der Bilanz bereits Rueckstellungen in Hoehe von 2,45 Milliarden Franc vor. Die Suche nach anderen kostendaempfenden Massnahmen habe fuer ihn Vorrang vor Massenentlassungen, versicherte Pache.

Fuer strategisch haelt der Bull-Chef nach wie vor die proprietaeren Grosssysteme GCOS 7 und 8 des Konzerns. Sie seien "noch ueber viele Jahre hinweg" ein unverzichtbarer Teil des Angebots. Gleichzeitig richte sich Bull jedoch auf die breitere Entwicklung von Standardloesungen wie Workstation-Betrieb unter Unix oder PC- Installationen unter Windows ein.

Auch das Software- und Servicegeschaeft - insbesondere Systemintegration und Facilities Management - sollen bis 1995 auf 40 Prozent Umsatzanteil ausgebaut werden; derzeit sind es 32 Prozent.

Diese Neuorientierungen sind freilich nur mit einem finanziellen Aufwand realisierbar, den Bull allein nicht verkraften kann. Pache sucht deshalb mehr Entwicklungspartner, prueft die Moeglichkeit einer Erweiterung der Zusammenarbeit mit NEC und saehe es nicht ungern, wenn aus der schon bestehenden Kapitalverflechtung mit France Telecom demnaechst praktische Kooperationen folgen wuerden.

Die Gruendung gemeinsamer Tochtergesellschaften beispielsweise mit dem heimischen Carrier, japanischen Unternehmen, der IBM oder sonstigen Interessenten - nach dem Muster der bisher eingegangenen 30 anderen Buendnisse - ist fuer ihn "vorstellbar". Nicht akzeptabel sei dagegen eine Zersplitterung des Konzerns nach dem Muster von Big Blue oder DEC.