DBG: Kontrollierter Einsatz von Mikroelektronik gegen Arbeitslosigkeit

Bürowirtschaft profitiert von Innovationen

09.10.1981

HAMBURG (nw) - Jeder zweite Erwerbstätige in der Bundesrepublik arbeitet heute in einem Büro. Daß hier künftig durch Mikroelektronik Arbeitsplätze ersetzt werden, scheint der Fachverband Bürowirtschaft, Hamburg, weniger zu glauben. Doch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) dagegen befürchtet beträchtliche Beschäftigungseinbrüche.

Die Büroausstattung- und -einrichtung zählt nach den Worten von Rolf Heinike, erster Vorsitzender des Fachverbandes, zu einer der wenigen Wachstumsbranchen. Ihre Umsatzrenner seien Daten- und Textverarbeitung sowie Kopierer. Der Trend bei Büromaschinen, speziell im Bereich der Texterfassung, gehe dabei eindeutig zu höherer Effizienz.

Teletex hat Zukunft

Eine größere Zukunft als dem Telefaxsystem (Fernkopieren) räumt Heinike dem Teletex ein, weil hier über das bereits bestehende Telenetz kommuniziert werden könne, während bei Telefax die Partner fehlten. Ein großer Markt bestehe auch für die neue Schreibmaschinen-Generation. Die übliche elektrische wird in den nächsten Jahren nach und nach von der elektronischen mit Speicherkapazität abgelöst werden.

Der in den letzten Jahren zu verzeichnende Preisverfall im Bereich der Daten- und Textverarbeitung für die Hardware scheint nach Auffassung der Branche sich nicht weiter fortzusetzen. Weltweit sei eine Verlangsamung festzustellen. Es bestehe aber ein Trend zu mehr Leistung bei etwa unveränderten Preisen.

Furcht vor der japanischen Konkurrenz brauchten die hiesigen Textverarbeiter kaum zu haben, denn aufgrund der komplizierten japanischen Schriftform sei in Japan in diesem Bereich die Entwicklung bisher nicht in

dem Maße vorangetrieben worden.

Trotz der raschen Entwicklung der Technologie, vor allem auch der Mikroelektronik, erwartet die Branche Büroorganisation (Bürobedarf, Daten-/Informationstechnik, Büromaschinen, Büromöbel, Organisationsmittel) 1981 nur eine leichte Umsatzsteigerung. Im vergangenen Jahr habe der Branchenumsatz rund 17,3 Milliarden Mark betragen, was ein Plus von acht Prozent gegenüber 1979 sei.

Japan kaum gefährlich

Dabei liege die Datenverarbeitung mit 30 Prozent Wachstum eindeutig an der Spitze. Elektronische Schreibmaschinen und Fotokopiergeräte erzielten Zuwachsraten zwischen 10 bis 20 Prozent. Textsysteme und Datentechnik verbuchten ebenfalls bis zu 20 Prozent Plus. Dagegen habe der Absatz von Büromaschinen, Tisch- und Taschenrechnern stagniert. Die Umstrukturierung in den Büros habe den Büromöbeln einen Umsatzzuwachs um etwa 13 Prozent gebracht.

Vor den negativen Folgen eines sozial ungesteuerten Einsatzes neuer Technologien warnt der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB): Mikroelektronik bewirke eine Arbeitsintensivierung und Leistungsverdichtung, steigere Arbeitstempo und nervliche Beanspruchung und lasse im verstärktem Umfang Arbeitsplätze wegfallen.

Nach der Siemens-Studie "Büro 1990", die für 2,7 Millionen Büroarbeitsplätze repräsentativ sei, können 25 bis 30 Prozent der Tätigkeiten automatisiert werden. Die Baseler Prognos-Unternehmensberatung AG schätze, daß allein durch den Einsatz computergestützter Textautomaten und Konstruktionsarbeiten zwei Millionen Arbeitsplätze in der Bundesrepublik verlorengehen werden. Das Bundesministerium für Forschung und Technologie sage voraus, daß in den nächsten fünf Jahren 2,5 Millionen Arbeitnehmer mit raschen und erheblichen Veränderungen zu rechnen hätten.

Die Arbeitswelt einschneidend verändern werden, so betont der DGB computergestützte Textverarbeitungssysteme, intelligente Bildschirmterminals, neue Kommunikationstechnologien, Bankautomaten Kassenterminals und computergestütztes Konstruieren. Der ungebremste Einsatz dieser Techniken verschärfe Arbeitslosigkeit und Rationalisierungsdruck .