Händler und Hersteller beschleunigen mit neuem Medium Kommunikation:

Btx-Auftragsübermittlung zieht in Möbelbranche ein

10.05.1985

DÜSSELDORF- Um die Auftragsübermittlung zwischen Herstellern und Händlern in der Möbelbranche mehr auf Trab zu bringen, haben sich jetzt sieben namhafte Einkaufsverbände für den Einstieg in Btx ausgesprochen: Dabei fiel die Wahl auf die vom Düsseldorfer Systemhaus InfoTeSys und von der Kölner Unternehmensberatung UVB/Bikom gestrickte Bildschirmtextlösung Infotrans.

Die favorisierte Btx-Software ist als "Standardschnittstelle" konzipiert und erlaubt nach Aussagen der Düsseldorfer Softwerker den Anschluß von verschiedenen Hardwaretypen. Dies bestätigt auch der Garant-Möbelverband aus Rheda-Wiedenbrück, der die Entwicklung eines einschlägigen Programms in Auftrag gab. Sein Geschäftsführer Hans-Dieter Lauten: "Theoretisch kann bei Einsatz dieser Btx-Software ein IBM-Arbeitsplatzcomputer mit einer RC30 von Siemens korrespondieren".

Im Zuge der Infotrans-Entwicklung gab es jedoch noch eine harte Nuß zu knacken: Da die Auftragsabwicklung je Hersteller beziehungsweise je Händler unterschiedlich gehandhabt wird, mußten die Möbelfachleute eine einheitliche Verschlüsselung der Auftragsdaten "kreieren". Ein Arbeitskreis führender Hersteller in dieser Branche erarbeitete zusammen mit dem Garant Möbelverband, UVB Bikom und InfoTeSys die sogenannten Auftragselement-Kennzeichen (AEK).

Um die einzelnen Bestandteile eines Auftrags zu identifizieren, wird jedem Auftragselement ein AEK zugeordnet. Das Programm Infotrans, dessen Pilotanwendung unmittelbar bevorsteht, liest nun die im AEK-Format vorliegenden Auftragsdaten, segmentiert sie entsprechend den vorliegenden Mitteilungs- und Antwortseiten und stellt die mit den Auftragssegmenten versehenen Btx-Seiten in die Mail-box des Empfängers.

Der Rechner des Btx-Empfängers leert wiederum mit der gleichen Software direkt oder zeitgesteuert seine Btx-Mailbox. Das Programm prüft dabei Seite für Seite, setzt die zu einem Auftrag gehörenden Segmente zu einem Auftragsdatensatz zusammen und speichert diesen in der Empfängerauftragsdatei. Somit stehen die Auftragsdaten beim Hersteller für die weitere Verarbeitung zur Verfügung. In entgegengesetzter Richtung kann der Hersteller auch Nachrichten wie beispielsweise Auftragsbestätigungen, Änderungsmitteilungen oder Parameterdaten in die Mailbox des Händlers eingeben. Darüber hinaus führt das Programm auch eine AEK-Datei, in der alle Auftragsdaten aus der Korrespondenz zwischen Händler und Hersteller gespeichert werden und richtet außerdem noch eine Parameterdatei ein, die alle Angaben für den Verbindungsaufbau sowie die Anschrift des Herstellers enthält.

Das Senden von Aufträgen erfolgt entweder automatisch über das Teilnehmermodem DBT03 oder dialoggesteuert. Die im Speicher des Rechners stehenden Mitteilungen werden in die Btx-Mailbox des Empfängers übertragen. Was dann die Annahme von Meldungen und Aufträgen betrifft, so vollzieht sich dieser Vorgang in umgekehrter Richtung.

Ein Update der Parameter von Btx-Kommunikationspartnern ist ebenfalls möglich. Die Parameterdaten werden geschlossen von einem Datenträger übernommen, können aber auch manuell eingegeben werden. Zu den technischen Voraussetzungen für das System gehören nach Angaben von InfoTeSys ein Mikrobeziehungsweise Arbeitsplatzcomputer mit 256-KB-Hauptspeicher und mindestens 360 KB Diskettenkapazität. Gegenwärtig laufe Infotrans nur auf dem Betriebssystem MS-DOS. Ferner würde das übliche einschlägige Equipment, nämlich ein Btx-fähiges Terminal mit Decoder, ein Drucker und natürlich ein Bildschirmtext-Anschluß der Post benötigt. Das Programm wird nach Angaben der Düsseldorfer zufolge 1990 Mark zuzüglich Mehrwertsteuer kosten; die Leasinggebühr für eine komplette Hardware- und Softwarelösung liegt bei etwa 600 bis 700 Mark im Monat.

Wie es in diesem Zusammenhang weiter heißt, neigen auch Unternehmen mit Mainframe-Installationen für diesen Anwendungsfall zu einer Mikrolösung. Dazu Systemanalytiker Gerhard Rauschenberg von InfoTeSys: "Durch die Vorschaltung eines Arbeitsplatzcomputers wird für den jeweiligen Anwender eine gewaltige Entlastung des Hauptrechners geschaffen und die Kommunikation zwischen PC und einem Mainframe ist ja auch nicht mehr schwierig".

Besonderes Gewicht wird von seiten des Systemanbieters ferner auf die Tatsache gelegt, daß ihr Paket auf Mehrplatzsystemen lauffähig ist. Davon könne in erster Linie der Handel profitieren: "Es geht schließlich nicht an, daß ein Kunde den Möbelhändler nach dem Datum der Möbelanlieferung fragt und die Antwort bekommt, die Auskunft könne momentan nicht gegeben werden, weil die Kollegin an dem System gerade mit der Buchhaltung beschäftigt ist".

Mehrere Programme zur Auftragsabwicklung

Gleichzeitig mit dem Btx-Programm bietet InfoTeSys auch noch eine Auftragserfassung für die Möbelbranche an, die allerdings laut Rauschenberger "keinen - großen Komfort wie zum Beispiel Plausibilitätskontrollen bietet". Der Systemanalytiker verweist im Hinblick auf die Auftragsabwicklung auch auf die einschlägige Lösung des Garant-Möbelverbandes. Diese soll aus den Modulen Kundenverwaltung, Lieferantenverwaltung, Warenbestandsführung und -Kontrolle, Textverarbeitung, Druckprogramm, Bestell- und Lieferüberwachung und Inventur bestehen. Außerdem ist - so Geschäftsführer Lauten vom Garant Möbelverband - die Erstellung von Statistiken in dieser Lösung mitinbegriffen, wobei sowohl Renner- als auch Pennerlisten geführt würden.

Bei diesem Einkaufsverband läuft die Auftragsabwicklung übrigens auf einer Honeywell-Bull-Maschine vom Typ 6. Nach Angaben von Rauschenberg, Lauten und dem ersten Pilotanwender von Infotrans, der in der COMPUTERWOCHE lieber nicht namentlich genannt werden möchte, gibt es für die Auftragsabwicklung darüber hinaus noch mehrere andere Programme. Diese könnten - so fügen die DV-Experten aus der Möbelbranche ergänzend hinzu - mittels entsprechender Konvertierungsprogramme auch für die Btx-Software von InfoTeSys verfügbar gemacht werden.

Übereinstimmend wird übrigens von den DV-Branchenspezialisten darüber hinaus festgestellt, daß Infotrans zum gegenwärtigen Zeitpunkt die einzige Lösung darstellt, bei der die beim Händler auf Mikros erfaßten Aufträge automatisch via Btx an die Computer der Hersteller durchgereicht werden. Sie gehen ferner davon aus, daß bei Einführung des neuen Systems durch die Verkürzung der Auftragslaufzeiten und die Minimierung der Auftragsnachbearbeitung Zeitvorteile von bis zu einer Woche herausspringen. Das Produkt wird Anfang Mai auf der Garant-Möbel-Regionaltagung offiziell vorgestellt. Auch die Einkaufsverbände selbst wollen langfristig gesehen die Btx-Auftragsübermittlung nutzen. Dazu Geschäftsführer Horst Tietke von der Unternehmensberatung BVU: "Dieses Thema hat natürlich eine politische Brisanz. Die Einkaufskorporationen versuchen sich dazwischenzuschalten, um eine hohe Einkaufskonzentration über ihre Zentralen zu bekommen." Eine Lösung könnte zum Beispiel so aussehen, daß sich der Händler gar nicht dieses Systems bedient, sondern beim Einkaufsverband im Rechnerverbund ordert, der hinwiederum per Btx die Bestellungen an den Hersteller weitergeben würde. Auf diesem Weg kämen die Einkaufsverbände auch sehr viel früher als bisher in den Besitz von Renner- und Pennerlisten.