Seit zwei Jahren liegen die EG und Japan im Chip-Clinch:

Brüssel und Tokio kommen sich näher

07.07.1989

BRÜSSEL (CW) - Das von der EG-Kommission 1987 eingeleitete Antidumping-Verfahren gegen japanische Chip-Produzenten scheint dem Ende entgegenzugehen. Japan stellte jetzt Preiszusagen für Speicherchips in Aussicht. Sanktionen in Form von Strafzöllen werden die japanischen Halbleiterhersteller wegen ihrer unfairen Preispolitik indes nicht zu befürchten haben.

Seit gut zwei Jahren führt die EG-Kommission ein Antidumping-Verfahren gegen Japans Halbleiterproduzenten durch. Zum einen hatten die EG-Kommissare den Vorwurf zahlreicher europäischer Halbleiterhersteller zu überprüfen, ob die japanischen Kontrahenten 1986 und Anfang 1987 ihre 256-DRAM-Chips in Europa zu Billigpreisen anboten, zum anderen befaßten sie sich mit dem 1986 geschlossenen Chip-Pakt zwischen den USA und Japan sowie dessen Auswirkung für den europäischen Halbleitermarkt.

Vor allem die Preispolitik der Japaner hat die europäischen Wettbewerber auf die Palme gebracht. Mitte der achtziger Jahre, so wies der europäische Dachverband der Hersteller elektronischer Elemente (EECA) nach, seien die Preise der Japaner so niedrig gewesen, daß die europäischen Anbieter Absatzprobleme bekamen. Dadurch hätten sie die Erweiterung ihrer Produktionskapazitäten hinausgezögert. Dies habe mit zur Folge gehabt, daß es im Laufe des vergangenen Jahres zu einem Versorgungsengpaß gekommen sei, der die europäischen Verbraucher noch weiter in die Abhängigkeit der Japaner getrieben habe. Diese wiederum, so die EECA weiter, hätten den Halbleiter-Enpaß in Europa dazu genutzt, ihre Speicherchips nunmehr zu überhöhten Preisen anzubieten.

Obwohl die EG-Kommission die Verstöße der Japaner bestätigt sieht, wird sie von Sanktionen in Form von Strafzöllen absehen. Mittlerweile nämlich sind die Preise für DRAM-Chips weltweit derart drastisch gestiegen, daß zusätzliche Strafzölle für den europäischen Anwender nicht vertretbar sind. So könnten die japanischen Anbieter jetzt problemlos die Auflage der EG erfüllen, die DRAM-Chip-Preise auf einem bestimmten preislichen Niveau festzulegen. Die endgültige Entscheidung seitens der Japaner wird in wenigen Wochen erwartet.

Darüber hinaus erklärte Japan die Kontrolle der Preise für den Export von Halbleitern auf den europäischen Markt nun definitiv für beendet. Diese Exportpreisüberwachung war im Chip-Abkommen zwischen den USA und Japan 1986 festgelegt worden, beschränkte sich aber nicht nur auf die US-Einfuhren, sondern erstreckte sich auch auf den EG-Markt. Die EG-Kommission hatte immer wieder argumentiert, es gehe nicht an, daß die Preise für Produkte auf den eigenen Märkten von außen bestimmt würden. Dem zugestimmt hatte bereits im vergangenen Jahr der Ausschuß des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT).