Berufungsgericht legitimiert Integration des Internet Explorer

Browser-Bundle: Etappensieg für Microsoft

03.07.1998

"Keine große Sache", so kommentierte Larry Ellison, CEO des Datenbankherstellers Oracle, das am 23. Juni gefällte Urteil eines Bundesberufungsgerichts, das die Verbindung des Microsoft-Browsers Internet Explorer mit dem Betriebssystem Windows 95 genehmigt hatte.

Seine Meinung teilen US-Justizministerin Janet Reno sowie der Chef der Wettbewerbskommission des US-Justizministeriums, Joel Klein. Beide betonten, die Kartellrechtsuntersuchungen gegen die Gates-Company würden fortgesetzt und zeigten sich zuversichtlich, "einige monopolistische Praktiken aufdecken zu können".

Weniger gelassen sieht Jim Barksdale, Chairman von Microsofts Browser-Konkurrent Net- scape, die Entscheidung des Berufungsgerichts: "Das Votum fiel zwei zu eins aus. Ich fühle mich wie ein Politiker, der mit einer Stimme geschlagen wurde."

Mit markigen Worten kommentierten Vertreter des Redmonder Softwaregiganten den Beschluß der Justiz: "Diese Entscheidung ist eine gute Nachricht für alle Konsumenten und die gesamte Computerindustrie", ließ sich etwa Bob Herbold, Microsofts Executive Vice-President und Chief Operating Officer, zitieren. Laut Petra Trautwein, als Pressereferentin bei der deutschen Microsoft-Dependance in Unterschleißheim tätig, läßt sich noch nicht sagen, ob die aktuelle Entscheidung sich auf das für den Herbst angesetzte Kartellverfahren auswirken wird.

Im Dezember hatte Bezirksrichter Thomas Jackson per einstweiliger Verfügung die Trennung des Explorer vom Betriebssystem angeordnet, nachdem das Justizministerium Microsoft wegen Bruchs des Consent Decree von 1995 verklagt hatte. Darin war es dem Konzern untersagt worden, den Verkauf eines Produktes mit dem eines zweiten zu verbinden. Das Berufungsgericht begründete seine jetzige Entscheidung mit verfahrensrechtlichen und inhaltlichen Fehlern von Richter Jackson. Zudem neige es dazu, Browser und Betriebssystem als integriertes Bundle zu betrachten. Nach Auffassung des Gerichts hat Microsoft klar demonstriert, daß die Integration von Windows 95 und den Funktionen des Web-Browsers Vorteile für die Anwender bietet.

Letztere Aussage könnte weitreichende Folgen für die laufenden kartellrechtlichen Untersuchungen gegen Microsoft haben. Dieser Auffassung ist auch Tylen Baker, ein ehemaliger Anwalt der Kartellbehörde des US-Justizministeriums. Baker teilte der CW-Schwesterzeitschrift "Computerworld" mit, die Legitimation der Kopplung von Browser und Betriebssystem habe "signifikante Konsequenzen" für die rechtliche Beurteilung von Windows 98. Allerdings könnte sich das Justizministerium genötigt sehen, die durch die Integration beider Softwareprodukte entstandenen Wettbewerbsvorteile für den Softwaregiganten zu korrigieren.

Derweil hat sich Microsoft an ganz anderer und unerwarteter Front gegen Angriffe zu erwehren: In einem Gerichtsverfahren muß das Unternehmen darlegen, ob es berechtigt ist, den Namen "Internet Explorer" für seine in Windows 98 integrierte Browser-Software zu nutzen. Der Software-Entwickler Dhiren Rana hatte bereits 1994 für den mittlerweile nicht mehr existierenden Internet-Service-Provider (ISP) Synet Inc. einen Browser entwickelt, der diesen Namen trägt. Rana hatte darüber hinaus 1995 einen Warenzeichenschutz beantragt. Bereits vor einem Monat hat das US Patent and Trademark Office nun mit dem Verfahren zur Registrierung des Internet-Explorer-Trademarks begonnen.

Vor einem Gericht in Chikago wird darüber hinaus ein Verfahren vorbereitet, in dem geklärt werden soll, ob Microsoft den Namen unrechtmäßig benutzt (siehe auch Seite 4). Der Softwaregigant ist der Meinung, Internet Explorer sei ein zum allgemeinen Sprachgebrauch gehöriger Gattungsbegriff, der daher nicht zugunsten eines einzelnen Eigentümers geschützt werden könne.

Nach Auffassung der deutschen Microsoft-Sprecherin Trautwein ist die Verwendung des Produktnamens in jeder Weise legal. Aus Sicht des Unternehmens könne eine dem zuwiderlaufende Klage vor Gericht daher keinen Erfolg haben. Vor einer Namensvergabe prüfe der Softwarehersteller eingehend, ob die Bezeichnung bereits durch ein Warenzeichen geschützt ist. Über einen Internet Explorer einer Firma Synet Inc. konnte sich die Sprecherin nicht äußern und verwies auf die US-Zentrale. Ein Statement aus Redmond ließ sich vor Redaktionsschluß nicht mehr einholen.