Web

Branchengrößen machen sich für DRM stark

11.12.2003

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Eine Reihe gewichtiger Hersteller aus den Bereichen Technik und Medien haben sich zum Content Reference Forum (CRF) zusammengeschlossen. Mit einer neuen Spezifikation, die die Übertragung von Inhalten zum Verbraucher über das Netz unter Berücksichtigung komplexer vertraglicher Beziehungen zwischen den Rechteinhabern steuern soll, wollen sie gegen Raubkopien und Online-Piraterie vorgehen. Zu den Gründungsmitgliedern gehören unter anderem Microsoft, NTT, die Universal Music Group und Verisign.

Ziel der gemeinsamen Arbeit sei eine technische Plattform, mit der Medienkonzerne und andere Eigentümer digitaler Inhalte diese über unterschiedliche technische Umgebungen und Geografien hinweg verbreiten könnten, erklärte CRF-Chairman Albhy Galuten, früherer Advanced Technical Lead bei UMG. "Niemand hat bislang die Probleme adressiert, wie man die Online-Verteilung von Inhalten effektiv und nahtlos hinbekommt", sagte Galuten.

Wenn beispielsweise ein Musikfan aus den USA den Link auf einen Song einem Freund in Frankreich schicke, dann sollte dessen Sprachpräferenz berücksichtigt werden. Und wenn der Nutzer nicht persönlich eine Kopie des Songs besitze, dann sollte er die Möglichkeit erhalten, diesen so zu erwerben, dass die verschiedenen Verträge zwischen Labels und Distributoren für den französischen Markt dabei beachtet würden, so der CRF-Vorsitzende. "Es gilt, einen Inhalte-Verweis so aufzulösen, dass Verbraucher passende Instanzen eines Inhalts orten und erwerben können", erklärte Galuten.

Aktuelle Dienste wie Apples iTunes Music Store oder Roxios Napster führten zu einer Balkanisierung der Musikindustrie, klagte der Manager. Die Anbieter bauten eigene Distributionskanäle auf, um den Verkauf weiterer Produkte - bei Apple beispielsweise des "iPod"-Players - anzukurbeln. "Es gibt keinen Grund, warum das erste Led-Zeppelin-Album [derzeit iTunes-exklusiv online] nicht auch auf einem Sony-Gerät, einem PC oder Napster zugänglich sein sollte", so Galuten.

Ein erster Entwurf der geplanten Technik findet sich als "CRF Basic Profile 1.0" auf der Website der Initiative. Beschrieben werden darin Formate für Content-Verweise, die das CRF definiert als "Datenpakete, die Inhalte und den Kontext, din dem diese genutzt werden, eindeutig identifizieren". Dies schließe unter Umständen Informationen über die spezielle Umgebung eines Verbrauchers ein, so Galuten. Ebenfalls spezifiziert wird die "Contract Expression Language" (CEL), mit der sich "vertragliche Bestimmungen ausdrücken und durchsetzen" lassen.

Galuten ergänzte, die Arbeit des CRF setze auf vorhandenen Spezifikationen von beispielsweise MPEG 21 oder OASIS auf. Man wolle das Rad nicht neu erfinden, sei aber mit dem speziellen Thema Content-Verteilung bei den genannten Organisationen ebenso wenig richtig aufgehoben gewesen wie etwa beim W3C. Erste technische Demonstrationen des CRF-Ansatzes soll es schon in Kürze geben, und zwar je eine von Universal und Verisign. Geplant ist auch ein Plug-in für CRF-Links für Microsofts Windows Media Player.

Die Verbraucherschutzorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF), mit der einige CRF-Mitglieder schon bei der OASIS zusammengerasselt waren, äußerte Bedenken gegen das geplante Konzept, das ein umfassendes DRM-System (Digital Rights Management) darstelle. Zwar seien Standardisierung und Interoperabilität lobenswert, doch dürfe es nicht passieren, dass der Zugang zu Mediendateien etwa zum Zwecke von Parodien oder politischer Betätigung (beide von der US-Verfassung geschützt) verwehrt werde. Die EFF kritisierte ferner generell, dass dem CRF keinerlei Verbrauchervertretungen angehörten. (tc)