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Bookmarks - eine Müllhalde für Informationsschrott?

23.01.2004

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Die National Science Foundation finanziert der Information School der Universität von Washington ein Projekt mit Namen "Keeping found things found" - lax übersetzt mit Fundsachen wieder finden. 378.000 Dollar ist dies der unabhängigen US-amerikanischen Regierungsbehörde in den kommenden drei Jahren wert. Ziel soll sein, neue Wege für eine sinnvollere Technik zur Verwaltung von Internet-Lesezeichen ("Bookmarks", "Favoriten") zu finden.

Mag sich vielleicht nicht so sexy anhören. Aber William Jones, Research Associate Professor an der Information School, der zusammen mit seinem Kollegen Harry Bruce das Projekt leitet, hat in Untersuchungen festgestellt, dass Browser-Lesezeichen zunehmend zu einer unsortierten und nicht mehr handhabbaren Linksammlung für Anwender werden. Oft wissen Benutzer gar nicht mehr, was sich hinter den einmal angelegten Links verbirgt. Mit einem Wort: "Oft schauen sich Anwender ihre Favoritensammlung lieber gar nicht mehr an", sagt Jones, "weil diese ohnehin nur eins offenbaren würde: dass wir nicht in der Lage sind, uns zu organisieren."

Diesem Umstand wollen Jones und Bruce nun abhelfen. Grundproblem der Favoritenlisten ist, dass sich deren Benutzer nicht erinnern können, was mit den Links inhaltlich verbunden ist, fanden die Forscher in ersten Untersuchungen heraus. Also haben die Professoren den Prototypen einer Software entwickelt, der das Favoriten-Feature des Internet Explorers verändert. "Add to Favorites 2" besitzt eine Inhaltsbox, in der Anwender eine Kurzbeschreibung der angesteuerten Website anfertigen können. Außerdem kann der Link per E-Mail versandt und in einen Dokumentenorder gespeichert werden. Die Software soll nun von Surfern getestet werden.

Eine Vorabprüfung des Werkzeugs war allerdings, gesteht Jones ein, nicht sehr ermutigend. Benutzer, die sich einmal entschieden hatten, keine Favoritenlisten mehr zu verwenden, ließen sich auch durch das neue Software-Tool nicht mehr umstimmen. Für Surfer, die aber nach wie vor Bookmarks anlegen, dürfte das Konzept von Add to Favorites 2 aber sicherlich einen Mehrwert bringen, sagte Jones.

Microsoft hat sich des Themas übrigens auch schon angenommen, schreibt die "New York Times". Unter Leitung von Susan Dumais, Senior Researcher bei Microsoft, wurde das Tool "Stuff I've seen" entworfen. Mit diesem Werkzeug können Anwender über Schlüsselbegriffe zu einem bestimmten Thema sowohl Inhalte von E-Mail-Mitteilungen als auch von Websites finden. Die Software eruiert dabei sowohl Homepages, die schon einmal angesteuert wurden, als auch neue. Das Stück Software wird Microsoft nicht als Solo-Produkt anbieten, sondern in die nächste Betriebssystemgeneration "Longhorn" integrieren, sagte Dumais. Diese wird wohl erst 2005, wenn nicht 2006 auf den Markt kommen.

Das Problem scheint übrigens durchaus auch akademisch zu sein: Je besser Suchmaschinen werden, desto seltener werden Surfer auf Linklisten zurückgreifen müssen, um zu bestimmten Themen geeignete Treffer im Internet zu landen. (jm)