Kommission soll Organisationsstrukturen der Post prüfen

Bonn segnet IT-Förderprogramm endgültig ab

23.03.1984

BONN - Mit mehr als dreimonatiger Verspätung hat die Bundesregierung den im Mai letzten Jahres angekündigten "Regierungsbericht Informationstechnik" vorgelegt: Wie erwartet, werden danach bis 1988 aus dem Etat des Bundesforschungsministeriums (BMFT), unter dessen Federführung das 33-Punkte-Programm entstand, rund drei Milliarden Mark an Fördergeldern bereitgestellt. Eher unerwartet ist dagegen die geplante Einsetzung einer "hochrangigen Kommission Post- und Fernmeldewesen", die über neue Strukturen bei der Bundespost nachdenken soll.

Wie Bundesforschungsminister Heinz Riesenhuber vor der Presse in Bonn einräumte, waren "langwierige Diskussionen" zwischen seinem Haus und dem Bundeswirtschaftsministerium der Grund für die Verzögerungen bei der Fertigstellung des Berichts. Mittlerweile gebe es jedoch einen "völlig ungebrochenen Konsens" zwischen allen beteiligten Ressorts, zu denen neben dem Forschungs- und dem Wirtschaftsministerium auch das Verteidigungs-, das Bildungs- sowie das Bundespostministerium zählen.

Im Mittelpunkt der finanziellen BMFT-Förderung steht mit 1,39 Milliarden Mark der Bereich Bauelemente: Auf das "Sonderprogramm Mikroperipherik" entfallen 320 Millionen Mark, auf den "Rechnergestützten Entwurf (CAD) für integrierte Schaltungen" sowie auf "Schlüsselkomponenten" jeweils 90 Millionen Mark, auf das "Submikronprojekt" 600 Millionen Mark, auf "Neue Bauelemente-Techniken" 200 Millionen Mark und auf die "Integrierte Optik" 90 Millionen Mark.

Die insgesamt 520 Millionen Mark für den Sektor "Elektronische Datenverarbeitung" verteilen sich wie folgt: Je 160 Millionen Mark für den "Rechnergestützten Entwurf (CAD) für Computer und Software" sowie für "Neue Rechnerstrukturen" und 200 Millionen Mark für "Wissensverarbeitung und Mustererkennung". Für den dritten Kernbereich der Forschungsförderung, die industrielle Automation, sind insgesamt 530 Millionen Mark bereitgestellt.

Darüber hinaus fließen aus dem Riesenhuber-Ministerium je 100 Millionen Mark in die Grundlagenforschung sowie in das geplante Deutsche Forschungsnetz (DFN), 260 Millionen Mark in das Feld, "Breitband-ISDN und optische Nachrichtentechnik" und 60 Millionen Mark in Entwicklungen für hochauflösendes Fernsehen. Alles in allem hofft der Forschungsminister, mit seiner Drei-Milliarden-Spritze weitere Investitionen in Höhe von sieben bis zehn Milliarden Mark zu mobilisieren.

Durch zusätzliche flankierende Maßnahmen will die Bundesregierung auch zu einer "Verbesserung der marktwirtschaftlichen Rahmenbedingungen" beitragen, Hierzu zählen zum Beispiel eine "innovative öffentliche Beschaffung", die durch die bevorstehende Novellierung der Verdingungsordnung für Leistungen - ausgenommen Bauleistungen (VOL/A) erreicht werden soll, sowie eine Offenlegung von Schnittstellen und Kommunikationsverfahren. "Die Bundesregierung", so heißt es in Punkt (4) des Programms, "wird. . . bei ihren Ausschreibungen für Beschaffungen grundsätzlich fordern, daß in den Produkten und Schnittstellen entweder die offiziellen Normen verwendet werden oder daß der Anbieter geeignete Schnittstellen und die diesbezüglichen Informationen für Anschluß beziehungsweise Kopplung mit Produkten auch anderer Hersteller anbietet."

Besonders intensiv beschäftigt sich der Regierungsbericht im Abschnitt "Technische Kommunikation" mit der Deutschen Bundespost sowie deren Bedeutung einerseits als Normungsinstanz und andererseits als großer öffentlicher Nachfrager. So sollen im Hause Schwarz-Schilling "als Basis für das Entwicklungsprogramm zum Ausbau Technischer Kommunikationssysteme" sowohl ein mittelfristiges, auf fünf Jahre angelegtes Programm als auch eine "langfristige Perspektive" für die nächsten zehn Jahre erarbeitet werden.

Zum Thema "Ausbau des ISDN" stellt der Bericht fest, daß die Post beabsichtigt, ISDN ab 1985 zu erproben und ab 1987 einzuführen, beginnend in geschäftlichen Zentren. Spätestens zehn Jahre nach Einführungsbeginn solle ISDN überall im Bundesgebiet anbietbar sein. Die Post werde "die Voraussetzungen für einen nachfrageorientierten Ausbau" schaffen, wobei aus heutiger Sicht bis 1995 eine Nachfrage von drei bis vier Millionen ISDN-Anschlüssen zu erwarten sei.

Außerdem - so Punkt (13) "Breitband-ISDN und optische Nachrichtentechnik" - soll, "zum frühestmöglichen Zeitpunkt, aus heutiger Sicht spätestens zwei Jahre nach Einführungsbeginn des ISDN, mit dem nachfrage- und rentabilitätsorientierten Ausbau des langfristig einzurichtenden Breitband-ISDN begonnen werden, damit bis 1995 Breitbanddienste für einen ansehnlichen Teil der ISDN-Teilnehmer verfügbar gemacht werden können".

Darüber hinaus werde die Post dem jeweils entsprechenden technischen und wirtschaftlichen Stand der Glasfasertechnologie diese in ihren Fernmeldenetzen einsetzen und damit den gleitenden Übergang vom K(...)ferkabel zum Glasfaserkabel im Vermittlungsnetz fördern. Innerhalb eines Jahres werde die Bundespost hierfür "eine quantitative Rahmenvorstellung" erarbeiten.

Schließlich hat die Bundesregierung in ihrem Programm Informationstechnik auch nicht versäumt Aussagen zum Thema "Monopol und Wettbewerb im Fernmeldewesen zu machen. In Punkt (17) heißt es da zur Endgerätepolitik: "Die DBP wird bei Endgeräten die liberale Zulassungspolitik fortführen und den Anschluß aller Endgeräge an. . . (die) Fernmeldenetze gestatten die aufgrund einer Typprüfung den Zulassungsanforderungen entsprechen und deren qualifizierte Wartung sichergestellt ist". Die Bundesregierung werde prüfen, wie auf den künftigen Endgerätemärkten möglichst liberale Bedingungen hierfür sichergestellt werden könnten.

Struktur der Bundespost unter der Lupe

Prüfen will das Kabinett auch, "ob für die Hoheits- und Unternehmensaufgaben der DBP neue Strukturen gefunden werden können, die ein rascheres Reagieren auf technische, wirtschaftliche und politische Entwicklungen ermöglichen". Die Regierung werde daher eine hochrangige Kommission mit Vertretern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik einsetzen. Diese solle bis Ende 1985 zu diesen Fragen einen Bericht erarbeiten, in dem auch die Entwicklung in anderen Ländern berücksichtigt sei.