Trotz ungünstiger Zeit für Neu-Emissionen

Börsengang der Spea Software AG ist jetzt eine beschlossene Sache

26.06.1992

MÜNCHEN (bk) - Bei der Spea Software AG, Starnberg, stehen derzeit alle Zeichen auf Expansion. Im laufenden Geschäftsjahr will der Spezialist für Grafiksysteme nicht nur beim Umsatz deutlich zulegen, geplant sind auch Kooperationen mit kleinen, innovativen Hard- und Softwarefirmen. Das nötige Kapital für die Wachstumspläne soll der Gang an die Börse bescheren.

Unklar ist jedoch noch, wann die Einführung der Aktien erfolgen soll. Spea-Finanzchef Bernd Holzhauer erklärte dazu: "Wir könnten innerhalb der nächsten drei oder vier Monate an die Börse gehen. Doch momentan ist das Klima für Neu-Emissionen nicht so, wie wir uns das vorstellen." Deshalb werde man erst einmal abwarten, zumal auch das endgültige Bankenkonsortium, das Spea an die Börse bringen soll, noch nicht feststeht.

Rund 20 bis 30 Millionen Mark Neukapital erhofft sich Firmengründer und

Vorstandsvorsitzender Ulrich Seng von der Plazierung der Spea-Stammaktien an der Börse. Trotz der Finanzspritze sieht Seng diesen Schritt mit einem lachenden und einem weinenden Auge, da ihm dadurch die Stimmenmehrheit genommen wird. Derzeit hält er 50,5 Prozent der Stimmrechte und 28,4 Prozent des Grundkapitals (500 000 Mark), der Rest ist im Besitz von Venture-Capital-Gesellschaften und Mitarbeitern. "Mit dem Gang an die Börse aber", so bedauert Seng, "kann ich die Stimmenmehrheit nicht behalten."

Das neue Kapital sei indes wichtig für die geplanten Kooperationen mit kleinen Hard-

und Softwarefirmen, die Basisentwicklung betreiben. Seng: "Auch in der heutigen Zeit gibt es noch Garagenfirmen, und die versuchen wir zu finden." So habe man beispielsweise ein kleines Unternehmen in Holland ausfindig gemacht, das für Spea sehr interessant sei. Allerdings, stellte der Vorstandsvorsitzende gleich klar, werde man keine Firma aufkaufen, möglich seien nur kleine Beteiligungen

US-Tochter schrieb 1991 rote Zahlen

Die Spea Software hat seit ihrer Gründung vor knapp sieben Jahren eine beachtliche Entwicklung durchlaufen. 1985 hatte der Ex-Kontron-Mitarbeiter Seng zusammen mit Kollegen das Unternehmen aus der Taufe gehoben mit dem Ziel, Software für das Design von elektronischen Komponenten zu entwickeln. 1987 orientierte man sich um, spezialisierte sich auf die Entwicklung von Grafiksystemen, mit denen man sich laut Vorstandsvorsitzenden heute vor allem durch Windows, aber auch durch den Multimedia-arkt vor neue Herausforderungen gestellt sieht.

Im vergangenen Geschäftsjahr konnte Spea den Umsatz auf rund 70 Millionen Mark steigern, für 1992 ist der Sprung über die 100-Millionen-Mark Grenze fest ins Visier genommen. Der Personalbestand soll im laufenden Geschäftsjahr von 109 auf 150 Mitarbeiter wachsen. Vor allem aber wollen die Starnberger 1992 die Ertragssituation wieder verbessern, nachdem der Jahresüberschuß 1991 von rund 4,4 auf knapp 2,5 Millionen Mark zurückgegangen war. Dieses enttäuschende Ergebnis ging vor allem auf das Konto der schwachen US-Tochter in Los Altos. So steuerte die Spea Inc. 1991 nur 1,2 Millionen Mark zum Gesamtumsatz bei und schrieb rote Zahlen. Die zweite Auslandstochter in Großbritannien, die Spea Graphics Ltd. in Thame, brachte zwar auch kein berauschendes Geschäftsjahr hinter sich, kam aber wenigstens noch auf einen Umsatz von 3,3 Millionen Mark.

Dazu Finanzchef Bernd Holzhauer: "Wir sind in den USA etwas auf die Nase gefallen. Darauf mußten wir schließlich reagieren. "So leiteten die Starnberger Ende 1991 organisatorische und marktpolitische Umstrukturierungen ein und reduzierten die US-Belegschaft von zwölf auf sieben Mitarbeiter, was 1991 zu außerordentlichen Aufwendungen von insgesamt 2,5 Millionen Mark führte. Ein Rückzug aus dem amerikanischen Markt ist indes nicht geplant. Seng: "Wir müssen in diesem wichtigen Markt lokal vertreten sein." Allerdings soll sich die US-Tochter fortan nur noch mit Forschungs- und Entwicklungsarbeiten für die deutsche Mutter befassen.