Allianz gegen Desktop-Dominanz von Microsoft Windows\

Börse spekuliert über mögliche Übernahme von SCO durch USL

14.08.1992

MÜNCHEN (see) - An der New Yorker Börse kursieren Gerüchte, die Unix Systems Laboratories Inc. (USL) rüste sich für eine Übernahme der Santa Cruz Operations Inc. (SCO). Das meldet der englische Branchendienst "Computergram International". Potentiell Betroffene üben sich in Zurückhaltung.

Yesse D. Young, Geschäftsführer der SCO GmbH in Frankfurt, ist nach seinen eigenen Worten nichts bekannt von Gesprächen seines Unternehmens mit der USL, und er hielte dies auch nicht für sinnvoll. Vielmehr müßten eher die Standardisierungsbemühungen in der Unix-Szene verstärkt werden, als Zusammenschlüsse anzustreben, urteilt Young. Auch USL-Europachef Bob Mitze weiß angeblich nicht von Gesprächen, hält aber eine Konzentration am Unix-Markt für unausweichlich.

USL kämpft auf dem Betriebssystem-Markt vor allem gegen die Microsoft Corp., Entwickler des noch nicht ausgelieferten 32-Bit-Windows New Technology (NT). Zusammen mit SCO, dem Weltmarkt-Führer für PC-Unix, hätte USL, eine deutlich stärkere Position gegenüber der Company von Bill Gates, die mit geschätzten knapp zehn Millionen Installationen des 16-Bit-Windows den Desktop-Sektor dominiert.

Für USL wäre eine Übernahme der umsatzmäßig doppelt so großen SCO indessen nicht zu finanzieren, gibt "Computergram" die Einschätzung von Börsianern wieder. Daher müsse man sich der Mithilfe finanzkräftiger Anteilsinhaber, etwa des PC-Netze-Marktführers Novell Inc., versichern. Von der deutschen Novell-Niederlassung in Düsseldorf war hierzu auf Anfrage keine Stellungnahme zu erhalten.

Für Sun Microsystems, wie Novell an dem AT&T-Spin-off USL beteiligt, äußerte sich Marketing-Leiter Gert Haas. Auch ihm ist nach eigener Auskunft nichts von Übernahmegesprächen zwischen USL und SCO bekannt; ein solches Vorhaben würde jedoch nach seiner Einschätzung Proteste wegen einer eventuell marktbeherrschenden Stellung hervorrufen.

Aus Sun-Sicht dagegen, so Haas' Einschätzung, würde ein Zusammengehen der beiden Anbieter eine "Bereinigung der Unix-Szene" bedeuten und zur Standardisierung beitragen. Der Workstation-Hersteller hätte keine Probleme damit, denn man zähle sich zum "USL-Lager", was sich auch darin äußere, daß man gerade die Sun-Implementation des USL-Unix V.4 mit der des PC-Unix-Anbieters Interactive zusammenführe.

Gunther Guzielski, Marketing-Chef des USL-Investors Motorola Computersysteme GmbH in Hamburg, legt Wert auf die Feststellung, es sei seine persönliche Ansicht, daß Merger-Gespräche zwischen SCO und USL durchaus positiv zu bewerten wären. "SCO zusammen mit USL hätte am ehesten die Chance, Unix im Desktop-Bereich gegen NT wohl nicht durchzusetzen, aber stark zu machen", spinnt Guzielski den Wall Street-Faden weiter. So wie Unix V.4 bei Server-Mehrplatz-Systemen dominiere, würde Guzielski es "begrüßen, wenn man ähnliche Technologie auch im Desktop-Bereich hätte. Dafür biete SCO-Unix nach seiner Einschätzung eher eine Gewähr als NT von Microsoft", urteilt der Marketier.