Rechnerintegrierte Fertigung in mittelständischem Unternehmen:

BMFT-geförderte Anwendung von C-Techniken auf einer RS/6000

11.09.1992

Informationstechnische Verknüpfung von CAD-Arbeitsplätzen mit CNC-Produktions-und NC-Meßmaschinen, so lautete die Aufgabe beim Werkzeug- und Maschinenbauer Oppold. Durch die Steinbeis-Stiftung wurde die GmbH auf das BMFT-Projekt zur Einführung rechnerintegrierter Fertigung aufmerksam und hat sich dafür beworben. Mit Hilfe externer Berater entwickelten die Oberkochener ein Konzept, das heute auf einer RS/6000 realisiert wird.

"Beim Projektstart", berichtet Helmut Schrammel, Geschäftsführer der Maschinenfabrik, "waren wir ziemlich ahnungslos, aber die ASA-Consulting aus München griff uns quasi als Universalberater unter die Arme. Ohne externe Unterstützung", so Schrammel "geht es in

mittelständischen Unternehmen bei komplexen CIM-Projekten nämlich nicht."

In einem ersten Schritt wurde ein übergreifendes "Ideal-CIM-Konzept" entwickelt (siehe Abbildung 1). In der nächsten Stufe überprüften die Verantwortlichen durch eine sehr genaue Betriebsanalyse die Durchführbarkeit dieses CIM-Gesamtkonzeptes und leiteten daraus eine realisierbare Lösung ab. Schon aus der Vorgehensweise wird klar, daß das Unternehmen bereit war, seine gewachsene Organisation in Frage zu stellen und falls erforderlich neuen Abläufen anzupassen.

Für das Projekt wurden die folgenden Ziel formuliert:

- Verbesserung der Marktstellung,

-Verkürzung der Durchlaufzeiten,

- größere Transparenz der Fertigungsabläufe sowie der gesamten Auftragsabwicklung,

- Produktivitätssteigerung und

- Erhöhung der Flexibilität.

"Natürlich erwarteten wir aus der Durchführung dieses Projektes auch die Erfüllung der folgenden Wunschziele", meint der Geschäftsführer:

- Reduzierung der Herstellkosten,

-Verbesserung der Produktqualität ,

-Früherkennung und eventuelle Ausschaltung von Fehlerquellen und

-eine höhere Motivierbarkeit der Mitarbeiter.

Um diese Ziele zu erreichen wurde ein durchgängiger Informationsfluß von der Kundenanfrage über die Planung und Fertigung bis zum Versand konzipiert. Es folgte die Definition der Schnittstellen zwischen den einzelnen CIM-Komponenten. Das Ergebnis war das in Abbildung 2 dargestellte Sollkonzept .

Die in der Verwaltung vorhandenen PCs wurden während der Projektlaufzeit sektoral vernetzt. Eine Einbindung in den Fertigungsablauf soll erst mit der Einführung eines BDE- und PPS-Systems erfolgen.

Besprechungen machten deutlich, daß die Kommunikation zwischen Technischem Büro/Konstruktion, Arbeitsvorbereitung/Fertigung und Verkauf/ Vertrieb verbessert werden muß. Insbesonders kam es darauf an, die Verfügbarkeit der geometrischen Werkzeugdaten sowie deren Qualitätsmerkmale für die unterschiedlichen Unternehmensbereiche ständig aktuell verfügbar zu halten.

Wie wichtig die prozeßorientierte Gestaltung der Ablauforganisation ist, zeigt die aktuelle CIM-Studie von A.T. Kearney und VDI. Bei vielen Unternehmen sei festzustellen, so ein Ergebnis der Untersuchung, daß die Systeme zwar im Einsatz sind, die erwartete Senkung der Konstruktionskosten jedoch nicht eingetreten ist.

Eine wichtige Rolle bei Oppold spielte daher auch der zentrale CAD-CAM-Pool. Er umfaßt-die zentrale Werkzeuge-Datenbank und die Bauteilebibliothek,

-die Entwicklung,

-die 2D-Zeichnungserstellung mit Generierung der Stücklisten,

-die 3D-Konstruktion,

-die Solid Konstruktion,

-die NC-Programmierung und Postprocessing,

-die Erzeugung der Meßpunkte für das CAQ-System und

-die Datenweitergabe an den DNC Server an den Vertrieb.

Ein DNC-Server, der direkt mit den CAD Arbeitsplätzen so wie dem CAQ-System verbunden ist, dient als Fileserver. Er versorgt die CNC-Werkzeugmaschinen mit NC-Teileprogrammen, übernimmt die NC-Programm- und Meßdatenverwaltung sowie die Verwaltung der Lieferverzeichnisse und der BG-Test Prüfzeichen(Berufsgenossenschaftliches Prüfzeichen für Holzbearbeitungswerkzeuge).

ASA-Consulting hat gemeinsam mit Oppold eine klare Vorgehensstrategie entwickelt und auch durchgehalten. Wichtige Arbeitsprozesse wurden gestrafft und formalisiert. Dazu zählten:

-die Standardisierung der Stücklisten und Arbeitspläne,

-die Ausarbeitung von Richtlinien für die Konstruktion von Gesamtzeichnungen, Einzelteilzeichnungen, Fertigungszeichnungen etc. und

-die Entwicklung sowie Ausarbeitung eines Lieferverzeichnisses über das gesamte Produktprogramm als Basis für eine gemeinsame Datenbank.

"Auf der Basis dieser Vorarbeiten haben wir dann die Anforderungen an die Hard- und Software formuliert und ein Schulungskonzept für unsere Mitarbeiter entwickelt", erläutert Carsten Jungk, Projektingenieur bei Oppold die Vorgehensweise. Das ausgearbeitete

Pflichtenheft wurde insgesamt fünf Anbietern zur Verfügung gestellt. Die Entscheidung fiel dann für das CAD-CAM-System IBM RISC 6000/Catia mit dem Datenbanksystem Library; die PCs arbeiten mit dem LAN-Paket 1.5 von DBase 4", so Jungk.

Die wesentlichen Gründe für diese Entscheidungen waren:

-gute CIM-Durchgängigkeit,

-Möglichkeit der Einbindung in heterogene Netze,

-ein weitverbreiteter Industriestandard und

-vergleichbare Referenzinstallationen .

Die einzelnen Arbeitsschritte bei der Implementation des Systems wurden dabei unter den Aspekten DV-technische, organisatorische und personelle Maßnahmen vollzogen. Allein die

Schulungsmaßnahmen der Mitarbeiter in den Bereichen CAD, CAM, Betriebssystem und Datenbank schlugen mit zirka 65 000 Mark zu Buche.

Aus Gründen der Prozeßorientierung wurde das CAD-CAM-System mit dem DNC-Server in einem Ethernet-Netzwerk integriert. Ein weiterer wesentlicher Schritt war die Koppelung der einzelnen CAx-Bausteine mit Hilfe entsprechender Koppelungssoftware. Eingesetzt werden die Softwareprodukte X Menue, PC-NFS, PC-DNC, Catia GII 1 und 2.

Nach der Realisation des gesamten CIM-Projekts faßt Schrammel die Auswirkungen im Unternehmen so zusammen: "Wir haben eine durchgängige Verfügbarkeit der geometrischen Werkstückdaten und ihrer Qualitätsmerkmale erreicht. Daraus ergibt sich für uns eine Verkürzung der Durchlaufzeiten und vor allem der Produktentwicklungszeiten. Wichtig ist das Erkennen von Fehlerquellen schon während der Produktentwicklung. Darüber hinaus haben wir uns neue Märkte über den Formen-Modellbau erschlossen."

Zu den eher negativen Auswirkungen rechnet Schrammel die Tatsache, daß Abläufe und Prozesse bereits im Vorfeld exakt definiert sein müssen. Daraus resultiere ein höherer Arbeitsaufwand für die innerhalb der Prozeßkette zu durchlaufenden Arbeitsschritte. Zeit und Geld für die ausführlichen Hard- und Softwaretests im Vorfeld der Implementation amortisieren sich. Durch diese Vorgehensweise können technische Probleme (Hard- und Softwarefehler), die zu erheblichen Arbeitsausfällen führen, minimiert werden.

Für die Zukunft ist der weitere Ausbau des CAQ-Systems geplant. Im Anschluß an das CIM-Projekt soll eine Betriebsdaten - Erfassung eingeführt werden. Darüber hinaus denkt man bei Oppold an die Integration von PPS-Systemen.

CIM: Wie ein Sprung in eine neue Welt

Ohne CAD/CAM/CIM läuft heute bei Entwicklung, Konstruktion und Fertigung in Großunternehmen nichts mehr. Anders verhält es sich im Mittelstand, denn hier ist bei der CAD/CAM/CIM-Einführung schnell die Grenze der Belastbarkeit erreicht. Doch "werden auch für Mittelständler die C-Techniken zu einer Überlebensfrage", so Helmut Schrammel, Geschäftsführer der Oberkochener Werkzeug- und Maschinenfabrik Oppold GmbH & Co. KG. "Für unser Unternehmen, das seit 1896 aktiv ist, war die Beschäftigung mit CIM wie ein Sprung in eine neue Welt."

Die Oppold GmbH ist einer der führenden Hersteller von Maschinenwerkzeugen für die Holz- und Kunststoffbearbeitung mit zirka 130 Mitarbeitern und fertigt spezielle Fräswerkzeuge für die Produktion von Holzfenstern. Der Kundenkreis des Unternehmens erstreckt sich über Europa, die USA und Japan.