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DVD-Nachfolgestreit vor Entscheidung

Blu-ray besiegt HD DVD

18.02.2008
Hunderttausende Verbraucher, die sich für mehrere hundert Euro oder Dollar ein Abspielgerät des neuen Videoformats HD DVD gekauft haben, müssen sich dieser Tage sehr ärgern.

Die Unterstützung für den Standard stürzt gerade ein wie ein Kartenhaus, der wichtigste Hersteller Toshiba soll laut Medienberichten kurz vor der Einstellung des Projekts stehen. Vieles spricht dafür, dass bald der letzte Film auf HD DVD erscheint und das Konkurrenz-Format Blu-ray zum Nachfolger der DVD für das Zeitalter von Video mit hoher Auflösung wird. Die Silberscheiben müssen künftig aber auch gegen wachsende Konkurrenz durch Internet-Downloads von Filmen antreten.

Stellt Toshiba die HD DVD tatsächlich ein, wird man die teuren Player noch als Denkmal für den Starrsinn der Industrie behalten können, die ihren Technologie-Streit unbedingt auf dem Rücken der Verbraucher austragen musste. Denn der so schön nach Demokratie klingende Satz, der Kunde möge den Formatkrieg entscheiden, setzte auch voraus, dass irgendjemand auf Investitionen in den Verlierer-Standard sitzen bleiben müsste. Doch die Hoffnung, den milliardenschweren Videomarkt der Zukunft zu erobern, ließ beide Industrielager stur nach vorne preschen. Stolz verkündete die HD-DVD-Gruppe noch in diesem Januar, allein in den USA sei eine Million Abspielgeräte des Formats verkauft worden.

In den vergangenen Jahren ermunterten beiden Seiten die Verbraucher durch Siegesrhetorik und Preisabschläge zum Kauf ihrer Geräte. Branchenexperten und Journalisten prophezeiten, dass der Formatstreit noch länger in einer Patt-Situation feststecken würde - zu gleich schien das Kräfteverhältnis zwischen den beiden Lagern zu sein. Elektronik-Riesen wie Sony, Philips oder Panasonic stützten das Blu-ray-Format, Microsoft legte sein Gewicht in die Waagschale der HD DVD. Hollywood war von Anfang an gespalten - was auch an großzügigen "Marketing-Subventionen" der Industrielager liegen soll, die pro Studio angeblich leicht mehr als hundert Millionen Dollar erreichten.

Doch auf einmal passierte alles mit der Geschwindigkeit fallender Domino-Steine - und die Entscheidung fiel im wichtigsten Markt USA. Anfang Januar gab das Hollywood-Studio Warner Bros., die Nummer eins in der Video-Branche, seine zweigleisige Strategie auf und entschied sich nur noch für das Blu-ray-Format. Vor wenigen tagen nahmen dann die größte US-Elektronikkette Best Buy und der Online-Videoverleiher Netflix die HD DVD aus dem Sortiment.

Die jüngste Ankündigung des Einzelhandelsriesen Wal-Mart, ebenfalls die HD DVD aus den Regalen zu verbannen, erscheint wie ein Todesstoß für das Format. Wal-Mart ist die Nummer eins beim Absatz von CDs und DVDs in den USA, niemand kann dort Videos an den 4000 Märkten des Konzerns vorbei verkaufen. "Wal-Mart ist der größte Player im DVD-Markt. Wenn Wal-Mart sagt, für die HD DVD ist es vorbei, kann man das als Tatsache betrachten", sagte Industrie-Analyst Rob Enderle der "New York Times".

Das abrupte Ende des Formatkriegs würde mit der Erkenntnis der Unterhaltungs- und Elektronik-Industrie zusammenfallen, dass sie es sich nicht mehr leisten kann, noch weiter Zeit zu verschwenden. Während die beiden HD-Videoformate einander bekämpften und immer noch marginale Marktanteile haben, tauchte am Horizont neue Konkurrenz auf: Internet-Downloads. "Man sagt, Blu-ray hat den Krieg gewonnen, aber wen interessiert das noch?», sagte zum Beispiel der Chef des Festplatten-Spezialisten Seagate, Bill Watkins, im Januar. Tatsächlich gehe es heute um die Wahl zwischen dem herkömmlichen Vertrieb auf Discs oder über das Internet, argumentierte er. "Und da haben Blu-ray und HD DVD beide verloren." (dpa/tc)