"Bloß nicht theoretisieren"

21.02.2005
Joseph Reger, Chief Technology Officer bei Fujitsu-Siemens Computers (FSC), sprach mit CW-Redakteurin Kriemhilde Klippstätter.

CW: Können Sie die jetzige Unternehmensstrategie von FSC in einem Satz zusammenfassen?

Reger: Das Wichtigste für uns ist das Wachstum - und zwar schneller als der Markt. Wir wollen im Enterprise-Umfeld einen höheren Marktanteil gewinnen. Ich bin davon überzeugt, dass dieser Firma ein größeres Stück vom Kuchen zusteht.

CW: Wie wollen Sie das schaffen?

Reger: Durch einen sehr pragmatischen Ansatz.

CW: Was verstehen Sie darunter?

Reger: Die Erfolge, die wir in den vergangenen zwei Jahren erreicht haben - und zwar sowohl im Enterprise- als auch im Mobilitätsbereich - zeigen, dass es für eine Firma unserer Größe, Durchdringung und Marktpräsenz unheimlich nützlich ist, wenn wir der Verlockung zur Theoretisierung widerstehen. Vielmehr stellen wir bei technischen Neuerungen und Forschungsergebnissen immer die Frage, wie viel davon jetzt schon implementiert werden kann.

CW: Können Sie das an einem Beispiel erklären?

Reger: Man muss nicht das gesamte theoretische Gerüst von Virtualisierung verstanden haben, um eines zu erreichen: mit einer relativ einfachen Art der Virtualisierung die Total Cost of Ownership um 30 oder 40 Prozent zu senken. Durch einige wenige gute Ideen, die schnell umgesetzt und laufend verbessert werden, lässt sich viel erreichen.

CW: Ist im Konzept des Dynamic Data Center - FSCs Version von On Demand Computing - noch Platz für den Mainframe?

Reger: Durchaus, denn der Aufbau der Rechenzentren wird sich ändern.

CW: Inwiefern?

Reger: Die heutige relativ starre Einteilung in die so genannten Schichten der Datenverarbeitung, also zunächst den Zugang über die Web-Server, dann die Anwendungs-Server und schließlich die dritte Ebene mit den Datenbanken und Transaktionssystemen, wird sich auflösen, weil sie zu unflexibel ist.

CW: Was tritt an deren Stelle?

Reger: Ressourcen-Pools, von denen man zwei verschiedene Arten benötigt: einen Standard-Pool und einen für Mission-Critical-Anwendungen. Ich glaube nämlich nicht, dass die Standardisierung so weit geht, dass alle Aufgaben von Commodity-Systemen, etwa Blade-Servern, erledigt werden können. Wichtig ist bei dieser Betrachtung, dass die Komplexität durch die schiere Masse der Server in den einzelnen Pools auch kontrolliert werden kann.

CW: Wie bekommt man die Komplexität in den Griff?

Reger: Eine einheitliche Management-Schicht muss über beide Pools gelegt werden - und die sollte dann auch noch dynamisch arbeiten.

CW: Sie sollte also virtualisieren, partitionieren und provisionieren können?

Reger: Genau, die ganzen neuen Methoden sind gefragt. So etwas existiert noch nicht, aber große Teile davon werden wir unter der Bezeichnung "Triole" schon auf der CeBIT zeigen können.

CW: Triole wird zusammen mit Fujitsu entwickelt ...

Reger: ... und mit Partnern, denn die Lösung darf ja nicht proprietär sein. Zudem soll sie modular aufgebaut, flexibel und leicht veränderbar sein. Ziel ist, die Service-Levels zu erfüllen.

CW: FSC entwickelt immer noch viel Software.

Reger: Nicht im Applikationsbereich, aber bei der hardwarenahen Software schon. In den letzten Jahren wurde ja eine enorme Abstraktion der Hardware von der Software eingeführt. Jetzt will man die Ausnutzungsgrade der Maschinen über die Virtualisierung steigern. Und das funktioniert nur, wenn eine enge Beziehung zwischen Hardware und Programm besteht. Es gibt wieder Low-Level-Software.

CW: Und die liefern nicht die großen Softwareschmieden...

Reger: ... sondern die Plattformhersteller. Viele Funktionen wie die Virtualisierung werden aus Effizienzgründen besser an der Stelle angesiedelt, wo sich Hard- und Software treffen.

CW: Was ist der Unterschied zwischen dem Dynamic Data Center und Triole?

Reger: Triole ist das Konzept und die Architektur, DDC ist die Verwirklichung davon. Triole wird über die Zeit auch mehr können und neue Dinge ermöglich.

CW: Beispielsweise was?

Reger: Wir haben in der IT-Industrie derzeit eine unglaubliche Zerstückelung. Deshalb gibt es auch Firmen, die damit beschäftigt sind, alle Teile wieder zusammenzuführen.

CW: In diese Lücke will FSC stoßen?

Reger: Ja, wir entwickeln vorgefertigte Module, die wir Templates nennen. Wir fügen gewisse Techniken und Fähigkeiten zusammen, integrieren und testen diese Teile und bringen sie als funktionstüchtige Einheiten in den Markt.

CW: FSC bietet kein Outsourcing an, fehlt das in Ihrem Portfolio?

Reger: Nein, wir sind im Plattformgeschäft. Allerdings gehen unsere Bestrebungen dahin, die IT-Abteilungen in die Lage zu versetzen, neben dem herkömmlichen Outsourcing - Public Utility - auch selbst so ein Modell anbieten zu können, das ich Private Utility nenne.