Erhebliche Kosteneinsparung schon bei zwei Seiten pro Tag:

Blattleser steigern die Effizienz im Büroalltag

13.11.1987

Als große Hilfe erweisen sich Klarschrtiftleser vor allem beim Einsatz in Büros, in denen zahlreiche Textvorlagen in Form von Gutachten etc. elektronisch archiviert werden müssen. Die Bedienerfreundlichkeit und Kosteneinsparung sowie die gewonnene Effizienz sind weitere Vorzüge derartiger Geräte. Dieter Bülow* beschreibt den praktischen Einsatz eines Blattlesers im Verbund mit der DV bei der Stadtverwaltung in Freiburg.

In einer Stadtverwaltung spiegeln Texte Entscheidungsprozesse und ihren Weg durch die Hierarchie wider. Eine Informationsverarbeitung mit Mitteln in der Bürokommunikation hat hier also eine weiterreichende Funktion als bloße elektronische Hauspost, Textbearbeitung und Archivierung. Um so wichtiger ist, daß die Tastaturen der Terminals und Arbeitsplatzrechner nicht der einzige Zugang in das System bleiben, denn ein erheblicher, für die Rationalisierung kontraproduktiver Hemmungseffekt wäre die Folge. Dokumente von außen, die beispielsweise im Falle von Gutachten extrem umfangreich sein können und die in das System gehören, würden sich nämlich vor der Eingabe stauen. Nach herkömmlicher Methode wurden sie lediglich kopiert, in Umlauf gegeben und abgelegt.

Ein weiteres Problem: Typisch für Stadtverwaltungen - wie auch für größere Wirtschaftsbetriebe - ist die Verteilung auf eine Vielzahl von Standorten. In bezug auf Kalkulation und Organisation bleibt ein Massenverkehr von Texten über das öffentliche Netz noch auf lange Sicht zweifelhaft.

Beide Probleme löst die Texterfassung über Klarschriftleser. Sie haben eine Doppelfunktion: Erstens geht das Einlesen sehr schnell, für eine DlN-A4-Seite mit etwa 2000 Anschlägen benötigt das Gerät ungefähr eine halbe Minute. Selbst schlechte Vorlagen, die manuelle Korrekturen erforderlich machen, reduzieren den Zeitaufwand gegenüber reiner Tastaturerfassung noch erheblich. Zweitens wirken die Leser als Interface sowohl zum Gerät wie zur Software. Der Blattleser von AEG zum Beispiel wird in der Standardausführung mit solchen Anpassungen geliefert. Bei den neuen Modellen sind sie in PROMs mit bis zu drei verschiedenen Emulationen realisiert, die dementsprechend auch den Anschluß eines Lesers an gleichzeitig drei gleiche oder verschiedene Computertypen erlauben. Altere Modelle enthalten eine Anpassung über Dip-Schalter. Zu der Interface-Funktion gehört auch der Fortschritt, den die Lesetechnik in den letzten Jahren gemacht hat. Während man früher auf genormte OCR-Schriften angewiesen war, liest man heute ungenormte Schreibmaschinenschriften. Durch "Interpolieren" zwischen den gespeicherten Fonts erreicht man, daß auch Schriften, die sich lediglich ähnlich sehen, erkannt werden.

Eine durchgehende Bürokommunikation verwirklicht das Bürgermeisteramt Freiburg im Breisgau als Kernpunkt einer Ausweitung der DV auf alle Standorte der Stadtverwaltung. Das Projekt hat einen derart großen Umfang, daß es bei derzeit 120 Terminals beziehungsweise PCs oder Druckern, die einer IBM /36 zuarbeiten, und einer bereits fast perfektionierten Inhouse-Kommunikation als Planungsinstrument von den Verantwortlichen immer noch als "in den Anfängen steckend" bezeichnet wird.

Als Blattleser setzt das Freiburger Amt Modelle der AEG ein. Sie lesen derzeit, je nach elektronischer Ausstattung, bis zu 20 Schriften. Das Gerät kostet mit acht Schriftfonts 29 000 Mark. Der Bedienungsaufwand entspricht dem für einen Kopierer.

Peter Fild, Leiter der Informations- und Datenverarbeitung, gibt für die manuelle Erfassung einer A4-Seite alles in allem knapp 30 Mark an: für Personal, Abschreibung, Raumkosten, Verwaltungsanteil etc. Dies sind auch ungefähr die Kosten eines Lesers pro Arbeitstag, so daß er rechnerisch schon nach mehr als einer Seite pro Tag in die "Gewinnzone" kommt.

Aus diesen Zahlen ergibt sich, daß auch bei nur teilweiser Auslastung eine erhebliche Kosteneinsparung gegenüber dem Eintippen von Texten erreicht wird. Immer ist natürlich vorauszusetzen, daß die Texte nicht schon im Ursprung über das Informationssystem erfaßt werden können.

Mindestens ebenso wichtig wie die Kosteneinsparung ist der Gewinn an Effizienz. Ein 20seitiges Dokument - und das ist im Falle von Gutachten noch niedrig gegriffen - mit rund 40 000 Anschlägen ist in zehn Minuten erfaßt. Tippen würde drei bis fünf Stunden in Anspruch nehmen. In der täglichen Arbeitspraxis stellt sich also über Kosteneinsparungen hinaus die viel gravierendere Frage, wann plötzlich von wem diese Arbeitsstunden aufgebracht werden können. Das automatische Einlesen, selbst wenn Korrekturen notwendig sind, wird in der Regel zu jedem Zeitpunkt fast nebenbei erledigt. Der Leser liefert zunächst seine Daten an einen der Arbeitsplatzrechner, der sie seinerseits an das System /36 weiterleitet.

Ein wesentlicher Gesichtspunkt bei der Betrachtung der Leser heutiger Techniken ist auch die Tatsache, daß sie mit einer aufwendigen Software für die Übernahme der Formatierungen der Vorlage ausgerüstet sind.

War das Problem der Erfassung von Daten durch Klarschriftlesung die möglichst absolute Genauigkeit, so ist es bei der Testerfassung die Erkkennung und Umsetzung von Format-Eigenheiten wie Rändern, Absätzen etc.

Was die Zukunft der optischen Lesung betrifft, so treffen Perfektionskonzepte und pragmatische Einschätzung als Gegensatz aufeinander. Wenn alle externen Textlieferanten in ein einheitliches Fernübertragungssystem einbezogen sind, wird man sie kaum noch brauchen. Wie realistisch ist aber diese Vorstellung? Peter Fild sieht sich dem Schritt gegenüber, zumindest die eigenen Standorte über das öffentliche Netz zusammenzuschließen. Der Textverkehr wird jedoch ausgewählten Fällen vorbehalten bleiben. Der Leiter des Amtes Organisation und Informationsverarbeitung dazu: "Nicht alles, was technisch machbar ist, stellt sich bei genauerer Analyse auch als der rationellste Weg heraus. Wenn die Textübertragung zu einem routinemäßigen Massentransport auf den Leitungen führt, erweisen sich Verfahren wie das Enlesen häufig als günstiger."

*Dieter Bülow ist freier Fachjournalist in Obernhain/Taunus.