Ex-Wang-Mann Cunningham verkauft sanierte CCI nach England:

BK-Firma Computer Consoles bald bei ICL

16.12.1988

WALTHAM/HEIDELBERG (CW) - Die britische Telecom-Gruppe STC Plc., Mutter des Computerherstellers ICL Ltd., wird für umgerechnet 293 Millionen Mark die amerikanische Computer Consoles Inc. (CCI) erwerben. Mit diesem Deal schließt CCI-Boß John Cunningham nach drei Jahren die Sanierung des DV-Unternehmens ab.

Anders als etwa im Fall MAI/Prime handelt es sich bei dem Angebot der STC, den CCI-Aktionären 12,80 Dollar pro Anteil zu zahlen, nicht um eine "feindliche" Annäherung. Die Initiative zum Besitzerwechsel ging sogar vom Geschäftsführer des zum Kauf anstehenden Unternehmens selbst aus: von John Cunningham, der bis 1985 als Topmanager bei Wang Labs in Lowell/Massachusetts den Titel "President and Chief Operating Officer" geführt hatte. Unter Cunningham wurde aus dem unprofitablen Systemhaus im nahegelegenen Waltham ein florierender Betrieb, der seine Zuwachsraten vor allem in der Bürokommunikation und bei Unix-Software - auch für Wang-Hardware - verzeichnete.

Dem CCI-Boß bringt der Einstieg der Engländer bares Geld: Er hatte seinerzeit zehn Prozent der Aktien billig erstanden und bekommt für dieses Paket nun 17 Millionen Dollar. Auch für die kleineren Aktionäre lohnt sich der Verkauf: Der CCI-Kurs stieg nach Bekanntwerden der STC-Tenderofferte um mehr als vier Dollar.

Mit dem britischen Telecom- und DV-Konzern hat Cunningham übrigens einen seiner OEM-Kunden als Käufer an Land gezogen. STC hat in den vergangenen Jahren eines der Schlüsselprodukte von CCI, rechnergestützte Telefonauskunftssysteme, nach Großbritannien eingeführt. Diese Sparte ist für Muttergesellschaft STC selbst interessant, während das Unix-Büroautomationsgeschäft - Produktname: "Office Power" - von ihrem Rechner-Arm ICL absorbiert werden wird. Den Briten gibt die Übernahme außerdem Gelegenheit, ihre Chancen im US-Geschäft auszuloten.

Ob die kleine, erst Anfang des Jahres gegründete bundesrepublikanische CCI-Tochter in Heidelberg ihre Selbständigkeit behalten wird, steht bisher nicht definitiv fest - noch ist auch die Übernahme in den USA nicht abgeschlossen. Auf eine große Kundenbasis müßte der neue Hausherr nicht Rücksicht nehmen, denn die Computer Consoles GmbH verkauft nicht direkt an den Anwender, sondern an Hersteller, die beispielsweise keine eigene Unix-BK-Software im Sortiment haben. Allerdings kennt die ICL diesen "OEM"-Markt besser aus der Sicht des Abnehmers, was wiederum gegen eine Fusion der Töchter spricht.

Geschäftsführer Uwe Wagner, wie Cunningham ein Computerfachmann mit langjähriger Wang-Erfahrung, würde jedenfalls im Fall eines Zusammenschlusses seiner Gesellschaft mit der ICL International Computers Deutschland GmbH zu seinem vorherigen Brötchengeber zurückkehren - er war vor seiner CCI-Tätigkeit für ICLs Vertriebsbereich Mitte verantwortlich.