Biztalk vereinfacht Integration

24.02.2006
Von 
Dipl. Inform. Johann Baumeister blickt auf über 25 Jahre Erfahrung im Bereich Softwareentwicklung sowie Rollout und Management von Softwaresystemen zurück und ist als Autor für zahlreiche IT-Publikationen tätig. Sie erreichen ihn unter jb@JB4IT.de
In der vierten Version spendiert Microsoft seinem wichtigsten Produkt zur Enterprise Application Integration (EAI) eine Reihe von Verbesserungen.
Eine Biztalk-Anwendung empfängt Informationen über Eingabekanäle (Receive Ports). Von dort gelangen die Daten an die zuständigen Komponenten. Die Bearbeitungskette wird vorher in den Daten- und Prozessmodellen festgelegt. Das Ergebnis landet dann bei den Ausgabekanälen (Send Ports).
Eine Biztalk-Anwendung empfängt Informationen über Eingabekanäle (Receive Ports). Von dort gelangen die Daten an die zuständigen Komponenten. Die Bearbeitungskette wird vorher in den Daten- und Prozessmodellen festgelegt. Das Ergebnis landet dann bei den Ausgabekanälen (Send Ports).

Zusammen mit dem "SQL Server 2005" und "Visual Studio 2005" präsentierte Microsoft Anfang Februar eine aktualisierte Version des Biztalk Server. Mit dem Release 2006 liegt die vierte Fassung des Produkts vor. Die Architektur von Biztalk ist dabei prinzipiell gleich geblieben. Infolgedessen dürften sich bestehende Biztalk-Anwendungen relativ leicht auf das neue System migrieren lassen.

Fazit

• Der Biztalk Server 2006 ist die vierte Version der Integrationsplattform und enthält zahlreiche Verbesserungen.

• In Verbindung mit Visual Studio als Entwicklungswerkzeug sowie dem erneuerten SQL Server wird er die Entwicklung von Web-Anwendungen sicher vereinfachen.

• Für Applikationen auf der Grundlage von Web-Services braucht es allerdings mehr als nur die notwendige Software.

Werkzeugkasten

Das Produkt umfasst alle Werkzeuge, die zur Abbildung von IT-gestützten Geschäftsprozessen notwendig sind. Es umfasst die Modellierung, die bei Biztalk "Orchestrierung" heißt, die Unterstützung für die Programmierung in "Visual Studio", die Verteilung auf die Zielsysteme der Anwender sowie die nachfolgende Optimierung und Überwachung, meist als Business Activity Monitoring (BAM) bezeichnet.

Neuerungen bietet die Ve-

sion 2006 vor allem bei den Tools zur Entwicklung und dem Monitoring.

Hier lesen Sie …

• wie eine Biztalk-Anwendung prinzipiell funktioniert;

• welche externen Systeme nun zusätzlich angebunden werden können;

• worin die Neuerungen der Version 2006 für Administratoren bestehen;

• welche Tools die Aufgabe des Business-Analysten vereinfachen sollen.

Mehr zum Thema

www.computerwoche.de/go/

524897: Liste der EAI-Hersteller;

564919: Wer erschuf den Enterprise Service Bus?

533603: Web-Services: Alternative oder Ergänzung zu EAI.

Send und Receive Ports

Eine Biztalk-Anwendung empfängt ihre Informationen von beliebigen anderen Anwendungen über Eingabekanäle, die Receive Ports. Von dort reicht der Server die Daten an die Komponenten weiter, die sich um ihre Verarbeitung kümmern. Die Bearbeitungskette wird vorher in den Daten- und Prozessmodellen festgelegt. Das Ergebnis landet dann bei den Ausgabekanälen (Send Ports).

Bei Biztalk-Anwendungen kann es sich dabei um Programmmodule handeln, die verteilt im Internet ablaufen und dynamisch angestoßen werden. Garantierte Verfügbarkeiten und Antwortzeiten sind anders als bei traditionellen Applikationen, die auf einem Gerät ausgeführt werden, in solchen Fällen nicht gegeben. Wird eine Anwendung gestartet, meldet sie sich als verfügbar an und teilt mit, dass sie an der verteilten Verarbeitung teilnimmt. Das Verarbeitungsmodell entspricht dem Abonnementverfahren (Publish and Subscribe).

Die Kommunikation zwischen den beteiligten Prozessen basiert auf Nachrichten, die durch Microsofts "Message Queuing" (MSMQ) verwaltet und verteilt werden. Eine Message beinhaltet in diesem Zusammenhang Daten, die Applikationen untereinander austauschen. Um das über Rechner- und Applikationsgrenzen hinweg zu ermöglichen, wird als Message-Format entweder XML oder eine Textdatei verwendet.

Die Anbindung externer Software, etwa von SAP, Siebel oder jeglicher Datenbanksysteme erfolgt über Adaptoren. Microsoft schrieb neue oder erweiterte Adapter für MSMQ, MQ Series von IBM und die "Sharepoint Services". Hinzu kam ferner ein Modul für POP 3. Dadurch ist es nun möglich, E-Mails in Biztalk zu empfangen und dann abhängig von der Applikation weiterzubearbeiten. Außerdem lässt sich Office nun als Frontend für die Anwendung einsetzen.

Fehlerbehandlung verbessert

Microsoft hat auch die Bearbeitung und Weiterleitung der Nachrichten verbessert. Fehlerhafte Botschaften blockieren nicht länger den Prozessfluss, sondern können nun automatisch in ein Depot geschrieben werden. Der Administrator sieht dieses dann mittels der mitgelieferten Tools ("Health and Activicty Tracking Tool" = HAT) ein. Geändert wurde auch das Verhalten bei der Gruppierung von mehreren Nachrichten. Dies gilt beispielsweise dann, wenn Kreditwürdigkeit oder Lagerbestand für einen Artikel vor der eigentlichen Auslieferung einer Bestellung geprüft werden müssen. Die Vorgängerversion hatte mit solchen zusammengefassten Nachrichten immer wieder Laufzeitprobleme. Diese wurden nunmehr behoben.

Änderungen ergeben sich auch bei der Überwachung der Nachrichten und der Geschäftsprozessabläufe. Hier unterscheidet Biztalk nach vier Benutzergruppen und weist diesen jeweils eigene Aufgabenbereiche und Rollen zu. Unterschieden wird generell nach der Entwicklung, der Administration und der Anwendung der Applikationen. Daraus resultieren auf der IT-Seite die Rollen für den Entwickler der Biztalk-Anwendung und den IT-Administrator als Betreuer im Tagesgeschäft. Auf der Anwenderseite stehen der Information Worker als Nutzer für die Kernprozesse sowie der Business-Analyst. Er untersucht die Geschäftsprozesse, beispielsweise Durchlaufzeiten oder -mengen der Geschäftsvorfälle. Neu hinzugekommen ist ein Portal für den Information Worker. Es liefert ihm eine einfache und vordefinierte Sicht auf die anstehenden Prozesse.

Entwicklung mit Visual Studio

Als zentrales und alleiniges Entwicklungswerkzeug für Anwendungen favorisiert Microsoft bekanntlich sein Visual Studio. Dieses wurde zusammen mit Biztalk aktualisiert. Den Software-Unterbau bildet nun das .NET-Framework 2.0. Dessen Kommunikationsmodul "Indigo" soll eine sichere und verlässliche Kommunikationsinfrastruktur für Web-Dienste bereitstellen. Der Werkzeugkasten vereinfacht in der neuen Version die Bearbeitung von Dateien aus Biztalk-Anwendungen, weil ein Assistent bei der Schemagenerierung hilft.

Neue Admin-Konsole

Der Biztalk Server 2006 bietet dem Administrator ein Frontend zur Überwachung von Applikationen an, das als Snap-in für die "Microsoft Management Con- sole" (MMC) realisiert wurde. Es erlaubt eine verbesserte Fehlersuche und bietet einfache Möglichkeiten zur schnellen Wiederherstellung von instabilen Prozessen. So lassen sich die Fehlerursachen beispielsweise nach Applikation, Internet- Prozess, Web-Dienst (via Uniform Resource Identifier = URI) sortieren. Außerdem hat Microsoft die Software enger an den hauseigenen "Operations Manager" (MOM) angebunden. Ereignisse, die während der Laufzeit von Anwendungen auftreten, können nun an MOM übermittelt und dort weiterverarbeitet werden. Dadurch ergibt sich die Möglichkeit, eine verteilte Biztalk-Serverfarm und deren Prozesse zu kontrollieren. Die Überwachung von Biztalk-Warteschlangen lässt sich auch automatisieren, beispielsweise um herauszufinden, ob diese zu lang werden. Neben MOM und dem MMC-Snap-in können aber auch eigene Überwachungs-Tools zum Monitoring der Geschäftsprozesse eingesetzt werden. Zu diesem Zweck verfügt der Biztalk Server über eine eigene Schnittstelle (API).

Portal für komplexe Prozesse

Die oberste Ebene repräsentieren meist die Geschäftsprozesse. Im Gegensatz zu den relativ überschaubaren IT-Abläufen oder den technischen Prozessen der einzelnen Betriebssysteme sind sie nahezu immer abteilungs- und systemübergreifend. Deren Überwachung, meist als Business Activity Monitoring (BAM) bezeichnet, stellt weitaus höhere Anforderungen. So gilt es, die Ereignisse von singulären und unabhängigen Systemen zu korrelieren und daraus die Schlüsse für den Gesamtprozess abzuleiten. Microsoft versucht die Anwender dabei durch ein Portal zur Überwachung der Geschäftsprozesse zu unterstützen. Es präsentiert Informationen über die Abläufe und Nachrichten und hilft damit bei der Überwachung und Fehlersuche. Ferner können bei Engpässen oder Fehlern automatisch Meldungen generiert und durch jegliche Benachrichtigungskanäle, wie etwa E-Mail, verteilt werden. Dazu werden die eigentlich zum SQL Server gehörenden Notification Services herangezogen.

Ein weiterer Aspekt betrifft die Verteilung der Biztalk-Anwendungen. Falls Veränderungen an den Geschäftsprozessen auch Änderungen an den Applikationen nach sich ziehen, muss die aktualisierte Anwendung an die betroffenen Benutzer erneut verteilt werden. Um diesen Prozess zu vereinfachen, werden Biztalk-Programme nun zu MSI-Paketen (Microsoft Software Installer) geschnürt.

Spezielle Softwareverteilungsprozesse oder Werkzeuge wie der eigene "Systems Management Server" (SMS) werden daher nicht benötigt. Korrespondierend dazu wurde ein neues Applikationskonzept implementiert.

Biztalk stellt nunmehr einen Container für die Anwendungen bereit. Darin werden alle zusammengehörigen Module hinterlegt. Dadurch können Administratoren eine Anwendung als Einheit verwalten und müssen sich nicht um viele einzelne Komponenten separat kümmern. Die Umstellung auf MSI löst das bisherige Verfahren ab, das in Biztalk 2006 nicht mehr zur Verfügung steht. (ws)